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Bronzezeit: Britannisches Zinn gelangte bis in den Ostmittelmeerraum

Bronzezeitliche Zinnbarren, die aus Wracks im Ostmittelmeerraum geborgen wurden, stammten zum Teil aus Südbritannien.
Zinnbarren aus der Spätbronzezeit

Die Bestandteile für Bronze sind Kupfer und Zinn. Während Kupfer in der Vorgeschichte an mehreren Orten in Europa und im Mittelmeerraum abgebaut wurde, waren Zinnvorkommen rar gesät. Große Lagerstätten gab es in Westeuropa (Iberische Halbinsel, heutiges England und Frankreich) und in Zentralasien, im heutigen Afghanistan. Im östlichen Mittelmeergebiet, wo im 2. Jahrtausend v. Chr. die Hochkulturen der Mykener, der alten Ägypter und der Hethiter blühten, existierten hingegen nur wenige Zinnvorkommen. Das Metall musste also über weite Distanzen dorthin gehandelt werden.

Archäologen wollen schon lange wissen, woher genau die spätbronzezeitlichen Mittelmeerkulturen ihr Zinn bezogen. Forscher des Curt-Engelhorn-Zentrums Archäometrie in Mannheim haben nun aus der Analyse von Zinnbarren konkrete Hinweise auf die Herkunft des Metalls gewonnen. Offenbar stammten Barren, die aus Schiffswracks vor der israelischen Küste geborgen wurden, aus dem Süden Britanniens.

Karte der Zinnfunde und -vorkommen | Rot markiert sind Vorkommen auf dem eurasischen Kontinent, in denen zwischen 2500 und 1000 v. Chr. Zinn gewonnen wurde. Der gelbe Pfeil zeigt die vermutete Herkunft des Zinns aus den Schiffwracks vor der israelischen Küste.

Insgesamt haben nur vergleichsweise wenige Zinnbarren die Zeit seit der Bronzezeit überdauert. Was daran liegen dürfte, dass das meiste Zinn damals in die Produktion von Bronze ging. Nur in Unglücksfällen blieb das Metall erhalten: Fast alle spätbronzezeitlichen Zinnbarren – immerhin 215 Stück – haben Archäologen aus Schiffswracks geborgen, etwa an der berühmten Fundstelle von Uluburun vor der türkischen Küste oder an Israels Küste bei Haifa, Hishuley Carmel und Kfar Samir. Die Frachtschiffe waren dort im 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. gesunken.

Die Mannheimer Archäometriker Daniel Berger und Ernst Pernicka haben nun 27 dieser Zinnbarren mit Hilfe der Spurenelementanalyse sowie der Blei- und Zinnisotopie untersucht. Vor allem die Bleiisotope im Zinn liefern den Forschern Informationen zur Herkunftsbestimmung. Das wichtigste Ergebnis der umfangreichen Forschungsarbeit, die im Fachjournal »PLOS One« erschienen ist: Das Zinn aus den Schiffswracks vor der israelischen Küste stimmt weitgehend mit dem Zinn aus Lagerstätten in Südengland überein, genauer in Devon und Cornwall. Das setzt voraus, dass es im 14. und 13. Jahrhundert ein weit reichendes Handelsnetz zwischen Westeuropa und dem östlichen Mittelmeerraum gab.

Die Funde aus den Wracks wurden schon mehrfach naturwissenschaftlich untersucht. Doch um die Herkunft des Zinns zu bestimmen, fehlten den Forschern bisher genügend Vergleichsdaten. Denn selbst wenn die Isotopensignatur eines Metalls bekannt ist, lässt sich seine Herkunft nur feststellen, wenn auch die entsprechende Signatur der Erzlagerstätte im Vorfeld dokumentiert wurde. Inzwischen können naturwissenschaftliche Archäologen auf deutlich mehr Isotopendaten von Zinnvorkommen zurückgreifen.

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