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News: Kein Problem mit Selen

Schon lange schreibt man Selen im Körper Schutzfunktionen zu. Ein molekularer Mechanismus, durch den es der Krebsentstehung vorbeugt, wurde aber erst jetzt entdeckt.
Selen steht erst seit 1957 auf der Liste lebenswichtiger Spurenelemente. Man zählt es, wie auch viele Vitamine, zu der Gruppe der Antioxidantien, die Zellen vor schädlichen Einflüssen – zum Beispiel vor freien Radikalen – schützen.

Die Selenzufuhr aus der Nahrung ist in Mitteleuropa eher gering und unterliegt darüber hinaus je nach Region und Essgewohnheiten auch großen Schwankungen. Viele Fachleute raten deshalb, die durchschnittliche tägliche Aufnahme von etwa 50 Mikrogramm durch Nahrungsergänzungsmittel (chemisch gebunden als Selenomethionin, denn elementares Selen ist giftig) auf 100 Mikrogramm zu erhöhen, um die schützenden Funktionen des Selens vollständig zu erhalten. Bei bestimmten Erkrankungen, wie beispielsweise Krebs, wird mehr Selen benötigt, weshalb Ärzte in diesem Fall sogar bis zu 300 Mikrogramm pro Tag empfehlen.

Denn Selen gilt schon lange als krebsvorbeugend, wobei außer der recht unspezifischen "radikalfangenden" Wirkung noch kein molekularer Mechanismus bekannt war. Martin Smith und seinen Kollegen der Indiana University gelang es jetzt, etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen. Sie vermuteten einen Zusammenhang mit dem so genannten Tumorsuppressorprotein p53, welches in der Lage ist, quasi als Notbremse das Wachstum von Zellen zu stoppen, wenn deren DNA durch Mutationen zu stark beschädigt ist. Darüber hinaus aktiviert es eine Reihe anderer Enzyme, welche die Schäden an der Erbsubstanz wieder beheben.

In ihren Versuchen mit Zellkulturen stellten die Forscher fest, dass selenbehandelte Zellen deutlich besser mit solchen Reparaturenzymen ausgestattet waren als unbehandelte. Da das Selenomethionin selbst nachweislich keine DNA-Schäden verursacht, die einen solchen Anstieg auslösen könnten, vermuteten die Forscher den Grund dafür in der Aktivierung des Proteins p53. Als sie Zellen, die kein p53 bilden konnten, mit Selenomethionin behandelten, wurde ihre Annahme bestätigt: Die Konzentration der Reparaturenzymen veränderte sich nicht.

Der Auslöser scheint zu sein, dass die Selenverbindung bestimmte schwefelhaltigen Aminosäuren des Proteins reduzieren – anschließend wird das Signal über das Protein Redoxfaktor-1 an die Reparaturenzyme weitergegeben. Dieser Redoxfaktor ist ebenfalls essenziell, denn als ihn die Forscher aus den Zellen entfernten, konnten sie außer der Reduktion des p53 keine weiteren selenvermittelten Wirkungen mehr feststellen.

In einem anderen Versuch bestrahlten Smith und seine Kollegen die Zellkulturen mit starkem UV-Licht, um die Reparaturfähigkeit der Zellen schließlich "im Ernstfall" zu testen. Die Ergebnisse entsprachen ihren Erwartungen: Die selenbehandelten Zellen vertrugen deutlich höhere Strahlendosen als die unbehandelten. Darüber hinaus zeigten Ergebnisse erneut, dass die Wirkung über das Protein p53 vermittelt wird. Denn bei Zellen, welche dieses Protein nicht bilden können, brachte auch eine Behandlung mit Selen keinerlei Vorteile.

Da das Tumorsuppressorgen p53 allerdings in über 50 Prozent der menschlichen Tumoren defekt ist – weshalb sich die entarteten Zellen auch ungebremst immer weiter teilen –, ist Selen zur Krebsvorbeugung zwar vermutlich gut geeignet, bei bereits vorhandenen Tumoren aber allenfalls noch über andere Mechanismen wirksam.

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