Direkt zum Inhalt

News: Ein eindrucksvoller Riese

Abdrücke von Dinosaurier-Knochen wurden in Namibia bislang noch nie gefunden. Doch nun steht fest, daß die Urzeitreptilien auch in diesem Gebiet der Erde lebten - eine entsprechende Entdeckung haben Geologen der Universität Würzburg zusammen mit einem englischen Kollegen gemacht.
In der kommenden Woche wird ein internationales Team von Geologen und Paläontologen der Universitäten Würzburg, Liverpool und Johannesburg den ersten in Namibia gefundenen Abdruck eines Dinosaurierskeletts vorstellen. Dies soll während der Tagung der Palaeontological Society of Southern Africa geschehen, die vom 13. bis 19. September in Namibias Hauptstadt Windhoek stattfindet.

Den Skelettabdruck entdeckten die Geologen Frank Holzförster und Harald Stollhofen – beide gehören dem Würzburger Graduiertenkolleg Geowissenschaftliche Gemeinschaftsforschung in Afrika an – zusammen mit Ian Stanistreet von der University of Liverpool im Norden Namibias, und zwar im Waterberg Plateau-Nationalpark. Seitdem bezeichnen die Forscher das Gelände in Anlehnung an den erfolgreichen Kinofilm scherzhaft als "Namibias Jurassic Park". Mit Hilfe der Parkverwaltung wurde der Skelettabdruck für detaillierte Untersuchungen geborgen. Laut Holzförster soll er im Museum des Geological Survey of Namibia in Windhoek der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Der Abdruck befindet sich in einem 200 Millionen Jahre alten Sandstein, der damals in einer ausgedehnten Halbwüste abgelagert wurde. Er zeigt die Knochen des Dinosauriers teilweise sogar noch im Verband. Die Paläontologen Bruce Rubidge und Mike Raath von der University of the Witwatersrand in Johannesburg haben das Skelett identifiziert und eingeordnet. Demnach handelt es sich um einen Massospondylus – ein deutscher Name existiert nicht – aus dem Erdzeitalter des Jura. Dieser frühe Vertreter der Dinosaurier war in Südafrika relativ weit verbreitet. Seine Existenz in Namibia konnte bis jetzt jedoch nur vermutet werden.

Massospondylus war keiner der ganz großwüchsigen Dinosaurier. Doch mit etwa sechs bis acht Metern Länge gilt diese pflanzenfressende Art, die die weiten Ebenen des Gondwana-Kontinents bewohnte, immerhin als eines der größten Landtiere, die es zu Beginn des Jura gab.

Aus der Art des Sandsteins, in dem sich der Skelettabdruck verbarg, können die Geologen ersehen, daß die Dinosaurier in Namibia in einer relativ feuchten Halbwüste lebten. In dieser von Sanddünen und spärlichem Pflanzenwuchs geprägten Umgebung hätten für eine kleine Population von Dinosauriern vermutlich relativ gute Lebensbedingungen geherrscht. Seltene, aber intensive Regenfälle sorgten vermutlich dafür, daß zeitweilig einige flache Tümpel vorhanden waren, an denen sich die Tiere mit Wasser versorgten. Dementsprechend konzentrieren sich zahlreiche, im Sandstein erhaltene Fährten verschiedener Dinosaurierarten auf die Umgebung örtlich begrenzter Schlammablagerungen, welche die Lage von ehemaligen kleinen Seen anzeigen.

Den Geologen zufolge unterscheiden sich die damaligen Lebensbedingungen für die großen Landtiere nicht sonderlich von denen in der heutigen Kalahari-Wüste, die sich über Südafrika, Botswana und Namibia erstreckt. In den vergangenen Jahrtausenden wechselte das Klima dort immer wieder zwischen Vollwüstenbedingungen, wie sie heute in der Sahara herrschen, und Halbwüstenbedingungen. Letztere bieten in der Kalahari auch heute ein Lebensumfeld, das für große Landtiere wie Elefanten, Nashsrner, Büffel und sogar Flußpferde durchaus geeignet ist.

Der Dinosaurierfund ist für die Wissenschaftler deshalb bedeutend, weil sie mit seiner Hilfe Gesteinsabfolgen aus dem Erdmittelalter Südamerikas mit solchen des afrikanischen Kontinents in Bezug setzen können. Dieser Vergleich hinkt nicht, denn als Massospondylus vor etwa 200 Millionen Jahren im südlichen Afrika lebte, waren die heutigen Kontinente Afrika, Südamerika, Indien, Australien und Antarktis in einem einzigen, riesigen Kontinent namens Gondwana vereint.

Wie die Geologen der Universität Würzburg mitteilen, können sie mit Hilfe des Dinosaurier-Funds die Verbreitung und das Alter früherer Wüsten in Südamerika und Afrika jetzt viel präziser rekonstruieren. Daraus wiederum läßt sich das Alter der Gesteinsschichten vor der namibischen Atlantikküste ableiten. In diesen Schichten, die ansonsten nur durch kostenintensive Bohrungen zugänglich seien, lagern wirtschaftlich bedeutende Erdgasvorkommen. Eine verbesserte Kenntnis dieser Lagerstätte sei die Voraussetzung für eine erfolgreiche Suche nach weiteren Vorkommen. "So hilft uns der Massospondylus, der vielleicht auf der Suche nach Wasser und Futter in der Wüste umgekommen ist, neue Lagerstätten von Stoffen zu finden, die unsere Industriegesellschaft am Leben halten", sagt Diplom-Geologe Holzförster.

Der Fund sei ein wichtiges Zwischenresultat der Kooperation zwischen deutschen, britischen und südafrikanischen Universitäten sowie namibischen Institutionen in der geowissenschaftlichen Forschung. Das eigentliche Ziel dieser Forschungsarbeiten bestehe darin, die Abfolge einer Serie von Einzelereignissen zu rekonstruieren, die über einen Zeitraum von mehreren Millionen Jahren hinweg zur Öffnung des Südatlantiks und dem Auseinanderdriften von Afrika und Südamerika führten.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.