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Essen!

Um es gleich vorwegzunehmen: ich habe wieder zugenommen. Aber ich sollte vielleicht doch lieber am Anfang beginnen. Dass zumindest Philipp und ich am 1. April Halbzeit haben, scheint mir ein willkommener Anlass, eine Art Zwischenbilanz zu ziehen und da es doch reichlich langweilig ist, von dem x-ten Tell oder dem weißgottwievielten Tetrapylon zu berichten, dachte ich mir, verlegen wir das Ganze doch in den Bereich des Kulinarischen – schließlich lebt der Mensch nicht von Ruinen allein.

Der Jemen ist schnell abgehandelt: wir haben allein hier zusammen mindestens 50 Hühnchen auf dem Gewissen, sowie mindestens zwei Kamele, den einen oder anderen Hammel und leider nicht ein einziges Schwein. Abgesehen von den sagenhaften, an riesigen Gasflammen gegrillten Fischen im Hadramawt also alles in allem ziemlich unspektakulär. Auch Jordanien bescherte uns keine wirklichen Gaumenfreuden. Gleich hinter dem Deutschen Evangelischen Institut, wo wir untergekommen waren, gab es eine „Fressmeile“, in denen sich alles, was die Welt des Fastfood zu bieten hat, tummelt: McDonald’s (bzw., wie es in Arabisch geschrieben stand „MacDunalz“) KFC (arab. „Farruj Kantaky“) oder BurgerKing etc. etc.

Neben der „Fressmeile“ gab es dann etwas weiter entfernt die so genannte „Fressecke“, in der wir einkaufen konnten, um selbst zu kochen, was wir aus nahe liegenden Gründen ziemlich oft taten – außerdem hat man nach so viel Grillhähnchen und Falafel immer mal wieder Heißhunger nach solch wunderbaren Gerichten wie Gemüseeintopf oder überbackenen Blumenkohl. Immer mal wieder aßen wir allerdings dann doch auf der „Fressmeile“ beim Schwarma-Stand unseres Vertrauens eine große Portion der lokalen Dönervariante.

Mit der Einreise nach Syrien verließen wir die (im Falle Jordaniens zudem krampfhaft amerikanisierte) kulinarische Wüste Arabiens und traten ein in das gastronomische Paradies der Mittelmeerwelt. Gleich zu Beginn waren wir im Meridian Hotel zum Empfang der Deutschen Botschaft geladen und bekamen eine volle Breitseite orientalischer Häppchen ab. Am nächsten Abend war dann ein Abendessen in einem der nobelsten Restaurants von Damaskus angesagt, dem „Khawali“.

Dieses Essen wird mir noch lange in Erinnerung bleiben: Nach einer schmackhaften Fischsuppe gab es wunderbare, mit Pinienkernen und Lammhack gefüllte Weizengriesbällchen („kibbe“), einen Salat mit Walnüssen und Roquefort und – als Hauptgang – Lammkspießchen („kebab“) mit gegrilltem Knoblauch und ebenfalls Walnüssen und zu allem vor deinen Augen im Tannur frisch gebackenes Brot und frisch gepressten Limonensaft mit einer Haube aus Minzpüree. Aber das Beste kommt noch: der Preis. Das gesamte Essen in einem alten damaszener Stadtpalast kostete uns vier ganze lumpige 30 (!!!) Euro – für einen syrischen Normalverdiener freilich unerschwinglich.

In Palmyra verirrten wir uns leider des großen Hungers wegen in ein Touristennepp namens „Venus“, der mit seiner rosaroten Dekoration in der Tat einem Puff ähnlicher war als einem Restaurant und sahen, wie nach unserer Bestellung der Kellner (in Personalunion auch Wirt) erst einmal aus dem Haus ging und wenig später offenbar mit unserem Essen von irgendeinem Straßenstand wieder zurückkam. Holger bestellte todesmutig Wein und bekam eine sehr staubige Flasche, deren dickflüssiger Inhalt unter der Prämisse, es könne sich um Sherry handeln, nicht einmal gar so übel schmeckte.

Am nächsten Tag gingen wir gleich zur entsprechenden Garküche und bekamen dort ein vorzügliches „plattes Hähnchen“ (einfach zwischen zwei Gitter gepresst) auf Holzkohle gegrillt. Die besten „meze“ (gemischte Vorspeisen) wurden uns serviert, als die Leiterin des DAI Damaskus, Frau Dr. Bartl, uns freundlicherweise ins „Oriental Restaurant“ am Bab Sharqi einlud. Da gab es neben den üblichen Verdächtigen hommus (Kicherebsenpüree), baba ghanuj (Auberginenpüree), mutabbal (Auberginenpüree mit Joghurt), berek (gefüllte Blätterteigtaschen), kibbe (s.o.) jajik (Tsatsiki) eine besonders feine Knoblauchpaste, mit Kardamom gewürzte Lammwürstchen und einen absolut himmlischen Thymiansalat mit Walnüssen und Käse (shinglish), von der fetta (Eintopf aus Kichererbsen, Joghurt und hommus mit eingebrocktem Brot und Huhn) und den kusa mahshi (gefüllten Zucchini) ganz zu schweigen.

In der Folge jagte ein Fischessen das andere. In Lattakiya hatte ich im Spiru an der Corniche Oktopus und gegrillte Calmaren und meine Gefährten suchten sich in der tadellos sauberen Küche einen riesigen Fisch aus, der den Kiemen nach zu urteilen mit Sicherheit morgens noch im Mittelmeer geschwommen war. Zurück in Damaskus gaben wir unseren Gelüsten nach und gingen Sushi essen und tags darauf Spaghetti nach Art des Hauses. Pasta in arabischen Ländern ist ja so eine Sache. Meist ähnelt sie eher einer Art Griesbrei und ist folglich ungenießbar, v.a. wenn mit Halwa, Zucker und Zimt bestreut. Nicht so hier. In Deutschland hingegen muss man die Meeresfrüchte bei allem, was als „frutti di mare“ apostrophiert wird, mit der Lupe suchen. Nicht so hier. Ich hatte zum ersten Ma(h)l in meinem Leben mehr Riesengarnelen auf dem Teller als Nudeln!

Francis & Philipp

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