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News: Die Wege des Hamsters sind ergründlich

Ein Hamster weiß immer, wo er ist. Ohne sich an äußeren Bezugspunkten zu orientieren, finden die Tiere sicher den Weg zum Bau oder zur Futterquelle. Dabei stützen sie sich allein auf die Signale ihrer internen Bewegungs- und Beschleinigungssensoren. Ihr Gehirn verrechnet aus diesen Daten die aktuelle Position.
Hamster verhalten sich ein bißchen wie Männer: Sie glauben zu wissen, wo es langgeht, und wenn sie trotzdem ein bißchen desorientiert sind, halten sie deshalb noch lange nicht an, um nach dem richtigen Weg zu fragen. Nur können sie natürlich nicht völlig entnervt eine Landkarte kaufen, wenn sie feststellen, daß sie sich doch verlaufen haben. Im Gegenteil, Hamster tragen die Utensilien zur Positionsbestimmung immer bei sich und können genau herausfinden, wo sie sind: Mit Hilfe mathematischer Methoden wie der Vektoraddition und der Wegintegration.

Sie besitzen die Fähigkeit, ohne Nutzung irgendwelcher erlernter Orientierungspunkte auszurechnen, welche Strecke sie zurückgelegt haben und in welche Richtung sie gegangen sind. Mit diesen Informationen berechnen sie, wie weit und vor allem in welche Richtung sie noch laufen müssen, um entweder zum Nest zurück oder zur Futterstelle zu kommen. Diese Fertigkeit, bei der Suche nach Nahrung, und um nach ihren Streifzügen wieder nach Hause zu finden, besitzen Nager und andere Säugetiere schon seit Urzeiten.

Bis vor kurzem glaubte man noch, daß Tiere, die nicht vom Nest aus starten, zusätzlich zu den internen Signalen, wie Bewegungs- oder Beschleunigungsmeldern, externe sensorische Informationen benötigen. Das heißt, man dachte, sie brauchen zum Beispiel sichtbare Orientierungspunkte, um damit eine Vektorsubtraktion durchführen zu können, die in der Ingenieur- und Fliegersprache Koppelnavigation heißt.

Ariane Etienne und ihre Kollegen von der Universität Genf fanden nun aber heraus, daß Hamster sogar fähig sind, von irgendeiner anderen Stelle als dem Nest, zu einer zuvor erlernten Futterstelle zu gelangen – und das mittels Vektor-Informationen, die sie lediglich aus der Fortbewegung erhalten. Sie berichten über ihre Ergebnisse in Nature vom 12. November 1998.

Etiennes Gruppe führte mit erwachsenen weiblichen Goldhamstern eine Reihe sorgfältig überwachter Experimente in einer symmetrischen Arena durch. Nachdem die Hamster die Position eines Futterzieles gelernt hatten, konnte man sie an einer beliebigen Stelle der Arena aussetzen und sie fanden das Futter ohne viel Aufwand sogar im Dunkeln. Die Forscher verhinderten, daß die Hamsterdamen durch geruchliche, visuelle, akustische oder andere Hinweise geleitet wurden. Trotzdem fanden die Tiere mit Leichtigkeit ihr Ziel. Daraus schlossen die Wissenschaftler, daß Hamster ihre Standort berechnen, indem sie den aktuellen Positionsvektor vom gespeicherten Nest-nach-Ziel-Vektor subtrahieren.

Thomas Collett von der University of Sussex, der ähnliche Phänomene an Bienen untersucht, meint dazu: "Wir wissen schon lange, daß Bienen die Vektoraddition einsetzen. Nun haben wir den ersten Beweis, daß diese Methode auch bei Wirbeltieren so hoch entwickelt ist." Wie die Hamster jedoch die Information über ihre geographische Position speichern und manipulieren, die von der Bewegung ihres Körpers im Raum erzeugt wird, ist noch unklar. Auch gibt es unter den Wissenschaftlern Kontroversen, welche Teile des Gehirns nun die Wegintegration übermitteln.

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