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SpaceX: Freisetzung der Starlink-Satelliten war womöglich rechtswidrig

Elon Musks Starlink wird wegen Beeinträchtigung des Nachthimmels stark kritisiert. Eine Studie legt nun nahe, dass das Satellitenprojekt wohl gegen US-Umweltrecht verstößt.
Freisetzung von 60 Starlink-Satelliten am 23. Mai 2019

Wohl wenige Projekte von Elon Musk, dem Chef des US-amerikanischen Weltraumunternehmens SpaceX, sind stärker umstritten als Starlink: Mindestens 12 000 Satelliten möchte der Unternehmer in den kommenden Jahren in den Orbit schießen und damit weltweit lückenlos Internet anbieten. Schon heute fliegen Dutzende davon durchs All und erzürnen Hobby- wie Profiastronomen. Starlink beeinträchtige die Sternenbeobachtung und könnte im schlimmsten Fall die Menge an Weltraumschott beträchtlich vergrößern, so die Argumentation. Viele Beobachter meldeten nach den letzten Freisetzungen, dass Lichterketten über den Himmel zogen.

Nun deutet eine – bislang noch nicht veröffentlichte – Studie im »Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law« an, dass die für die Freisetzungserlaubnis zuständige US-Behörde Federal Communications Commission (FCC) gegen geltendes Umweltrecht verstoßen haben könnte. Das berichtet »Scientific American« unter Berufung auf einen an der Arbeit beteiligten Juristen.

Laut Ramon Ryan von der Vanderbilt University hätte die FCC bei ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen, welche Folgen das Projekt für den Nachthimmel haben könnte. Indem sie ein Schlüsselgesetz des US-Umweltrechts nicht beachtet habe, könnte die Behörde daher nun verklagt werden. Sollte sie vor Gericht verlieren, wären weitere Freisetzungen im großen Stil vorerst auf Eis gelegt, bis Starlink ordnungsgemäß mit all seinen Konsequenzen evaluiert wäre, sagt Ryan.

Die Annahme basiert auf dem National Environmental Policy Act (NEPA), der 1970 in Kraft trat und alle Bundesbehörden dazu verpflichtet, die ökologischen Konsequenzen aller von ihnen genehmigten Projekte zu überprüfen. Dies dauert meist mehrere Jahre. Manche Behörden können allerdings einen kategorischen Ausschluss von NEPA beantragen, wenn sie glaubhaft versichern können, dass bestimmte Vorhaben überhaupt keinen Einfluss auf die Umwelt nehmen. Auf die FCC und von ihnen beaufsichtigte Weltraumprojekte treffe dies wohl zu, so »Scientific American«.

Doch Ryan denkt, dass diese generelle Ausnahmeregelung heute nicht mehr haltbar ist, da sie aus Zeiten stamme, in denen noch keine privaten Firmen groß angelegte Satellitenprogramme an den Start gebracht hätten. Die Autoren der Studie gehen deshalb davon aus, dass bei einer Klage die Ausschlussgenehmigung fallen dürfte: Weitere Startgenehmigungen könnten damit unwahrscheinlich werden, sofern zuvor keine Umweltprüfung durchgeführt wurde. Momentan befinden sich 180 Starlink-Satelliten im All, weitere 1500 sollen bald folgen. Langfristig plant SpaceX angeblich sogar, 30 000 Exemplare zu den heute schon geplanten 12 000 in den Orbit zu schießen.

Die Starlink-Satelliten sind heller als 99 Prozent aller anderen künstlichen Objekte in der Erdumlaufbahn und beeinträchtigen womöglich sogar schon astronomische Beobachtungen. Eine Schlüsselfrage sei jedoch, ob der Nachthimmel von NEPA überhaupt abgedeckt würde, so Ryan. Der unverfälschte Blick zum Sternenhimmel könnte jedoch mit historischen, kulturellen oder ästhetischen Argumenten begründet werden und daher unter das Gesetz fallen.

Frühere Gerichtsverfahren unter Bezug auf NEPA umfassten jedoch keine Weltraumangelegenheiten. Der Ausgang vor Gericht ist allerdings laut den von »Scientific American« zitierten Experten völlig unklar – auch was die Konsequenzen für die bisherigen Satelliten anbelangt oder den weiteren Fortgang von Spacelink oder ähnlich gearteten Vorhaben. Auch äußerte sich die FCC auf Nachfrage nicht gegenüber »Scientific American«, ob sie NEPA zukünftig berücksichtigen wollen und ihre Richtlinien ändern.

SpaceX versucht dagegen auf die Bedenken der Astronomen einzugehen. In der bislang letzten Freisetzung von 60 Satelliten am 6. Januar 2020 befand sich auch ein Objekt, das experimentell mit einer dunklen Beschichtung versehen wurde. Ob und wie gut diese funktioniert, ist bislang jedoch nicht bekannt.

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