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Gene der Menschheit: Hatten Neandertaler folgenlosen Sex mit Menschen?

Die Techtelmechtel zwischen Neandertaler und modernem Mensch haben bis heute Spuren in unserem Erbgut hinterlassen. Aber wie war es umgekehrt?
Neandertaler-Zähne

Sex mit "modernen" Menschen blieb für Neandertaler vielleicht verblüffend folgenlos: Während im Erbgut des Menschen durchaus Neandertalergene zu finden sind, hat er umgekehrt womöglich kaum DNA-Abschnitte an unsere ausgestorbenen Verwandten weitergegeben. Dies ist eine der Schlussfolgerungen eines Teams um Mateja Hajdinjak vom MPI für evolutionäre Anthropologie in Leipzig aus in "Nature" veröffentlichten Genanalysen. Dem Team war es gelungen, das Genom von fünf Neandertalern zu sequenzieren, die in verschiedenen Regionen von Westeuropa bis Georgien in der Neandertaler-Spätzeit vor 39 000 bis 47 000 Jahren gelebt hatten.

Bislang lagen insgesamt zu wenig genaue alte Genomuntersuchungen vor, um die Variabilität des europäischen Neandertalererbguts erfassen zu können – und auch die neuen Untersuchungen lassen nur etwas besser begründete Spekulationen zu. Immerhin lebten aber zumindest vier der jetzt genetisch untersuchten Neandertaler in ihrer jeweiligen Heimat nach der Zeit, in der moderne Menschen dorthin vorgedrungen waren und mit den Neandertalern in Kontakt hätten kommen können. Eigentlich hatten die Forscher daher erwartet, Spuren einer genetischen Vermischung mit frühen modernen Menschen im Erbgut der Neandertaler zu entdecken.

Die Zahl von fünf analysierten Neandertaler ist noch immer deutlich zu klein, um mehr als vorläufige Schlüsse zu ziehen, erklären die Forscher. Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit aber doch recht hoch, dass ein Mitglied in den Ahnenreihen dieser über Europa verstreut lebenden Individuen sich einmal mit einem modernen Menschen gepaart hat – offensichtlich aber ohne dessen Erbgut in die eigene Linie zu übernehmen. Dies müsse nun unbedingt bei weiteren Untersuchungen genauer überprüft werden.

Die Suche nach menschlichen DNA-Spuren im alten Erbgut von Neandertalern ist aufwändig und erst durch technische Fortschritte mit einiger Sicherheit möglich. Das liegt unter anderem daran, dass oft nur wenig Genmaterial die Zeit überdauert hat – und zudem Verunreinigungen von Knochen und Zähnen mit großen Mengen DNA von heutigen Menschen und Bakterien unvermeidbar sind. Die Forscher haben dieses Problem zum Teil durch verbesserte Reinigungsverfahren vor der Extraktion von geringsten Mengen von Neandertaler-DNA aus pulverisierten Zahnproben besser in den Griff bekommen als zuvor.

Aus dem Analysen erhält man nun eine erste, noch sehr vorläufige Vorstellung vom typischen Genom der späten europäischen Neandertalerpopulation. Deutlich wird so beispielsweise, dass näher beieinanderlebende Neandertaler sich auch genetisch ähnlicher waren. Das grenzt zudem ein, welche Neandertaler zu welcher Zeit mit größerer Wahrscheinlichkeit ihrerseits Gene an die einwandernden modernen Menschen weitergegeben haben. Diese Neandertaler lebten wohl zumindest rund 70 000 Jahre früher als die nun in der Studie untersuchten späten Exemplare – unterschieden sich aber bereits von den noch älteren Neandertalerformen, die vor etwa 150 000 Jahren in Sibirien gelebt hatten.

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