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Lexikon der Astronomie: AGN-Entwicklung und Wachstum Schwarzer Löcher

Mittlerweile ist ein Wettbewerb im Aufstellen von Distanzrekorden zwischen 'normalen' Galaxien und Quasaren entbrannt, der sich etwa halbjährlich neu definiert. Ausgedehnte Beobachtungen und eine statistische Auswertung umfangreicher Himmelsdurchmusterungen – die Astronomen nennen sie Surveys – haben ergeben, dass Quasare bei einer Rotverschiebung von etwa z ~ 2 am häufigsten vorkommen. Davor und danach gab es jeweils weniger Quasare. Extrem lang belichtete Röntgenbeobachtungen mit XMM (X-ray Deep Fields) haben gezeigt, dass es die Häufigkeit der jeweiligen AGN-Klasse erstaunlicherweise von der Leuchtkraft abhängt (Hasinger et al. 2005, astro-ph/0506118; siehe auch Müller & Hasinger 2005, Konferenzbeitrag: astro-ph/0510446). Die hellsten Quasare betraten die kosmische Bühne viel früher als ihre leuchtschwächeren Brüder, wie z.B. die Seyfert-Galaxien. Besonders zahlreich sind die Quasare bei z ~ 2, während die Seyferts erst bei z ~ 0.7 oft vorkommen. Mithilfe des Eddington-Kriteriums, einer Relation aus der Akkretionsphysik, kann man nun folgern, dass entsprechend auch die schwereren Schwarzen Löcher früher im Kosmos auftraten als leichteren. Das klingt zunächst verwirrend, weil man ja erwarten würde, dass aus kleinen große Schwarze Löcher werden – was man als hierarchisches Wachstum bezeichnet. Doch die Beobachtungen besagen zurzeit, dass es wohl anders vonstatten ging: Wie auf dem Schulhof in der Pause haben sich erst die Großen vorgedrängelt, dann kamen die Kleinen an die Reihe. Die Natur bevorzugt offensichtlich ein antihierarchisches Wachstum: sehr schwere Schwarze Löcher waren vor den weniger schweren da (siehe dazu Einzelheiten unter Schwarze Löcher und Kosmologie).

Die Forschung stößt hier auf Neuland: Moderne Hightech-Teleskope zeigen unerwartete Vorgänge im jungen Universum. Die Quasare im Besonderen und AGN im Allgemeinen gehören zu den wichtigsten Objekten in der Kosmologie, um das frühe Universum zu erforschen. Denn das Licht dieser hellsten Leuchtfeuer verrät viel über diese rätselhaften Objekte: ihre Struktur, ihr Milieu und ihre Entwicklung.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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