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News: Das kleine Krabbeln

Etwa neun Zehntel aller Tierarten auf der Erde sind Insekten. Gemeinsam sind ihnen die sechs Beine, aber ansonsten hat diese Tiergruppe eine Fülle verschiedener Tricks entwickelt, um die unterschiedlichsten Nischen zu besetzen. Auf der Entomologen-Tagung in Basel diskutierten Insektenkundler über das, was für sie das interessanteste auf der Welt ist.
Die 250 Vorträge auf der Baseler Tagung gaben eine gute Zusammenfassung über die neuesten Ergebnisse aus der Insektenwelt. Meistens denkt man bei Insekten nur an Lästlinge im Hause oder an Schädlinge an Pflanzen. Aber es gibt auch nützliche Insekten, die solche Schädlinge fressen oder parasitieren. Viele Insektenarten werden noch Jahrhunderte unbekannt bleiben, wenn mit dem Tempo geforscht wird, wie zur Zeit. Die bisher 1,1 Millionen bekannten Insektenarten stellen nur einen Bruchteil der tatsächlich vorkommenden Arten dar. Schätzungen gehen von 15 bis 80 Millionen Tierarten insgesamt aus. Davon sind wahrscheinlich 90 Prozent Insekten. Die meisten leben im tropischen Urwald.

Auf der Tagung wurden aber auch Tiere mit acht Beinen besprochen: Spinnen. Obwohl sie zu einer völlig anderen Tiergruppe gehören, werden sie von den Entomologen einfach mit vereinnahmt. Ein Grund dafür ist wahrscheinlich, daß die meisten Spinnen sich von Insekten ernähren und damit auch für Entomologen interessant sind.

Einige Höhepunkte der Vorträge in Kürze:

Bei einer Ameisenart (Cardiocondyla wroughtonii) gibt es zwei verschiedene Typen von Männchen. Neben den üblicherweise auftretenden geflügelten Männchen, die das Weibchen in einem Schwarmflug befruchten, gibt es noch flügellose Männchen. Diese sind sehr aggressiv und versuchen, die frisch geschlüpften Weibchen noch im Nest zu befruchten.
Trotz ihrer hohen Aggressivität greifen die Nesthocker die geflügelten Männchen jedoch nicht an. Im Institut für Zoologie der Universität Erlangen wird zur Zeit nach den Gründen für die Ausbildung der unterschiedlichen Männchen gesucht.

Der Saugrüssel von Schmetterlingen besteht aus zwei Halbrohren. Schlüpft der Schmetterling aus der Puppe, so sind die beiden Halbrohre noch nicht miteinander verbunden. Wie kommt es nun, daß die beiden, bis zu mehreren Zentimetern langen Teile perfekt aneinanderkleben?
Während der Entfaltung der Flügel bewegt sich der Schmetterling in einer charakteristischen Weise; Blutflüssigkeit (Hämolymphe) wird dabei in die Flügel gepreßt. Außerdem wird der Rüssel vielfach aus- und eingerollt, wobei zuerst die beiden Teile in eine parallele Position gebracht werden und dann durch eine Flüssigkeit aneinander haften bleiben. Danach können die Verbindungsstrukturen auf der Haut durch antiparallele Verschiebungen miteinander verhakt werden, wie Untersuchungen des Zoologischen Instituts der Universität Wien ergaben. Der Zusammenbau des Rüssels ist irreversibel.

Nicht gedüngte Magerweiden sind ein guter Lebensraum für Tagfalter. Jede Veränderung der Bewirtschaftung beeinflußt die Häufigkeit ihres Auftretens. Werden die Weiden brach liegengelassen, so treten nach ca. zehn Jahren in den sogenannten Buschbrachen ein Drittel mehr Arten auf als während der Bewirtschaftung. Auch Rote Liste-Arten kommen häufiger vor.
Werden die Magerweiden noch länger brach gelassen, dann verwalden sie. Die Untersuchungen des Instituts für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz der Universität Basel ergaben, daß zwanzig Jahre nach der letzten Beweidung ein Jungwald entstanden ist, in dem praktisch keine Tagfalter mehr leben.

Wird unter Ackerbohnen oder Lupinen mit einer Strohauflage oder mit einer abgefrorenen Zwischenfrucht gemulcht, so nimmt der Blattlausbefall ab, da die natürlichen Gegenspieler sich besser entwickeln können. Untersuchungen der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig aus zwei Versuchsjahren zeigten eindeutig, daß Nützlinge im Vergleich zur konventionellen Bodenbearbeitung mit Pflügen gefördert werden. Die abgefrorene Zwischenfrucht war Senf, die sich auf die Nützlinge noch wesentlich besser auswirkte als Stroh. Auch der Ernteertrag war höher.

Zitterspinnen sind sehr erfolgreiche Lauerjäger, die sich gerne in Wohnungen unter der Decke aufhalten. Sie bauen ein lockeres, mehr oder weniger waagerechtes Gespinst, das keine Klebfäden hat, aber trotzdem sehr effektiv die Beute fängt. Auf die Grundfäden legen die Zitterspinnen einzelne locker gewellte Fäden, durchmischt von Fadenknäueln, die wie Fußangeln wirken. Peter Schneider von der Universität Heidelberg zeigte einen Film über die Fangtechniken der Zitterspinnen.
Durch die langen Beine können Zitterspinnen aus einer Entfernung von etwa sechs Zentimetern gefahrlos Spinnseide auf die Beute werfen. Der wie ein Einzelfaden von den Hinterbeinen geworfene Fangfaden besteht aus vielen einzelnen Fäden, die nicht verkleben, die Beute aber wirkungsvoll fesseln. So können weit größere Beuteobjekte gefangen werden. Selbst andere Spinnen, wie die Hauswinkelspinne, können dieser Fangtechnik nicht entgehen.

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