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Editorial



Zu den großen Welträtseln, die der Forschung derzeit noch widerstehen, zählen die Entstehung des Universums, der Ursprung des Lebens auf der Erde sowie das Auftauchen des menschlichen Bewusstseins. Zu diesem Thema gab es in jüngster Zeit immerhin einige interessante neue Erkenntnisse. Davon zeugen mehrere Spektrum-Artikel: "Moleküle aus dem All" (10/99), "Urzeugung aus Kometenstaub?" (5/00) und "Kosmischer Staub" (2/01).

Jahrzehntelang gingen alle Versuche zur Rekonstruktion der Lebensentstehung von Luft und Wasser aus – und übersahen den dritten Urstoff auf unserem Planeten: Erde. Deshalb war es eine kleine Sensation, als der deutsche Patentanwalt und Chemiker Günter Wächtershäuser 1988 erstmals ein Mineral ins Spiel brachte: den Pyrit. Seither hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Gesteine – scheinbar der Inbegriff des Leb-losen – sehr wohl in der Lage waren, entscheidende Hilfestellung bei der Entwicklung sich selbst reproduzierender chemischer Systeme zu geben – sei es als Energiequellen, Katalysatoren oder Refugien. In diesem Sinne zeigt der amerikanische Geologe Robert M. Hazen in seinem Beitrag ab Seite 34 auf, dass die Urzeugung in doppeltem Wortsinn "steinig" war: für das Leben wie auch für die Forscher.

Spätestens seit die Reproduktionsmediziner Panos Zavos und Severino Antinori angekündigt haben, einen Menschen zu klonen, sind Horrorszenarien nach Art des Dr. Frankenstein wieder lebendig geworden. Offenbar wurzelt der Mythos vom künstlich geschaffenen Menschen tief in unserer kollektiven Psyche, verkörpert vom aus Lehm geformten Golem über Mary Shelleys schauerliches Monster bis hin zum japanischen Computer-Robby und den Menschenkopien als wandelndem Ersatzteillager.

Die Literatur hat den Topos über die Jahrhunderte fortgesponnen und dem Homo sapiens immer wieder artifizielle Ebenbilder beigestellt – ob als Automat, Monster oder Homunkulus. Mal eilte die Fantasie dem Stand der Technik voraus, mal wurde er direkter Quell der Inspiration. Rudolf Drux, Literaturwissenschaftler an der Universität zu Köln, hat für uns die Genealogie der Kunstmenschen aufgezeichnet (Seite 68).

Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 2001, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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