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Optimierung von Gasdiffusionselektroden


Betriebstemperaturen von weniger als 200 Grad Celsius kennzeichnen drei ansonsten sehr verschiedene Arten von Brennstoffzellen: die alkalische mit einer Lauge als Elektrolyten sowie die Polymerelektrolyt- (PEMFC) und die phosphorsaure (PAFC) Brennstoffzelle. Bei den beiden letzteren ist der Elektrolyt sauer; doch während die PEMFC eine leitende Membran als Festelektrolyten verwendet, arbeitet die zweite mit Phosphorsäure als flüssigem Elektrolyten. Eine wichtige gemeinsame Komponente aller dieser Systeme ist die Gasdiffusionselektrode.

Die Wandlung von chemischer zu elektrischer Energie vollzieht sich an der Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt. Den verschiedenen Reaktionssystemen ist allein der Ladungsaustausch von Elektronen zwischen den gasförmigen Reaktanden und Anode beziehungsweise Kathode gemeinsam. Die entstehenden Ionen werden an den Elektrolyten abgegeben beziehungsweise ihm unter Bildung von Wassermolekülen entnommen.

Alle Teilreaktionen können also nur dort ablaufen, wo die Gase sowohl mit einem elektronischen als auch mit einem ionischen Leiter in Kontakt stehen: an der sogenannten Drei-Phasen-Grenze zwischen Katalysator, Elektrolyt und Gasraum (der Katalysator erleichtert Teilschritte der Reaktion, indem er eine Art Umweg mit geringerer Aktivierungsenergie anbietet; in der Nettoreaktionsgleichung tritt er nicht auf). Entsprechende Gasdiffusionselektroden sind in definierter Weise porös, um auf diese Weise die aktive Oberfläche, an der das Katalysatormaterial mit dem Elektrolyten und den Gasen in Verbindung kommt, zu vergrößern.


Anforderungen

Eine Verbesserung der Leistungsdichte von Brennstoffzellen hängt wesentlich von der Optimierung dieser speziellen Elektroden ab. So bildet sich an ihrer Oberfläche eine elektrochemische Doppelschicht aus, wenn sich Ionen anlagern und entgegengesetzte Ladungen des Katalysators anziehen. Beim Durchtritt von Elektronen in den Elektrolyten muß diese Schicht entgegen der darin herrschenden Feldrichtung, also unter Energieaufwand, passiert werden. Diesen Effekt sowie den elektrischen Widerstand der Phasengrenze zwischen elektronischem und ionischem Leiter faßt man als Durchtrittswiderstand des Elektronentransfers zusammen.

Ein weiterer Verlustfaktor ist die Diffusionshemmung der Reaktionspartner im Porensystem – sozusagen das Unvermögen der Reaktanden, bei hohen Stromstärken den Reaktionsort durch Diffusion rechtzeitig zu erreichen, ebenso das des produzierten Wassers, diesen Ort schnell zu verlassen.

Deshalb ist eine sehr kompakte Bauweise der Elektroden erforderlich (und senkt auch die Materialkosten). Vor allem aber gilt es, das Katalysatormaterial, insbesondere wenn es sich um teures Edelmetall handelt, optimal zu nutzen; dazu strebt man eine möglichst großräumige und fein verteilte Ausbildung von Drei-Phasen-Grenzen sowie ausreichende Porosität an.

Bei alkalischen Brennstoffzellen wirkt zum Beispiel Raney-Nickel als Katalysator der Ionenbildung, ein Material hoher Porosität; solche Katalysatoren hatte der amerikanische Ingenieur Murray Raney (1885 bis 1966) erstmals Mitte der zwanziger Jahre für Hydrierverfahren entwickelt. Elektroden daraus haben ein bifunktionales Porensystem, von dem ein definierter Teil mit der Lauge gefüllt ist und der andere mit gröberen Poren dem Gastransport dient. Die jeweilige Zuordnung erzielt man mit einem organischen Bindemittel, zum Beispiel Polytetraflu-orethylen (PTFE). Es umhüllt die Katalysatorkörner und verbessert so den Kontakt zwischen den Partikeln, um die Elektrode zu stabilisieren; des weiteren ist das Material wasserabweisend, wird also nicht vom flüssigen Elektrolyten durchdrungen und läßt nur die Gase passieren. Es gewährleistet auch, daß sich das Porensystem nicht mit Reaktionswasser zusetzt und so die Zufuhr der Gase behindert.

Anders liegen die Verhältnisse bei der Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, weil der Festelektrolyt während des Betriebs nicht mehr in die Elektrode einzudringen vermag. Die Drei-Phasen-Grenze beschränkt sich also auf dessen Oberfläche. Es ist schon bei der Herstellung der Elektrolyt-Katalysator-Struktur darauf zu achten, diese Grenze großflächig zu gestalten und den Kontaktwiderstand zwischen den Komponenten zu senken.

Bislang liegen die spezifischen Kosten von Brennstoffzellen für die gegenwärtig diskutierten Anwendungsbereiche – soweit man dies nur betriebswirtschaftlich sieht – weit über denen ihrer direkten Konkurrenzprodukte, also aller strom- erzeugenden Einheiten mit hohen Wirkungsgraden wie etwa Blockheiz- oder Gas-Dampfturbinen-Kraftwerke. Demnach müssen insbesondere die Produktionskosten für alle Schlüsselkomponenten wie die beschriebene Gasdiffusionselektrode gesenkt werden.

Optimierte Fertigung

Die derzeit erfolgversprechendsten Herstellungsverfahren für Elektroden-Membran-Verbundkomponenten sind ein Tränk- und das Casting-Verfahren, an die sich jeweils ein Heißverpressen der Komponenten anschließt.

Beim Tränkverfahren streicht man gelösten Festelektrolyten auf die Elektrodenoberfläche auf oder sprüht ihn als Emulsion mittels Druckluft auf; er vermag dann einige Mikrometer (tausendstel Millimeter) in das Porensystem einzudringen. Anschließend verpreßt man die präparierten Elektroden unter Erwärmung, bis die Elektrolytmembran mit ihnen verschmilzt.

Beim Casting vermengt man den gelösten Festelektrolyten mit dem Katalysatormaterial und dem Bindemittel PTFE zu einer Paste. Sie wird entweder zunächst auf einen Träger aufgebracht oder aber direkt auf die Membran gestrichen und dann mit ihr heißverpreßt, um die Kontaktwiderstände an den Übergängen zwischen Membran und den in der Paste oder auf der Elektrode befindlichen Festelektrolytschichten zu minimieren. Die katalytischen Schichten lassen sich mit diesem Verfahren dünner als zehn Mikrometer gestalten.

Alle Präparationsverfahren für Gasdiffusionselektroden mit Polymermembranen erfordern eine Vielzahl meist manueller und schwer zu automatisierender Arbeitsgänge sowie den Einsatz gefährlicher und gesundheitsschädigender Lösungsmittel. Was für Versuche im Labormaßstab noch tragbar ist, muß für einen großtechnischen Einsatz durch ein einfaches, automatisiertes und preiswertes Herstellungsverfahren ersetzt werden.

Unser Institut modifiziert derzeit ein von der Firma Varta für Gasdiffusionselektroden von alkalischen Batterien entwickeltes Herstellungsverfahren für Polymermembran-Brennstoffzellen. Es beinhaltet die Aufbereitung der Elektrodenrohmaterialien, des Katalysatorpulvers und des PTFE in einem reaktiven Misch- und einem anschließenden Walzverfahren; Lösungsmittel werden nicht benötigt (Bild 2).

Damit sich die Drei-Phasen-Grenze ausbildet, wird der ionenleitende Elektrolyt den Ausgangsstoffen für den Walzprozeß in pulverisierter Form beigemischt. Es kommt nun darauf an, die Korngröße durch Variation der Mahl- parameter so zu optimieren, daß die elektrochemisch aktive Oberfläche maximal wird und die ionische Leitfähigkeit der Elektrode gewährleistet ist.

Wir fertigten mehrere Serien von Kohle-Elektroden, weil dieses Material gut elektrisch und thermisch leitet, dabei aber chemisch reaktionsträge ist. Wegen der feinen Körnung des Katalysator- und des Kohlepulvers ergab sich beim Walzen zunächst keine ausreichende Haftung der Kohlepartikel untereinander, wie sie für die angestrebte großflächige, freitragende Struktur von weniger als 100 Mikrometern Dicke erforderlich wäre. Deshalb haben wir jeweils die Reaktionsschicht einer Elektrode auf eine schon vorgefertigte Diffusionsschicht aufgewalzt, die gleichzeitig als Trägermaterial dient.

Die elektrochemische Qualifizierung ergab, daß die neuentwickelten Produkte durchaus mit dem derzeitigen Stand der Elektrodentechnik vergleichbar sind, wenngleich noch Probleme gelöst werden müssen (Bild 1). Bei niedriger Last sind sie zwar den kommerziellen in ihren elektrochemischen Eigenschaften überlegen, bei höherer aber noch weniger geeignet.

Simulationsrechnungen anhand eines dreidimensionalen Modells des instationären Verhaltens einer Brennstoffzelle, das beispielsweise die Variation der Porengröße oder der Dicke der katalytischen Schicht ermöglicht, zeigten Lösungen auf: Die Diffusionseigenschaften lassen sich demnach etwa durch Einmischen von Porenbildnern verbessern, und die Dicke der Elektroden kann man durch Einstellen von Parametern wie Spaltbreite und Geschwindigkeit beim Walzen weiter verringern. An der praktischen Umsetzung arbeiten wir jetzt. Insgesamt sind diese Präparationsversuche so erfolgversprechend, daß sich erste Konzepte für Langzeituntersuchungen ergaben.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1995, Seite 105
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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