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Nützliche Spiegeleien: Wafer direkt belichten

Ein neues Verfahren bei der Chip-Herstellung spart Kosten bei Kleinserien.


Bei der Chip-Fertigung werden die Strukturen künftiger Bauelemente mit Hilfe sogenannter Masken auf das Silicium übertragen. Bei kleinen Serien fallen die Kosten dieses Arbeitsmittels aber erheblich ins Gewicht. Ein neuarti-ges Verfahren ermöglicht nun, den Wafer direkt zu belichten – und so, bei gleicher Qualität, Zeit und Geld zu sparen.

Ohne Wafer keine Chips. Der Silicium-Einkristall ist der Rohling der Mikroelektronik. Aus solch einer silbern glänzenden Scheibe fertigen automatische Anlagen Hunderte bis Tausende integrierter Schaltkreise mit zum Teil mehreren Millionen Transistoren.

Ohne Masken geht dabei nichts: Ein Photolack auf dem Wafer wird über eine Maske, sozusagen ein Negativbild der künftigen elektronischen Bauelemente und Verbindungswege, belichtet. Chemikalien oder Ionenstrahlen entfernen die photochemisch veränderten Lackpartien. Die nunmehr frei liegenden Bereiche nehmen in weiteren Schritten Dotierungen oder metallische Schichten auf.

Eine Maske kommt selten allein: Das Bildfeld der Belichtung ist meist nicht größer als 20 mal 20 Millimeter; der Wafer wird deshalb unter dem Objektiv der Belichtungseinheit präzise verschoben, die Maske dazu gewechselt. Je nach Komplexität des gewünschten Schaltkreises können in einem Bildfeld überdies 20 bis 25 Belichtungsschritte – und damit verschiedene Masken – erforderlich sein.

Doch diese wichtigen Arbeitsmittel kosten im Durchschnitt bis zu 2000 Mark. Masken müssen entwickelt und hergestellt werden. Man beschichtet dazu Quarzglas mit Chrom, ein Elektronen- oder Laserstrahl schreibt das Negativbild der Chipstruktur in diese Schicht hinein. Das dauert einige Tage. Zeigt ein Test Fehler oder Schwachstellen im Schaltungsentwurf auf, ist das teure Teil Abfall. Setzen sich später während der Chip-Produktion Staubpartikel darauf fest – ist es wieder Abfall.

In der Massenproduktion etwa von RAM-Speicherbausteinen oder Mikroprozessoren fallen diese Aufwendungen nicht sonderlich ins Gewicht, bei Kleinserien und Prototypen können sie aber schon mal die Hälfte der gesamten Herstellungskosten ausmachen – ein Hindernis für jede Innovation.

Eine Alternative entwickelten Wissenschaftler der Dresdner Niederlassung des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IMS) gemeinsam mit der Firma Sentech Instruments aus Berlin-Adlershof. Heinz Kück, Wolfgang Doleschal und Wolfram Kluge vom IMS erhielten für ihren "Direktbelichter" im vergangenen Jahr den Fraunhofer-Preis.

Herzstück des Systems ist eine dünne Spiegelmembran aus einer hochviskosen Flüssigkeit, einem sogenannten Elastomer, auf die eine Aluminiumschicht aufgedampft wurde. Dieser Spiegel liegt auf einem sehr großen und komplexen Chip. Der umfaßt nicht nur mehrere Millionen Transistoren, sondern auch ein Raster von 1024 mal 2048 individuell ansteuerbaren Elektroden; jede davon mißt 20 Mikrometer (tausendstel Millimeter) Kantenlänge.

Legt man an die Elektroden Spannung an, verändert sich das Elastomer im elektrischen Feld zwischen Elektrode und Aluminiumschicht: Je nach dem Vorzeichen der Spannung wird es dünner oder dicker und dellt somit den Spiegel lokal ein. Das Muster dieser winzigen Vertiefungen und Erhöhungen wirkt auf eine Lichtwelle entsprechender Wellenlänge wie ein optisches Gitter. Licht wird dort gebeugt, und ein Filter blendet diesen Anteil aus der reflektierten Wellenfront aus. Das dann verbleibende Muster entspricht schließlich dem Positiv einer herkömmlichen Belichtungsmaske.

Somit entfallen zum einen die genannten Herstellungskosten. Zum anderen gibt dieser Lichtmodulator Flexibilität, denn er bleibt auch bei laufendem Betrieb programmierbar. Freilich müssen dazu die Daten der zu belichtenden Chip-Strukturen in kürzester Zeit vom Konstruktionssystem zu Steuerchip gelangen. Weil sich der Wafer im Stepper bewegt, bleiben dem Spiegel nämlich nur Bruchteile von Sekunden, um ein neues Muster aufzubauen. Das erfordert optische Datenübertragung und eigens entwickelte Verfahren zur Datenkomprimierung. Trotz der extrem kurzen Belichtungszeit muß zudem die übertragene Leistung für die Lackbelichtung ausreichen. Deshalb wurde ein gepulster Eximerlaser gewählt, dessen Optik so eingestellt ist, daß sie den Spiegel homogen ausleuchtet.

Der einer Elektrode zugeordnete Bildpunkt (Pixel) wird durch die Optik hundertfach verkleinert, die kleinste abzubildende Struktur besteht aus einem Feld von drei mal drei Pixeln, hat also eine Kantenlänge von 0,6 Mikrometern. Dieses Zusammenwirken mehrerer Pixel gleicht auch eventuelle fehlerhafte Abbildung einzelner Elektroden aus. Die Qualität der Belichtung ist damit der Lithographie mit konventionellen Masken vergleichbar.

Derzeit erreicht das System eine Belichtungsfrequenz von mehreren hundert Hertz, erzeugt also in weniger als einer hundertstel Sekunde ein Teilbild. Pro Stunde lassen sich damit fünf bis zehn Wafer belichten. Für Großserien wäre das zu langsam, und für die dabei typischerweise produzierten Chips wäre auch die Auflösung zu grob – bei 64 Mbit-DRAM-Speichern beispielsweise sind die kleinsten Strukturen nur noch ein viertel Mikrometer groß. Profitieren werden aber Entwickler, Hersteller und Nutzer von anwenderspezifischen Schaltkreisen (ASICs) und Mikrosystemen. Wer für rund drei Millionen Mark einen Direktbelichter erwirbt, kann damit sogar Masken herstellen – nach Einschätzung der Geschäftsführer von Sentech, Albrecht Krüger und Helmut Witek, sogar erheblich schneller und trotzdem um 30 Prozent billiger als mit einem Elektronenstrahlschreiber.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1999, Seite 97
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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