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News: Elektrischer Ozonschwund

Die chemischen Reaktionen, die in den höheren Atmosphärenschichten zur Bildung des Ozonlochs führen, sind noch längst nicht alle durchschaut - immer noch finden Chemiker weitere Fäden im verzwickten Netzwerk der Umsetzungen, an denen atmosphärische Spurenstoffe wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) und Gase wie Ozon und Sauerstoff beteiligt sind. Eine italienische Arbeitsgruppe in Rom hat jetzt erstmals die Reaktionen zwischen FCKWs und elektrisch geladenen Atmosphärenmolekülen untersucht - diese Teilchen spielen demnach eine wichtigere Rolle als bislang angenommen.
Der Nachweis von atmosphärischen Spurenmolekülen gelingt sehr gut mit sogenannten Massenspektrometern, also Meßgeräten, die Moleküle anhand ihrer Masse identifizieren; dies mit einer Empfindlichkeit, die sie ein einziges Haar unter den Haaren aller Menschen der Erde erkennen lassen würden. Seit man Massenspektrometer auf Raketen montieren kann, weiß man, daß Atmosphärenmoleküle, die durch den Einfluß der ionisierenden Höhenstrahlung aus dem Weltraum im Gegensatz zu ihrer normalen Erscheinung elektrisch aufgeladen sind, offenbar eine wichtige Rolle in der komplexen Atmosphärenchemie spielen – sie können die Lebensdauer von Schadmolekülen in der Luft begrenzen.

Was aus den Reaktionen von FCKWs mit diesen geladenen Teilchen entsteht, hat man bislang allerdings noch nicht untersucht. Dies haben Giulia de Petris von der University of Rome "La Sapienza" und seine Mitarbeiter nun nachgeholt – ebenfalls mit einem Massenspektrometer. Als typisches Beispiel für einen Fluorchlorkohlenwasserstoff untersuchten sie Dichlorfluormethan (R21 oder Halon 1120) in einem Gasgemisch aus elektrisch geladenem Ozon und Sauerstoff. Das Ergebnis: Das Ozon übertrug in diesen Experimenten seine elektrische Ladung auf das FCKW-Molekül und ging eine schwache chemische Bindung mit diesem Teilchen ein. Das Produkt dieser Reaktion zersetzte sich daraufhin zu Kohlenmonoxid und einem weiteren geladenen Molekül. Das Ozon wurde bei dieser Reaktion zerstört. Dieses Ergebnis kam für die Chemiker so unerwartet, daß sie ihre Befunde erst glaubten, nachdem sie sie mit aufwendigen Computerberechnungen nachgestellt hatten.

Das Ozonloch wird durch diese Befunde sicher nicht größer als es bereits ist, aber die Atmosphärenforscher werden ihre Rechenmodelle mit de Petris Ergebnissen in Zukunft noch weiter verfeinern können.

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