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News: Genetischer Pflanzenschutz

Bislang kommen in der Landwirtschaft vor allem konventionelle, chemische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, die teilweise erhebliche Nebenwirkungen auf Flora und Fauna besitzen. Aber vielleicht gehört die chemische Keule bald der Vergangenheit an, denn Forschern ist es gelungen, neue genetische Kontrollelemente zu entwickeln, die Gene genau in jenen Gewebsbereichen aktivieren, in denen eine Pflanze von Krankheitserregern befallen ist. So lassen sich spezifische Abwehrreaktionen in den Pflanzen auslösen, die sie letztendlich widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge machen.
Weltweit vernichten Pflanzenkrankheiten und Schadinsekten rund ein Drittel der gesamten Ernte. Um diesen Schaden zu begrenzen, werden bislang konventionelle Pflanzenschutzmittel, wie Fungizide oder Insektizide, eingesetzt. Darüber hinaus versuchen Forscher in der Pflanzenzüchtung mit Hilfe biotechnologischer Methoden, die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen gegenüber Schädlingen wie Pilzen, Bakterien oder Viren zu erhöhen. Dazu werden Gene in die Pflanzen eingeschleust, deren Produkte entweder für einen Fraßschädling giftig sind oder welche die Abwehrreaktion der Pflanze steigern, beispielsweise indem sie eine Verdickung der Zellwände rund um die Infektionsstelle einleiten.

Dem eingebauten Gen wird dabei immer auch ein genetisches Kontrollelement, ein so genannter Promotor, vorgeschaltet. Die Nucleotidsequenz eines solchen Promotors umfasst in der Regel etwa tausend DNA-Basenpaare. Sie zeigt der RNA-Polymerase an, wo sie mit der Transkription, quasi dem Ablesen der Gensequenz, beginnen muss. Die bisher verwendeten Promotoren haben den Nachteil, dass das Gen in verschiedenen Pflanzengeweben aktiviert werden kann – also auch an Stellen, die gesund sind. Dies wiederum kann unter Umständen zu negativen Effekten hinsichtlich des Pflanzenwachstums und damit des Ertrags führen.

Grund genug also, einen Weg zu finden, um die Gen-Aktivität lokal auf die Angriffsstelle des Erregers zu begrenzen und so die pflanzliche Abwehr effektiver zu gestalten. Forscher des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung in Köln um Paul Rushton nahmen sich dieser Aufgabe an und konstruierten eine ganze Reihe von synthetischen Promotoren, die jeweils aus mehreren kleinen, genau definierten DNA-Elementen mit einer Länge von nur noch etwa 30 Basenpaaren bestehen. Diese neuartigen Promotoren führen tatsächlich zu einer hohen lokalen Gen-Aktivität rund um die von Schadpilzen und Bakterien herbeigeführten Infektionsstellen. Besonders wichtig war der Nachweis, dass die synthetischen Promotoren auch unterschiedlich stark auf verschiedene Angreifer reagieren.

Als Testsystem benutzten die Forscher ein Gen für einen Farbstoff in Kombination mit dem jeweiligen synthetischen Promotor. Wird das eingeschleuste Gen in einer Pflanze aktiviert, so bildet es einen blauen Farbstoff. Die auf diese Weise veränderten Modell-Pflanzen – hierbei handelte es sich um die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana – wurden anschließend mit verschiedenen Schädlingen infiziert, unter anderem dem Echten Mehltaupilz sowie den Bakterienbrand auslösenden Bakterien. Für beide Erreger ist die Ackerschmalwand sehr anfällig, das heißt, die Pflanze wird normalerweise bei Befall nahezu vollständig vernichtet. In den Untersuchungen zeigten sich jedoch nur winzige lokale Blaufärbungen auf den Blättern. Dies war ein Nachweis dafür, dass das Farbstoff-Gen genau an den Stellen aktiv war, an denen der Schädling versuchte, in die Pflanze einzudringen.

Die DNA-Elemente, welche die Kölner Forscher zur Synthese der Promotoren verwendet haben, stammen ursprünglich von natürlichen Promotoren, welche die Transkription bestimmter Abwehrgene bei Kartoffel- und Petersilie-Pflanzen einleiten. Aufgrund der Reihenfolge der DNA-Basen unterscheiden die Wissenschaftler zwischen so genannten W-, S- und D-Elementen, von denen sie in einem ersten Ansatz jeweils vier Elemente von jedem Typ miteinander kombinierten. Diese "künstlichen" Promotoren sind jedoch sehr leicht aktivierbar und können auch durch andere Faktoren, wie beispielsweise eine mechanische Verletzung, geschaltet werden. In einem zweiten Versuchsansatz verringerten die Biologen die Zahl der DNA-Elemente und kombinierten sie auch untereinander: Als am besten geeignete Promotoren erwiesen sich jene, die aus nur zwei W-, zwei S- sowie zwei D-Elementen bestanden.

Die Ergebnisse liefern über die Möglichkeit eines neuen Pflanzenschutzes hinaus auch neue Einblicke in den pflanzlichen Signalprozess während einer Abwehrreaktion. Demnach kann der gleiche Genschalter sowohl Wundreaktionen wie auch Abwehrreaktionen auf Schädlinge einleiten, wobei schon der Austausch eines einzigen DNA-Basenpaars zu einer deutlich veränderten Aktivität führen kann. Neueste Untersuchungen der Forscher deuten darauf hin, dass diese synthetischen Promotoren auch in Gerste- und Tabak-Pflanzen aktiv sind. Dies bestärkt die Kölner Arbeitsgruppe in der Annahme, dass sie sich als wirksames Mittel einsetzen ließen, um Nutzpflanzen erfolgreich gegen Pflanzenkrankheiten zu schützen.

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