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Brainfood: Gehirngerecht Essen und Trinken

Je mehr wir über das menschliche Gehirn wissen, desto manipulierbarer wird es. Philosophen und Neuroethiker warnen schon vor grassierendem Gehirndoping – dem Versuch, die geistige Fitness durch Tabletten zu steigern. Dabei haben wir mit der täglichen Nahrungsaufnahme ein viel einfacheres, hoch wirksames Steuerungsmittel zu Hand, Einfluss auf unsere kognitiven Fähigkeiten zu nehmen. Denn Gedächtnisleistung und Aufmerksamkeit hängen wesentlich davon ab, was täglich auf den Teller kommt.
Ein ausgeglichener Mix aus Kohlenhydraten, Ballast- und Mineralstoffen sowie ungesättigten Fetten, Eiweißen und Vitaminen kombiniert mit ausreichend Flüssigkeit hält das Denkorgan fit. Wie der Speiseplan für optimale geistige Leistungsfähigkeit konkret aussieht und wofür das Gehirn die verschiedenen Nahrungsbestandteile benötigt, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Ingrid Kiefer in der neuesten Ausgabe (05/2007) der Zeitschrift Gehirn&Geist.

Das Gehirn macht nur zwei Prozent des Körpergewichts aus, verbraucht jedoch 20 Prozent der Gesamtenergie, die wir mit der Nahrung aufnehmen. Zur Energieversorgung verwendet es vorwiegend Traubenzucker (Glucose), der mit Sauerstoff verbrannt wird. Reiner Traubenzucker oder Haushaltszucker bringen den Körper aber nur kurzfristig auf Touren. Die bei Prüfungen beliebte Dextrosetablette etwa wirkt nur gute 20 Minuten. Müssen wir uns über längere Zeit konzenrieren, fährt das Gehirn viel besser mit einer gleichmäßigen Zuckerufuhr. Ballaststoffe können die Aufnahme von Traubenzucker verzögern. Auch Vielfachzucker, die der Körper erst zerlegen muss, sorgen für eine anhaltende Energieversorgung. Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse enthalten beide Nahrungsbestandteile.

Außerdem benötigt das Gehirn viel frische Luft und eine hohe Konzentrationen des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Es transportiert den Sauerstoff mit Hilfe von Eisen – fehlt das Element, schwächelt das Gehirn. Da anhaltender Eisenmangel die Hirnentwicklung bremst, ist eine ausreichende Versorgung vor allem während der Kindheit wichtig.

Besonderes Augenmerk gilt auch anderen essenziellen Nahrungsbestandteilen, die der Körper nicht selbst produzieren kann: Mineralstoffe, Vitamine, ungesättigte Fette und bestimmte Aminosäuren, wie Cholin, Tryptophan oder Serin. Diese bilden wichtige Bausteine für Hirnbotenstoffe wie Serotonin und Acetylcholin, die für seelisches Wohlbefinden und ein gutes Gedächtnis sorgen. Die Spurenelemente Kalium, Natrium und Kalzium sind direkt an der Aktivierung der Nervenzellen und unzähligen Stoffwechselreaktionen beteiligt. Dagegen ist Vitamin B1 für die Glucoseverbrennung unersetzlich – ein Mangel führt daher zu Konzentrationsschwäche.

Ungesättigte Fette, insbesondere die Omega-3-Fettsäuren, stellen wichtige Bestandteile der Zellmembran, stärken Konzentration sowie Gedächtnis und verhindern Arteriosklerose und somit Durchblutungsstörungen. Sie finden sich vor allem in fettem Meeresfisch. Eine britisch-amerikanische Studie konnte einen Vorteil für die spätere Sprachentwicklung des Kindes nachweisen, wenn die schwangere Mutter mehr als 340 Gramm Fisch pro Woche verzehrte. Bei Erwachsenen senken bereits ein bis drei Fischportionen pro Monat das Schlaganfallrisiko deutlich.

Schließlich entscheidet auch der Zeitpunkt des Essens. Sehr gut untersucht ist die Bedeutung des Frühstücks für die schulische Leistungsfähigkeit von Kindern. Es sollte besonders reich an Getreide sein, ergänzt durch Obst und Eiweiße, etwa aus Milchprodukten. Günstig wirken auch kleine "Energiespritzen" zwischendurch wie frisches Obst, Joghurt oder Vollkornbrot. Dabei verbessert schon allein das Kauen die Gedächtnisleistung. Auf dem Mittagstisch gehören leichte eiweißbetonte Mahlzeiten mit Vitaminen und Mineralstoffen. Für das Abendessen eignen sich kleine Reisgerichte oder Pasta. Zum Einschlafen gilt weiterhin Omas Rat: die heiße Milch mit Honig – aus dem enthaltenen Tryptophan entsteht das schlafsteuernde Serotonin.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: Gehirn&Geist, 5/2007
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