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News: Einfach nur sprühen

Es ist ein großes Problem beim Einsatz von Antibiotika, daß sich immer wieder resistente Bakterien entwickeln. Auch die Angst vor erneuten Pestepidemien entspringt dieser beunruhigenden Tatsache. Jetzt wurde ein hochwirksamer Impfstoff gegen den 'Schwarzen Tod' entwickelt, der sich vielleicht sogar ganz einfach als Nasenspray verabreichen läßt - wenn die Versuchsreihen an Menschen halten, was erste Ergebnisse an Mäusen versprechen. Im nächsten Jahr beginnen die britischen Wissenschaftler mit den klinischen Versuchsreihen.
Im 14. Jahrhundert stellte die Beulenpest eine der schlimmsten Seuchen dar. Etwa ein Drittel der Bevölkerung Europas wurde damals ausgerottet. Heute treten weltweit im Jahr zwischen ein- und zweitausend Fälle von Pest auf. Hervorgerufen wird sie durch das Bakterium Yersinia pestis, das von Flöhen auf Nagetieren verbreitet wird. Bei Menschen wird die Krankheit aber auch per Tröpfcheninfektion weitergegeben, so daß die Bakterien sich direkt in den Lungen festsetzen können. Diese Lungenpest verbreitet sich schneller und ist noch tödlicher als die Beulenpest. Sie war die hauptsächliche Ursache des "Schwarzen Todes".

Mit den heutigen Antibiotika können Ärzte dem Schwarzen Tod erfolgreich entgegentreten – wenn die Behandlung innerhalb von 18 Stunden nach der Infektion erfolgt. Doch im letzten Jahr entdeckten Wissenschaftler auf Madagaskar Pestbakterien, die insgesamt fünf verschiedene Gene für Antibiotikaresistenz in sich trugen. Damit war eine durch solche Bakterien hervorgerufene Lungenpestepidemie plötzlich wieder in den Bereich des Möglichen geraten.

Viele Forscher setzen ihre Hoffnungen auf effektive Impfstoffe. Aber der einzige Stoff, der bisher lizensiert wurde, ist nur bei etwa der Hälfte der Empfänger wirksam. Ein vielversprechenderes Serum wird im nächsten Jahr in die klinische Erprobung gehen – doch dieses Medikament muß den Patienten injiziert werden. Nach Meinung von Rick Titball von der britischen Defence Evaluation Research Agency in Porton Down würde dies große logistische Probleme bei einem Großeinsatz mit sich bringen. Nach seiner Meinung müßte ein idealer Impfstoff so verabreicht werden können, daß er auf die Auskleidungsgewebe des Verdauungs- oder Atemsystems abzielt.

Genau daran arbeiten H. Oya Alpar und ihre Kollegen von der Aston University in Birmingham. Sie isolierten ein Oberflächenprotein von Yersinia pestis und kombinierten es mit einem anderen, das von diesem Bakterium abgesondert wurde. Um zu verhindern, daß die Proteine von Enzymen zersetzt werden, bevor sie ihr Ziel im Körper erreicht haben, wurden Hüllen aus Milchsäurepolymeren genutzt.

Nach Aussage der Wissenschaftler wurden Mäuse, deren Nasen und Rachenräume mit dem neuen Medikament behandelt wurden, dadurch vollständig vor einer Ansteckung durch Einatmen von Yersinia pestis geschützt (Vaccine, Ausgabe vom 1. Dezember 1998, Originalartikel im pdf-Format/Acrobat-Reader). Die Untersuchungen zeigten, daß aus den Kapseln über einige Wochen die wirksamen Proteine freigesetzt wurden. Die Mäuse produzierten zwei Typen von Antikörpern: Der eine wurde von den Zellen der Darm- und Atemwegsauskleidung ausgeschieden, der andere fand sich im Blutkreislauf.

Oya Alpar ist der Meinung, daß ein Nasenspray, das auf der Basis dieses Impfstoffes entwickelt wird, ein mögliches Mittel sein könnte, um Menschen vor der Lungenpest zu schützen, und plant in dieser Richtung klinische Tests durchzuführen.

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