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Unkräuter und Kulturpflanzen

Die Unterscheidung zwischen nützlich und schädlich kann sich im Laufe der Geschichte verschieben|: Unkräuter werden gelegentlich zu Kulturpflanzen und diese umgekehrt zum Unkraut. Mit der strikten Bekämpfung von Begleitpflanzen werden auch züchterisch nutzbare Genressourcen verschleudert.

Unkraut – mit dieser Bezeichnung werden Pflanzen bedacht, die nach trivial-menschlichem Verständnis und Ermessen in unserer Kulturlandschaft fehl am Platze sind. Sie werden als Konkurrenten um Ressourcen betrachtet, die kulturwürdigeren Geschöpfen zugedacht sind; schließlich beeinträchtigen sie die Bewirtschaftung bestimmter Flächen oder stören einfach nur unseren als Schönheitsempfinden deklarierten Ordnungssinn. Das können sogar verwilderte Kulturpflanzen sein (Bild 2).

Ungebeten erscheinen sie in allen anthropogen veränderten, also vom Wirken des Menschen geprägten Lebensräumen: auf gestörten Flächen im Siedlungs- und Verkehrsbereich, in Gärten, Äckern, Wiesen und Weiden, forstlichen Monokulturen, verschmutzten Gewässern und devastierten Lebensräumen aller Art wie aufgelassenen Tagebauen und sich selbst überlassenen Deponien. Im folgenden wollen wir uns aber auf Agroökosysteme beschränken; hier treten charakteristische Veränderungen und Anpassungen dieser Pflanzen an die menschliche Wirtschaftsweise am augenfälligsten in Erscheinung.

Auf den Feldern hat die Evolution in vergleichsweise kurzen Zeiträumen eine bemerkenswerte Vielfalt hervorgebracht. Bei den Kulturpflanzen wurde dieser Prozeß vom Menschen bewußt genutzt; bei den Unkräutern fand er ebenfalls unter unseren Augen statt – und blieb trotzdem fast unbemerkt.

Diese verhältnismäßig kleine Gruppe von Arten ist gleichsam kulturparasitär. Sie verdanken uns Menschen in der überwiegenden Zahl der Fälle ihre Entstehung und Existenz, zumindest aber ihre weltweite Verbreitung. Einige sind von unserer Tätigkeit sogar gänzlich abhängig geworden – unter rein natürlichen Bedingungen wären sie nicht mehr dauerhaft und schon gar nicht unverändert lebensfähig. Zumindest die heutige Sortenvielfalt dieser Pflanzen würde ohne unser Zutun verschwinden und in jeweils einer, bestenfalls einigen wenigen Formen aufgehen.

Umgekehrt ist gerade infolge der massiven menschlichen Eingriffe in die Kulturlandschaft seit Anfang dieses Jahrhunderts eine ganze Reihe von Unkräutern selten geworden oder gar schon ausgestorben; wenige Arten beherrschen die Felder und Raine.

Doch nicht immer wird diese Gen-Erosion in ihren Auswirkungen so klar erkennbar wie beim Rück- oder Untergang einer ganzen Art. Der Verlust untergeordneter Taxa wie Varietäten, Formen und nicht im einzelnen klassifizierbarer, wohl aber deutlich unterscheidbarer Populationen ist ökologisch nicht minder folgenschwer.

Die noch vorhandenen Unkräuter sind schon genetisch eingeengt, gehören aber trotzdem mehrheitlich zu den schwer bekämpfbaren Arten. Diese sogenannten Problemunkräuter sind beispielsweise herbizidresistent oder gegen bestimmte Kulturmaßnahmen unempfindlich geworden.

Evolutionsstrategien: ausweichen oder angleichen

Ackerunkräuter und Kulturpflanzen haben zwangsläufig eine gleiche evolutive Geschichte, die für die ältesten mit dem Aufkommen der Landwirtschaft vor etwa 10000 Jahren begonnen hat. Während bei archäologischen Ausgrabungen die Reste früher Kulturpflanzen an Domestikationsmerkmalen meist eindeutig als solche zu erkennen sind, zum Beispiel Getreide an der festen Ährenspindel, ist dies bei den ersten Unkräutern schwieriger. Als solche klassifiziert werden sie insbesondere, wenn ihre Samen zusammen mit denen der Kulturpflanzen häufig auftreten und sie auch heute mit diesen Pflanzen vergesellschaftet sind.

Primäre Unkräuter und Kulturpflanzen stammen beide von ruderalen (auf gestörten Bodenflächen siedelnden) oder kolonisierenden Arten ab. Erst in den Feldern und Gärten setzte die unterschiedliche Entwicklung und Auffächerung in verschiedene Formen ein. Während die Nutzpflanzen von dem Selektionsdruck unter Kulturbedingungen geprägt wurden, haben sich die ersten Unkräuter ihm durch verschiedene Mechanismen gerade entzogen, so durch Kleinhalten ihrer Samen, hohe Reproduktionsrate, kurze Entwicklungsphase und niedrigen Wuchstyp. Beispiele für diese divergente Entwicklung sind etwa die Vogel-Sternmiere (Stellaria media) und das Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris).

Nach vollständiger Ausprägung der Agroökosysteme traten allmählich aber auch Unkräuter auf, deren Eigenschaften der Mensch durch unbeabsichtigt geschaffene Auslesebedingungen in Feldkulturen noch förderte.

Diese Arten entwickelten konvergent zu den Kultursippen typische Dome-stikationsmerkmale: Ihre Samen wurden größer und keimten gleichmäßiger und schneller, die Früchte reiften gleichzeitig, Schutz- und Verbreitungsmechanismen gingen verloren, toxische und bittere Inhaltsstoffe wurden reduziert, und die Färbung von Früchten und Samen veränderte sich (Bilder 1 und 3).

Beispiele aus dem europäischen Raum sind Roggen-Trespe (Bromus secalinus), Lein- und Taumel-Lolch (Lolium remotum, Lolium temulentum), die zu den Gräsern zählen, sowie Flachs-Lichtnelke (Silene linicola) und Korn-Rade (Agrostemma githago), beides Nelkengewächse. Diese Unkräuter sind in Wuchstyp, Aussehen und weiteren Merkmalen hervorragend an ihre Trägerkulturen (meist Getreide) angepaßt. Bei den Gräsern, die mit Getreide verwandt sind, läßt sich das noch leicht nachvollziehen. Bei den Nelkengewächsen hingegen wurden die Kulturmerkmale über völlig andersartige morphologische und anatomische Strukturen realisiert. Ihre Fruchtkapseln bleiben geschlossen und werden mit dem Getreide (beziehungsweise Lein) geerntet und gedroschen; die Samen müssen dann verschiedene Reinigungsgänge (etwa Worfeln oder Windfege) zusammen mit dem Saatgut durchlaufen. Größe und Form von Kapseln und Samen haben sich an die jeweilige Trägerkultur angeglichen.

Dieser als Kulturpflanzen-Mimikry bezeichnete Effekt ist geradezu musterhaft an der Korn-Rade zu erkennen (Bilder 3 und 4). An die großkörnigen Getreideformen des Mittelmeergebietes angepaßte Sippen (A. githago var. macrospermum) haben sehr große Samen, die auch in der Tausendkornmasse den Getreidekörnern nahekommen. Korn-Raden dieses Gebietes, die aus Kulturen von Emmer stammen (Triticum dicoccon, einem Spelzweizen mit zwei Körnern pro Ährchen), tendieren hingegen zu Samenaggregaten aus zwei Körnern. Mehr noch: An Lein (Linum usitatissimum) angepaßte Sippen (A. githago var. linicolum) haben relativ kleine und glatte Samen, Formen zwischen Buchweizen (Fagopyrum esculentum; einem Knöterichgewächs, das binnen zehn bis zwölf Wochen reift) wiederum eine ausgesprochen kurze Vegetationszeit.

Vom Unkraut zur Kulturpflanze

Die Anpassung an das jeweilige Vorbild kann so weit gehen, daß konvergente Unkräuter dessen kompletten Kulturpflanzen-Merkmalssatz aufweisen. Die Korn-Rade mit ihrem vollständigen Domestikationssyndrom könnte man denn auch durchaus nutzen, wenn die Samen keine Saponine enthielten, die für Warmblüter giftig sind; Anbauversuche hat es immerhin schon gegeben.

Andere Unkrautarten sind indes echte – wenngleich sekundäre – Kulturpflanzen geworden: Leindotter (Camelina sativa), auch Öl- oder Saatdotter genannt, hat seine konvergenten Anpassungen in Leinfeldern des südlichen und mittleren Europa erworben; und sogar eines unserer wichtigsten Brotgetreide, der Roggen (Secale cereale), ist einstmals als Unkraut in den Gerste- und Weizenfeldern Südwest-Asiens domestiziert worden.

Einige Unkräuter, die auf dem Acker mit Herbiziden bekämpft und deren Samen aus dem Saatgut mit raffinierten Methoden entfernt werden, sind freilich als Zierpflanzen beliebt, beispielsweise die Sorte Milas der Korn-Rade. Auch hochgradig gefährdete Arten wie die Kuhnelke  (Vaccaria hispanica) sind in Sommerblumenmischungen zu finden; und das breitblättrige Hasenohr (Bupleurum rotundifolium) wurde als Trockenblume entdeckt.

Auf diese Weise ist zwar ein Überleben etwa der Korn-Rade als Art gesichert – deren zahlreiche Sonderformen aus Emmer, Roggen, Lein und Buchweizen sind jedoch nur noch vereinzelt in Gebieten mit traditioneller Landwirtschaft zu finden. Auch darin zeigt sich die enge Verknüpfung konvergenter Arten mit dem Schicksal der Trägerkulturen: Mit fortschreitender Gen-Erosion bei den Nutzpflanzen verschwinden die typischen Begleitunkräuter, weil sie heute keine Chance mehr haben, den in einigen Fällen nur kleinen Schritt zu neuen sekundären Kulturpflanzen ohne bewußtes züchterisches Eingreifen des Menschen zu schaffen.

Auch dafür ist die Korn-Rade ein gutes Demonstrationsobjekt. In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts kam der Trieur auf, eine Maschine zum Trennen von Gemischen fast gleicher Korngrößen: Das Erntegut wurde mit Eisenspänen vermischt, die nur an den rauhen Samen der Rade haften blieben, so daß sie mit Magneten praktisch vollständig entfernt werden konnten.

Später ging der Leinanbau drastisch zurück. Obwohl er neuerdings wieder aufkommt, sind bereits spezialisierte Formen der Korn-Rade verschwunden, weil ihre Saat im Boden nur wenige Jahre keimfähig bleibt. Außerdem steht die Rückkehr zur Selbstverbreitung im krassen Gegensatz zu der bislang erfolgreichen Strategie dieser Pflanze.

Kein Wunder also, daß bei dem rasanten landwirtschaftlichen Wandel nur ein winziger Bruchteil der ehemals vielen und verschiedenartigen Sippen der Korn-Rade überhaupt einen Ausweg finden konnte: Kleinsamige Formen wachsen wieder wie ihre Vorfahren auf Ruderalfluren, nun aber auch auf solchen, die der Mensch schafft – auf Schuttplätzen, in Ruinen oder an Wegrändern.

Die Gaterslebener Genbank hat außer Kulturpflanzen auch gefährdete Unkräuter gesammelt und von manchen Arten kleine Spezialkollektionen angelegt. Bei ausgewählten Sippen von Unkräutern, die mit wichtigen Kulturpflanzen nicht näher verwandt sind, hat sich die Anzahl der hier aufbewahrten Formen im Zeitraum von 1984 bis 1993 nahezu verdoppelt. Der endgültige Verlust vieler Formen konnte damit verhütet werden. Leider gelang das nicht in jedem Falle so relativ zeitig wie bei der Korn-Rade.

Auch Unkräuter vom divergenten Evolutionstyp werden durch die Umstrukturierung der Landwirtschaft nachhaltig beeinflußt – obwohl sie geradezu darauf spezialisiert sind, diversen Selektionsdrücken auszuweichen. Beispielsweise sind die heutigen Populationen des Klatschmohns (Papaver rhoeas) weit weniger variabel als diejenigen auf den gleichen Feldern vor 30 bis 40 Jahren. Dies konnten wir durch Vergleich einer Stichprobe aus der Saatgut-Langzeitlagerung mit einem rezenten Bestand vom selben Ort nachweisen.

Von der Kulturpflanze zum Unkraut und wieder zurück?

So paradox es klingt, aber auch Kulturpflanzen können sich zu einem eigenständigen, sogenannten sekundären Unkraut entwickeln: Dies geschieht, wenn das Domestikationsmerkmal (beispielsweise feste Ährenspindel mit nicht ausfallenden Körnern) zum Wildtyp (brüchige Ährenspindel) rückmutiert oder wenn das Wildmerkmal in die Kulturpflanzen aus nahe verwandten Wildpflanzen oder Unkräutern einwandert. Die Verwilderungsprodukte sind oft wegen ihrer verwandtschaftlichen Nähe zu den Kulturpflanzen ein großes Problem für die Bauern. So verursachen bestimmte Unkrautformen vom Reis (Oryza sativa), deren Körner ausfallen, in Südost-Asien erhebliche Ernteverluste und sogar Versorgungsengpässe.

Ein genetischer Austausch zwischen nahe verwandten Unkräutern und Kulturpflanzen ist also durchaus möglich und unter Umständen die Regel. Insbesondere bei sekundären Kulturpflanzen und den Unkrautformen, aus denen sie hervorgegangen sind, leuchtet das auch ein. Noch komplizierter aber können die Verhältnisse werden, wenn aus Wildpflanzenpopulationen mehr oder weniger gleichzeitig Unkräuter und Kulturpflanzen entstanden sind. Beispielsweise stammen von den primären Wildsippen der Gerste (Hordeum vulgare), die in lockeren Eichenwäldern des Fruchtbaren Halbmondes zwischen Israel und dem Iran vorkommen, Kulturformen mit fester und Unkrautformen mit bei der Reife zerfallender Ährenspindel. Die unerwünschten, als Hordeum spontaneum bezeichneten Formen können sich mit Kulturgersten kreuzen – das Resultat sind sekundäre Unkrautgersten. Es ist außerordentlich schwierig und oft unmöglich, Unkrautformen konkret zuzuordnen; gerade an diesem Beispiel wird aber deutlich, daß auch sie genetische Ressourcen sein können – in dem Falle Material mit potentieller Bedeutung für die züchterische Verbesserung der Kulturgerste.

Allerdings bringen nicht alle Kulturpflanzen Unkrautsippen hervor. Beispiele für extrem kulturabhängige Arten sind der Mais (Zea mays) und unsere Kulturkartoffeln (Solanum tuberosum), die der Mensch durch Kreuzung, Selektion und Jahrtausende währende Kultur grundlegend verändert hat.

Genbanken

Es gibt mehrere Gründe für das Interesse der Genbanken an Unkräutern. Ihre An- beziehungsweise Abwesenheit in einer Kultur sowie insbesondere ihre Variabilität und Merkmalsvielfalt erlauben Rückschlüsse auf den Status der jeweiligen Träger-Kulturpflanze – sei es die Landsorte, die Sortenmischung oder die Zuchtsorte. Als solche Indikatoren erleichtern sie das gezielte Erfassen, Sammeln und Erhalten dieses Kulturmaterials. Zudem kann die Kulturpflanzenforschung hoch domestizierte Unkräuter als ausgezeichnete Modelle für Prozesse nutzen, die mit der Entstehung von Kulturpflanzen zusammenhängen, vor allem mit der unbewußten Domestikation. Besonders eignen sich dafür solche Arten, die – wie die schon öfter zitierte Korn-Rade – nahezu vollständig domestiziert sind und keine nahen Verwandten unter den Kulturpflanzen haben: Ein Einkreuzen von Kulturmerkmalen scheidet bei ihnen aus. Die Auswirkungen des Selektionsdrucks in Richtung Domestikation lassen sich deshalb in reinster Form untersuchen.

Schließlich ist der kulturhistorische Aspekt beachtenswert, zumal mit dem Rückgang des Landsorten-Anbaus auch die Begleitarten akut bedroht sind.

Mit der Aufnahme von Unkräutern und dem Aufbau von Spezialkollektionen der Varianten einer Art hat die Gaterslebener Genbank eine neue Richtung der Sammlungsaufgaben solcher Einrichtungen entwickelt. Der evolutionsbiologische Ansatz rührt von der genetischen Arbeitsrichtung des Gründers und ersten Direktors des Instituts für Kulturpflanzenforschung Hans Stubbe (1902 bis 1989) her und von dem botanisch-systematischen Beitrag Rudolf Mansfelds (1901 bis 1960), der früher die Systematische Abteilung dieses Instituts leitete, zu der auch die heutige Genbank gehörte. Die Konservierung von Pflanzensamen in Genbanken ist oft die letzte, wenn auch nicht beste Möglichkeit. Viel günstiger wäre es, die Pflanzen unter ihren natürlichen Bedingungen zu erhalten und damit den Austausch von Genen und die weitere Evolution vor Ort zu garantieren, was freilich geeignete Bedingungen auf den Höfen und die Einsicht der Landwirte erfordert. Notwendig ist zudem, daß dabei Naturschützer, Botanische Gärten, Bauern und Genbanken zusammenarbeiten.

Da sich die Kulturpflanze-Unkraut-Komplexe oft in den Entstehungs- beziehungsweise den Entfaltungsgebieten der Kulturpflanzen herausgebildet haben, stellt sich auch hier das Nord-Süd-Problem: Die technischen Voraussetzungen zur Erhaltung von Kulturpflanzenkollektionen oder gar von Unkrautsippen sind in den sogenannten Drittweltländern kaum gegeben. Dafür besitzen gerade sie in ihrer weniger intensiv bearbeiteten Kulturlandschaft oft noch deren Formenmannigfaltigkeit. Doch selbst unter mitteleuropäischen Bedingungen lassen sich – wenn auch selten – geeignete Situationen finden; variable Hafer-Flughafer-Bestände gab es beispielsweise noch in den siebziger Jahren in der Slowakei und zu Beginn unseres Jahrhunderts auch in Deutschland.

Erhalt der Vielfalt unter naturnahen Bedingungen

Äcker und die darauf blühenden Unkräuter waren durchaus keine traditionellen Domänen der Naturschützer. Um so höher ist ihr erfolgreicher Einsatz für deren Erhalt zu bewerten. Unser heutiger Reichtum besteht außer in einem hohen Stand der Technik eben auch in den uns umgebenden Natur- und Kulturlandschaften, in den nicht-technischen Ergebnissen unserer eigenen Entwicklung, die es zu schützen und zu bewahren gilt.

Die gegenwärtigen Bestrebungen nach einer allgemeinen Extensivierung in der mitteleuropäischen Landwirtschaft kommen diesem Zweck sehr entgegen, haben aber auch ihre Tücken. Wenn langjährig extensiv bewirtschaftete Flächen stillgelegt werden, dafür intensiv bewirtschaftete, aber wenig rentable nun extensiv bearbeitet werden, dann vernichtet man die langangepaßten Bestände, während sich auf den fortan weniger intensiv genutzten Flächen erst neue aufbauen müssen. Da Überschüsse abgebaut und Subventionen gekürzt werden sollen, droht abermals ein Umschwung in der Gegenrichtung: Eine erneute Ausdehnung intensiver Produktionsweisen muß kommen, sobald die Sättigung des Nahrungs- und Luxusgüterbedarfs einer wachsenden Bevölkerung bei steigenden Weltmarktpreisen gefährdet scheint. Schon heute muß darum über Konzepte für den Erhalt der heimischen Vielfalt an Ökosystemen und ihren Komponenten unter naturnahen Bedingungen nachgedacht werden.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1993, Seite 103
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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