Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: Zirconium

Zirconium, Symbol Zr, chem. Element aus der IV. Nebengruppe des Periodensystems, der Titangruppe, Schwermetall; Z 40, Massenzahlen der natürlichen Isotope 90 (51,46 %), 94 (17,40 %), 92 (17,11 %), 91 (11,23 %), 96 (2,80 %), Atommasse 91,22, Wertigkeit meist IV, seltener III, II, I, D. 6,508 g cm-3, F. 1857 °C, Kp. 4377 °C, elektrische Leitfähigkeit 2,3 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (Zr/ZrO2+) -1,43 V.

Eigenschaften. Reines Z. ist ein hochglänzendes, stahlähnlich aussehendes, relativ weiches, biegsames und hämmerbares Metall. Es kristallisiert hexagonal und wandelt sich oberhalb 867 °C in eine kubisch-raumzentrierte β-Form um. Im Gegensatz zu Hafnium ist Z. durch einen sehr kleinen Neutronenabsorptionsquerschnitt charakterisiert. Das kompakte Metall ist infolge der Ausbildung einer dünnen, zusammenhängenden Oxidschicht passiviert, so daß es z. B. durch Sauerstoff erst bei Weißglut oxidiert wird. Wasser, Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure sowie wäßrige Alkalien greifen Z. auch in der Wärme nicht oder nur wenig an. Dagegen löst es sich leicht in Königswasser, Flußsäure und geschmolzenen Alkalien. Chlor greift Z. bei dunkler Rotglut unter Bildung von Zirconium(IV)-chlorid an. Zirconiumpulver verbrennt an der Luft bei Rotglut unter Bildung der Zirconiumoxide ZrO und ZrO2, von Zirconiumnitrid ZrN und Zirconiumoxidnitrid Zr2ON2. Feinverteiltes Z. liefert bei Verbrennung in einer Sauerstoffatmosphäre die für Metallflammen höchste Temperatur von etwa 4660 °C. Brennendes Z. kann nicht mit Wasser, Kohlendioxid- oder Tetrachlorkohlenstofflöschern gelöscht werden, es ist vielmehr mit trockenem Sand abzudecken. Pulverförmiges Z. neigt zur Aufnahme von Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Mit verschiedenen Metallen bildet Z. Zirconiumlegierungen. Mit Leichtmetallen legiert, bewirkt Z. eine Gefügeverfeinerung und damit eine Härtung dieser Metalle.

Analytisches. Zum Nachweis von Z. werden vielfach organische Reagenzien, z. B. Tannin, Kupferron, Phenylarsonsäure, Oxim, Alizarin-S oder Xylenolorange, herangezogen. Auch die Überführung in das in charakteristischen dünnen Nadeln kristallisierende Zirconiumoxidchlorid ZrOCl2 · 8 H2O wird empfohlen. Zur gravimetrischen Bestimmung wird Z. durch Ammoniakfällung in Zirconiumoxid-Hydrat übergeführt und zu ZrO2 verglüht.

Vorkommen. Z. ist am Aufbau der Erdkruste mit 1,4·10-2 % beteiligt. Es kommt als Zirkon ZrSiO4 und als Baddeleyit (Brazilit, Zirkonerde) ZrO2 vor. Z. ist ferner in Mineralen anderer Elemente, wie Rutil, Ilmenit, Apalit und Magnetit, mit Anteilen bis zu einigen Zehntelprozent vertreten. Andererseits enthalten Zirconiumminerale in der Regel 1 bis 5 % Hafniumoxid.

Gewinnung. Ältere Verfahren zur Gewinnung von pulverförmigem Z. setzen die Reduktion von Kaliumhexafluorozirconat oder Zirconiumtetrachlorid mit Natrium ein. Die gegenwärtig betriebene technische Gewinnung geht von Zirkonsanden aus, die mit Natronlauge aufgeschlossen und in Zirconium(IV)-oxid übergeführt werden. Dieses wird mit Kohle im Lichtbogenofen in Zirconiumcarbonitrid umgewandelt, das dann mit Chlor zu Zirconium(IV)-chlorid weiter umgesetzt wird. Die Reduktion mit Magnesium führt nach dem Kroll-Prozeß gemäß ZrCl4 + 2 Mg → Zr + 2 MgCl2 zu Zirconiumschwamm, der nach Abdestillation von Magnesiumchlorid und nichtumgesetztem Magnesium im Vakuum schließlich im Elektrodenstrahlofen umgeschmolzen wird. Durch Anwendung des Aufwachsverfahrens kann eine weitere Reinigungsstufe angeschlossen werden. Zur Gewinnung des technisch wichtigen hafniumfreien Z. wird in die ersten naßchem. Arbeitsstufen ein Verfahrensschritt zur Abtrennung des Hafniums vor allem mit Hilfe der Flüssig-Flüssig-Extraktion (Hafnium) eingeschaltet.

Verwendung. Hafniumfreies Z. wird heute vor allem unter Nutzung seines geringen Neutroneneinfangsquerschnittes als Werkstoff für Brennelementhüllen verwendet, wobei es in Form von Legierungen mit Zinn, Eisen, Chrom und Nickel eingesetzt wird. Die hohe Korrosionsbeständigkeit von Z. hat darüber hinaus zum Einsatz als Konstruktionswerkstoff im chem. Anlagenbau, vor allem für hochbeanspruchte Teile, wie Ventile, Pumpen, Rührer, Spinndüsen und Wärmeaustauscher, geführt. Weiterhin wird Z. als Werkstoff für hochbeanspruchte Bauteile von Elektronen- und Röntgenröhren verwendet; seine Aufnahmefähigkeit für Gase wie Stickstoff oder Sauerstoff wird durch Einsatz als Getter genutzt. In der Medizin verwendet man Z. in Form von chirurgischen Instrumenten sowie Klammern oder Schrauben. In der Pyrotechnik dient Zirconiumpulver zur Herstellung von Leuchtkugeln. Man verwendet es außerdem zur Herstellung von rauchlosem Blitzlichtpulver. In der Metallurgie wird Z. in Form von Ferrosiliciumzircon bei der Stahlherstellung sowie als Desoxidationsmittel beim Metallguß eingesetzt. Man verwendet es als Schweißfolie und Lötdraht beim Schweißen von Molybdän und Wolfram. Z. ist Bestandteil vieler Legierungen (Zirconiumlegierungen).

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.