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Mathematische Knobelei: Das kleine 1x1 des Backens

Hausmann und Karrierefrau, passionierter Hobbybäcker und aufstrebende Professorin für numerische Mathematik, dazu zwei Kinder im Vorschulalter und eine immer näher rückende Adventszeit. Kann man sich einen besseren Nährboden vorstellen für mathematische Knobeleien vor Weihnachten?
Man nehme: zwei Kinder, die gerne Schoko-Kekse knabbern möchten, eine Ehefrau, die fordert, dass eben jene Kinder endlich mal das kleine Einmaleins lernen sollten, sowie 150 g Margarine, 100 g braunen Zucker, 2 Esslöffel Sojamehl, 1 Esslöffel Wasser, 1 Päckchen Vanillinzucker, 1 Prise Salz, eine unbehandelte Orange, 75 g Weizenmehl (Typ 405), 75 g Weizenmehl (Typ 1050 oder Vollkorn), 1/2 Teelöffel Weinsteinbackpulver, 130 g feine Haferflocken, 125 g geraspelte Zartbitterschokolade und Lebensmittelfarbe zum Verzieren.

Oh, natürlich können Sie die mathematische Knobelei auch ohne all diese Zutaten lösen. Aber dann bringen Sie sich um mindestens die Hälfte des Genusses und werden außerdem nicht satt dabei. Verfolgen wir also weiter, was Papa Primzahl, der schüchterne Hyperbolicus und die freche Tangentia in ihrer quaderförmigen Küche mit den genannten Elementen aus der Menge der Nahrungsmittel anfangen.

Tangentia beginnt, indem sie mit ihren kleinen Händen eine Zufallsverteilung der Zuckerkristalle in der Margarine herbeiführt. Inzwischen leitet ihr Papa mit einer Reibe den obersten Millimeter von der äußeren Begrenzung der halben Orange ab. Darin stecken die leckeren Öle, das Weiße der Schale schmeckt etwas bitter und hat in den Keksen nichts zu suchen. Hyperbolicus lässt den Mischen-Operator über die Vereinigung von Mehl und Backpulver laufen.

Nach und nach addiert Tangentia Vanillinzucker, Sojamehl, Wasser, Salz, Orangenschale, Mehl und Backpulver, Haferflocken und die Zartbitterschokolade zu ihrem Teig. Oups, so ganz schafft sie das nicht alleine. Ist auch ziemlich anstrengend, die Kneterei. Also substituiert ihr Bruder sie und macht mit frischen Kräften weiter.

Damit es gar nicht erst zu einem Schmollgesichtchen kommt, darf sie das Backblech mit einer zweidimensionalen Ebene aus Backpapier überziehen und ausnahmsweise den Stromflussregulator des Backofens so einstellen, dass seine Innenraumtemperatur gegen 468 Kelvin konvergiert. Sobald der Teig hinreichend isotrop erscheint, bilden die Kinder mit einem Teelöffel kleine Untermengen davon, die sie topografisch geschickt auf dem Blech platzieren, sodass auch bei einer zu erwartenden Volumenzunahme die Wahrscheinlichkeit einer Vereinigung der diskreten Leckereien vernachlässigbar bleibt. Ein sanfter Druck überführt die Kugeln in dicke Oblatenformen, dann inkubiert das Ganze 15 bis 25 Minuten im Ofen, bis die Kekse in etwa RGB-Werte von 220:170:0 annehmen.

Sobald eine Ladung Kekse den kulinarisch gefährdetsten Zustand erreicht hat, verzieren Hyperbolicus und Tangentia jedes Schokoladenplätzchen mit einer Ziffer und legen es auf ein großes Blatt Papier im Wohnzimmer. Ihre Mama hat ihnen nämlich auferlegt, erst dann zu naschen, wenn dort das ganze kleine Einmaleins versammelt ist - von 1x1=1 bis 10x10=100. Die Rechenzeichen schreibt Frau Professor Primzahl einfach mit Buntstift auf das Papier, die Ziffern dagegen sind Kekse. Viele Kekse! Womit wir bei der Preisfrage wären: Wieviele Kekse genau sind nötig, um das kleine Einmaleins zu legen?

Es gibt bei den Aufgaben des kleinen Einmaleins folgende Fälle:
  • Zwei Ziffern für 1*1 bis 9*9. Insgesamt 162 Ziffern.
  • Drei Ziffern für 1*10 bis 9*10 und 10*1 bis 10*9. Insgesamt 54 Ziffern.
  • Vier Ziffern für 10*10.

Bei den Lösungen handelt es sich um 23 einstellige Zahlen, 152 zweistellige und eine dreistellige. Zusammen sind das 178 Ziffern.

Für das gesamte kleine Einmaleins braucht man also 398 Kekse!

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