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Warum tauchen Fernseher einen Raum in bläuliches Licht?

Wenn man abends vor dem Fernseher sitzt, erkennt es die ganze Nachbarschaft am bläulichen Flackern. Dabei ist die blaue Farbe ein Trugschluss - denn wir sind einfach sehr an gelbes Licht gewöhnt. Genau erklärt dieses Phänomen Albrecht Rothermel von der Universität Ulm.
Mann abends vorm Fernseher

Die menschlichen Sinne – und eben auch das Farbempfinden – sind erstaunlich anpassungsfähig. Es ist vielleicht nicht jedem bewusst, aber ein Farbton wird vom Menschen nicht absolut wahrgenommen, sondern individuell; je nach Umgebungsbedingungen. Für die Farbempfindung spielt deshalb die Beleuchtung eine wesentliche Rolle.

Unsere natürliche Beleuchtungsquelle ist die Sonne. Das Licht, das sie tagsüber zu uns sendet, bezeichnen wir als weiß. Schon lange versucht der Mensch, die Nacht zum Tag zu machen, zuerst mit offenem Feuer, später mit Kerzen und schließlich mit Hilfe von Glühbirnen. Diese Lichtquellen sind nicht sonderlich effizient und senden aus technischen Gründen ein gelblich gefärbtes Licht.

Daran erkennt man die enorme Anpassungsfähigkeit unseres Farbempfindens: Wie gelb eine Glühlampen-Beleuchtung wirklich ist, nehmen wir praktisch nicht mehr wahr. Im Gegenteil, wir haben uns so daran gewöhnt, dass wir eine technisch viel hochwertigere Beleuchtung mit weißem Licht ("daylight") als bläulich und kalt empfinden. Deshalb steigt die Nachfrage der "warm-white"-Leuchtstoffröhren, die – künstlich verschlechtert – gelblich leuchten.

Wie gelb die Glühlampen-Beleuchtung ist, kann man feststellen, wenn man Filmaufnahmen bei Tageslicht und bei Kunstlicht macht, und zwar ohne den – oft automatisch durchgeführten – Weißabgleich der Kamera auszulösen. Es ist eine überaus erhellende Demonstration, Bilder von Szenen bei Tageslicht beziehungsweise Kunstlicht bei gleicher Kameraeinstellung zu vergleichen. Jeder Betrachter ist beeindruckt, wie gelb die von Glühlampen beleuchtete Szene "wirklich" ist.

Damit kommen wir zur Beantwortung der Frage. Die Bildwiedergabe auf Fernsehschirmen ist nämlich äußerst natürlich. Aber sie ist sozusagen absolut, passt sich – jedenfalls was den Farbton angeht – nicht an die Umgebungshelligkeit an. Weiß ist auf dem Fernsehschirm einfach weiß und nicht gelb.

Das bläuliche Flackern aus Wohnungen, in denen ein Fernseher läuft, ist nur nachts zu sehen – am helllichten Tag ist das Licht eines Fernsehgeräts ohnehin zu schwach. Im Vergleich zu dem gelblich erscheinenden Kunstlicht der Häuser und zur Straßenbeleuchtung erscheint es dann genauso bläulich wie jene in Wahrheit weißen "Daylight"-Leuchten. Die wahrgenommene bläuliche Einfärbung des Fernseherlichts ist also eine optische Täuschung.

Vermutlich wird man noch in ferner Zukunft mit modernsten Leuchtstoffröhren oder Leuchtdioden leben, die aus den dargelegten Gründen absichtlich und unter dem Verlust von Wirkungsgrad gelblich eingefärbt werden. Und all dies nur, weil die Glühbirnen "früher einmal" gelbliches Licht erzeugten.

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