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News: Bessere Keramik durch Haarkristalle

Werden zwei Formen der Keramik Sialon in einem ungewöhnlichen Mischungsverhältnis gebrannt, entsteht ein Hybrid, der die guten Eigenschaften beider Ausgangsstoffe in sich vereint. Er könnte mit geringem finanziellen Aufwand produziert werden und heutige Keramiken in Kugellagern und Motoren ersetzen.
Keramik – stärker und leichter als Stahl, härter als jede andere Substanz außer Diamanten – ist schon seit langem ein Lieblingsmaterial von Ingenieuren zur Herstellung aller möglichen Gegenstände, von Kugellagern bis zu Turbinenrotoren. Aber jeder der schon einmal einen Teller zerschlagen hat, weiß, daß Keramik einen großen Nachteil hat – sie ist zerbrechlich. Jetzt haben Wissenschaftler bewiesen, daß sie eines der härtesten bekannten Keramikmaterialien widerstandsfähiger machen können, indem sie ihm Haarkristalle zufügen.

I-Wei Chen und Anatoly Rosenflanz, Materialwissenschaftler an der University of Pennsylvania in Philadelphia, untersuchten eine Art von Keramik namens Sialon. Sie wird so genannt, weil sie Silizium, Aluminium, Sauerstoff und Stickstoff enthält. Sialone gibt es in zwei Kristallformen: einer extrem harten Alpha-Form, die durch kleine, runde Körnchen gekennzeichnet ist, und einer weniger harten, aber robusteren Beta-Form. Die Industrie verwendet lieber die Beta-Form, die vorwiegend lange, nadelförmige Körnchen oder Haarkristalle beinhaltet, die es verhindern, daß Risse sich verlängern.

Jetzt haben Chen und Rosenflanz entdeckt wie man ein Sialon herstellt, das die besten Eigenschaften beider Formen vereinigt. Das Geheimnis liegt im Brennen, in dessen Verlauf Körnchen zu größeren Kristallen verschmolzen werden. „Um längliche Kristalle zu erhalten, muß man ihnen Platz zum Wachsen geben”, sagt Chen. Chen und Rosenflanz begannen mit einem Pulver, das größtenteils Beta-Körnchen enthielt und nur wenige vom Alpha-Typ (das Gegenteil dessen, wie andere Materialwissenschaftler vorgegangen sind). Dadurch stellten sie sicher, daß Alpha-Kristalle ein großes Stück wachsen konnten, bevor sie auf andere Alphas trafen, die ihr Wachstum gestoppt hätten. Die Folge war, daß die Alpha-Kristallkeime „sehr schnell wuchsen und die Betas auffraßen”, erzählt Chen. Die entstandene Hybridkeramik war wegen der Haarkristalle genauso robust wie Beta-Sialon und besaß die Härte der Alpha-Form.

„Sie hatten einige äußerst clevere Ideen”, meint Brian Sheldon, Spezialist für Keramikverarbeitung an der Brown University. Laut Chen sollte das neue Keramikmaterial in der Lage sein, Beta-Silizium-Nitrid – das gegenwärtig am höchsten entwickelte Material – mit geringen Kosten und geringem Aufwand zu ersetzen: „Der Verbraucher wird den Unterschied gar nicht bemerken – es sieht genau so aus und wiegt genau so viel.” Die größere Härte führt jedoch dazu, daß aus dem neuen Keramikmaterial hergestellte Lager länger haltbar sind und die Motoren mit einer höheren Drehzahl laufen können.

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