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Mathematische Knobelei: Eifrige Weltraum-Buddler

Der Mars ist voller Leben. Oder sollte er zumindest sein. Schließlich schickt jede Weltraumorganisation, die etwas auf sich hält, mindestens eine Sonde zum rostigen Planeten. Und lässt sie dort nach eingeborenen Organismen suchen. Selbst dann, wenn sie dafür den gesamten roten Staub umgraben müsste.
Zugegeben - die Amerikaner waren zuerst da. Kurz vor dem Ende des vergangenen Jahrhunderts setzten sie erfolgreich Staffeln putziger fernstgesteuerter Roboter-Hündchen ab, die wie ihre biologischen Verwandten auf der Erde freudig von Felsbröckchen zu Gesteinshäufchen eilten und alles neugierig beschnüffelten. Millionen global gespannter Internet-Nutzer verfolgten fast-beinahe live, wie Barnacle Bill, Yogi, Scooby Doo und ihre Freunde sich als geologisch interessant, aber unter dem Strich als tot wie Stein erwiesen. Es war nichts mit dem Leben. Enttäuscht die Achseln zuckend surfte die Öffentlichkeit je nach Veranlagung wieder auf die prominenten oder lichtscheuen Seiten des weltweiten Netzes. Der Mars war out.

Mit einem Knall war er wieder in. Sonde um Sonde grub sich ungebremst in den staubigen Boden des Planeten oder verschwand auf mysteriöse Weise in seinen roten Weiten. Ingenieurtechnisch ein Desaster, marketingtechnisch ein Glücksfall, denn die Medien mochten den Mars wieder und lenkten die Augen der Öffentlichkeit erneut in die sterile Wüste. Wo sie alsbald feststellten, dass dort noch immer nichts atmete und gedieh.

Aber diesmal ließ die raumfahrende Zunft den Spannungsbogen nicht aus ihren Fingern gleiten, sondern entdeckte flugs im Überflug Wasser. Nicht an der Oberfläche oder gar als Tümpel. Keine Pfütze. Tiefgefroren in der Erde, ohne Form, doch vielleicht bemannt … Auf jeden Fall wässrig genug, um einst als schwappender Ozean die wimmelnde Bevölkerung eines grünen Roten Planeten beheimatet zu haben. Ganz so, wie es demnächst wieder aussehen wird, sobald die Heizung angeworfen ist. Faszinierende Szenarien in Animationen, die wirklicher waren als die Wirklichkeit - was nicht wirklich lange niemand merkte.

Also muss diesmal konkret werden, wer prominent bleiben möchte. Und außerdem drängt die Konkurrenz in die Casting-Show. Neben den Amerikanern suchen inzwischen auch Europäer und Japaner nach der mikroskopischen Variante der kleinen grünen Männchen. Wer zuerst die Petrischale füllen kann, gewinnt den Preis erfrischter Aufmerksamkeit und kommt in die Schulbücher.

Es wird folglich ernst auf dem Mars. Und weil auf seiner Kruste nichts zu finden ist, suchen die Forscher ihr Objekt nun in der Tiefe. Schaufelnde und schippende Bagger schicken sie auf die Reise, die tonnenweise Sand bewegen und tiefe Krater buddeln. Am eifrigsten natürlich die amerikanische Variante, von der ein Exemplar ganze fünf Tonnen pro Tag aus ihrem Krater wirft. Da kann der europäische Bohrer mit einer Tonne pro Tag und Gerät nicht mithalten. Ganz zu schweigen von den japanischer Miniaturen, von denen ganze 20 Stück für jede Tonne nötig sind.

Aber es kommt ja nicht nur auf die hydraulischen Muskeln an, sondern die Anzahl ist ebenso entscheidend. Und die lässt sich berechnen, wenn man weiß, dass am Ende eines jeden Tages exakt 100 Tonnen Marsgeröll geschaufelt wurden und insgesamt 100 schaufelnde und schippende Bagger auf die Reise geschickt wurden. Wie viele amerikanische, europäische und japanische Roboter sind demnach auf dem Mars am Graben?
Es grenzt ja an ein Wunder, dass es auf dem nach einem Kriegsgott benannten Planeten noch keine Prügelei zwischen all den verschiedenen grabenden und bohrenden Robotern gegeben hat. Im Gegenteil - die hübsch geraden Zahlen lassen auf einen Hauch galaktischen Friedens schließen. Nun wollen wir aber wissen, wie die Aufteilung genau aussieht.
Die Anzahl der US-Bagger kürzen wir mit U ab, die der Europäer mit E und die der Japaner mit J. Insgesamt wühlen sich 100 Roboter durch den Sand, das liefert die erste Gleichung:

U + E + J = 100

Eine zweite Information liefert uns eine zweite Gleichung. Die amerikanischen Wuchtbrummen schaffen am Tag fünf Tonnen, insgesamt werden von dieser Fraktion also 5·U Tonnen umgegraben, bei den Europäern sind es 1·E und bei den Japanern 1⁄20·J Tonnen. Das gibt:

U + 1·E + 1⁄20·J = 100

Brüche gestalten das weitere Rechnen meist etwas unangenehm, weshalb wir nun mit 20 multiplizieren.

100·U + 20·E + J = 2000

Lösen wir nun die erste Gleichung nach J auf und setzen das Ergebnis in der zweiten Gleichung für J ein:

100·U + 20·E + (100 – UE) = 2000

Jetzt stellen wir die Gleichung so um, dass sie nach U aufgelöst wird:

99·U + 19·E + 100 = 2000
99·U = 1900 - 19·E
U = 19·(100 - E) ⁄ 99

Die Amerikaner werden nun eher nicht mit halben oder neunundneunzigstel Baggern anrücken - U muss eine ganze Zahl sein. Entsprechend muss 19·(100 - H) ohne Rest durch 99 teilbar sein. Bei einem Produkt muss dann schon ein Faktor diese Eigenschaft haben. Die 19 ist es offenbar nicht. Bleibt noch 100 - E. Durch 99 teilbar ist von den Zahlen zwischen in diesem Bereich nur die 99 und natürlich die Null. Da die Europäer ganz klar anwesend sind, scheidet die Null aus. Es verbleibt die 99, damit muss E = 1 sein, entsprechend graben außerdem 19 amerikanische und 80 japanische Roboter.

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