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Sonnensystem: Wasserproduktion in Kometen rekonstruiert

Elektroneneinfangs vom Hydronium-Ion
In einem Teilchenbeschleuniger spielten Wissenschaftler um Andreas Wolf vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg nach, wie Wasser in interstellaren Wolken und Kometen entsteht. Dabei überraschte, dass die H2O-Moleküle zunächst eine Temperatur von 60 000 Grad Celsius besitzen.

Der Ausgangsstoff des Wassers in Kometen und interstellaren Wolken ist das positiv geladene Hydronium-Ion H3O+, das im Weltall freie Elektronen einfängt und damit zum neutralen Molekül H3O wird. Letzteres ist instabil und zerfällt sofort in H2O plus H, OH plus H2 oder OH plus zwei H-Atome.

Elektroneneinfangs vom Hydronium-Ion | Grafik des Elektroneneinfangs vom Hydronium-Ion und dessen Zerfallsmöglichkeiten. Die Prozentzahlen geben die Häufigkeit an, mit der das Ion auf diesem Wege zerfällt.
Um herauszufinden, mit welcher Häufigkeit die drei Zerfallswege auftreten, stellten Wolf und seine Kollegen die Elektronenanlagerung an die Hydronium-Ionen im Labor nach. Aus experimentellen Gründen speisten sie D3O+, also Hydronium-Ionen mit Deuterium anstelle von einfachen Wasserstoffatomen, in einen 55 Meter langen Speicherring ein – die Interpretation ihrer Versuche beeinträchtigte das nicht, so die Forscher. Bei jedem Umlauf wurden außerdem auf einem rund zwei Meter langen Teilstück Elektronen in den Ring gegeben.

Die Elektronen verbinden sich mit den Ionen, woraufhin diese wie im Weltall zerfallen. Wolf und sein Team registrierten Molekülmassen und Impulse aller Zerfallsprodukte und rekonstruierten mit Hilfe dieser Daten die Vorgänge beim Anlagern der Elektronen und anschließenden Auseinanderbrechen des Moleküls. Demnach zerfällt das Hydronium zu 71 Prozent in OH und zwei H-Atome. Obwohl nur in einem von sechs Fällen Wasser und Wasserstoff entsteht, sei das ein recht hoher Wert, so Wolf. Womöglich ist dieser Produktionsweg der wichtigste Wasserlieferant in interstellaren Wolken und Kometen.

Die beobachteten Zerfallsverhältnisse führen die Wissenschaftler auf die Bindungsenergie zurück, die frei wird, wenn sich ein Elektron an das Ion anlagert. Das gesamte Molekül würde die Energie aufnehmen und anfangen, mit der maximal möglichen Energie zu schwingen. Infolgedessen zerbreche das Hydronium eher in drei als in zwei Teile. Die hohe Schwingungsenergie lässt sich auch in eine Temperatur umrechnen. Dabei kommen die Physiker für die Wassermoleküle auf 60 000 Grad Celsius.

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