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Urzeit-Sex: Dinosaurier-Kloake erstmals rekonstruiert

Urinieren, Stuhl entleeren, paaren – die Kloake der Dinosaurier soll zu all dem gedient haben. Nun haben Paläontologen eine Öffnung für alles anhand des Fossils eines Psittacosaurus nachgebildet.
Die Rekonstruktion von Psittacosaurus veranschaulicht, wie die Tiere den Kloakenschlitz während der Balz nutzten.

Die meisten Säugetiere haben unterschiedliche Körperöffnungen, um zu urinieren, ihren Darm zu entleeren oder sich zu paaren. Dinosaurier jedoch besaßen wahrscheinlich nur einen Schlitz, der sowohl als Verdauungsausgang als auch zur Fortpflanzung diente, eine so genannte Kloake. Nun haben Forscherinnen und Forscher erstmals anhand eines bekannten Fossils solch eine »Öffnung für alles« detailliert beschrieben, wie sie im Magazin »Current Biology« berichten. Die Nachbildung könnte etwas über das Sexleben der Urzeitriesen verraten.

Obwohl man inzwischen viel über Dinosaurier und ihr Aussehen als gefiederte, schuppige und gehörnte Kreaturen weiß, ist die Kloake mangels geeigneter Fundstücke bisher wenig erforscht. »Als Paläozeichner war es absolut erstaunlich, die Möglichkeit zu haben, eines der letzten verbliebenen Merkmale zu rekonstruieren, über die wir bei Dinosauriern bislang nichts wussten«, sagt Robert Nicholls, der an der Studie beteiligt war, in einer Pressemitteilung.

Die Kloake des Dinosauriers war einzigartig

Möglich war die Rekonstruktion dank des in Frankfurt lagernden Fossils eines Psittacosaurus (SMF R 4970). Der Vogelbeckensaurier war zu Lebzeiten etwa so groß wie ein Labrador und lebte in der frühen Kreidezeit vor etwa 130 bis 100 Millionen Jahren im heutigen Nordosten Chinas.

»Dies ist das einzige Fossil, bei dem eine Kloake erhalten ist. Daher ist das der erste Blick darauf, wie diese bei einem Dinosaurier aussahen«, sagt Jakob Vinther von der University of Bristol, ein Hauptautor der Studie, auf Nachfrage von »Spektrum.de«. Die dreidimensional rekonstruierte Kloake hat das Forscherteam mit den entsprechenden Körperregionen moderner, an Land lebender Wirbeltiere verglichen.

SMF R 4970 | Bei diesem Psittacosaurus-Exemplar aus dem Senckenberg Museum für Naturkunde sind Haut- und Pigmentierungsmuster sowie der erste und einzige bekannte Kloakenschlitz erhalten.

Das Ergebnis: Die Kloake ist laut Vinther völlig einzigartig im Vergleich zu der ihrer nächsten lebenden Verwandten, der Vögel, und der nächstliegenden, der Krokodile. Es sei deutlich zu erkennen, dass die Kloake mit Melanin pigmentiert gewesen und für Signale und Kommunikation benutzt worden sei. »Dies hat mit Sicherheit mit Paarung und Sex zu tun.« So wie bei Pavianen und einigen Salamandern heutzutage. Die Autoren spekulieren auch, dass die großen, pigmentierten Lappen auf beiden Seiten der Öffnung Moschusduftdrüsen beherbergt haben könnten, wie es von Krokodilen bekannt ist.

Penis-Fossilien sind rar

Wie Dinosaurier Sex hatten, ist bis heute umstritten: Drückten sie ihre Kloaken aneinander, oder hatten die Männchen Penisse? »Die meisten Vögel haben keine penetrierende Kopulation«, erklärt Vinther. Sie machen etwas, was man Kloakenküssen nennt. »Enten, Strauße und ihre Verwandten haben jedoch Penisse.« Ebenso Krokodile. »Was wir an der rekonstruierten Kloake erkennen können, ist, dass sie gut für die Verwendung eines Penis geeignet gewesen wäre«, sagt der Studienautor, »aber wir können nicht sagen, ob es sich um ein Männchen oder ein Weibchen handelt, weil die Kloaken einander so ähnlich wären.«

Penisse überdauern die Jahrmillionen eher selten – oder wie Vinther sagt: »Sie lassen sich leider nicht gut fossilisieren.« Deshalb müssen sich Paläontologen zumeist mit den äußeren Merkmalen begnügen. »Wenn wir jedoch in der Zukunft weitere Dinosaurier-Kloaken von der gleichen Art finden, können wir vielleicht einige Unterschiede in ihrer ursprünglichen Farbe und Form feststellen, die das Geschlecht verraten könnten.«

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