Direkt zum Inhalt

News: Klug durch Gentechnik?

Klüger durch Gentechnik - ein Sciencefiction-Szenario? Nicht wirklich, denn zumindest für Mäuse ist die Vorstellung schon Realität geworden. Genmanipulierte Tiere, die ein für neuronales Wachstum wichtiges Protein verstärkt exprimieren, zeigen in Lern- und Gedächtnistests deutlich bessere Leistungen als ihre 'normalen' Artgenossen.
Eigentlich lustig, wenn man bedenkt, dass der Mensch mit seiner Intelligenz – mit seinem Gehirn – versucht, die Geheimnisse der Welt aufzuklären, aber immer noch so weit davon entfernt ist, die Funktion des Instrumentes selber zu verstehen. Grundlegende Dinge sind nach wie vor nicht eindeutig geklärt: Wie speichert das Gehirn Informationen? Was sind die Prinzipien von Lernen und Erinnerungen? Wissenschaftler der Northwestern University haben nun zumindest ein weiteres Puzzleteilchen gefunden, aus dem vielleicht einmal ein vollständiges Bild entstehen wird.

Die Forscher um Aryeh Routtenberg arbeiteten mit dem growth associated protein (GAP-43), das ausschließlich in Nervenzellen vorhanden ist. Sie wollten klären, ob das Molekül, das für das Wachstum der Neuronen in der frühen Entwicklung des Gehirns und in späteren Regenarationsprozessen nötig ist, auch eine Rolle für das Lernen und das Gedächtnis spielt. Zu diesem Zweck stellten die Forscher genmanipulierte Mäuse her, die GAP-43 in verschiedenen Formen überexprimierten – also in größeren Mengen als gewöhnlich herstellten.

In Labyrinth-Versuchen testeten sie die Lernfähigkeit und das räumliche Erinnerungsvermögen der normalen Mäuse sowie der genetisch veränderten Nager. Dabei zeigte sich, dass Versuchstiere, die zusätzlich zum normalen GAP-43 noch eine phosphorylierbare Form des Proteins überexprimierten, ihre Aufgaben deutlich besser und schneller erfüllten als ihre unveränderten Artgenossen. Mäuse, die allerdings eine nicht phosphorylierbare GAP-43-Form überproduzierten, zeigten keine besseren Leistungen (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 20. Juni 2000).

"Das ist der erste Hinweis darauf, dass GAP-43 wirklich das Lernen reguliert", erklärt Routtenberg. "Dies tut es, in dem es die Lerngeschwindigkeit steigert." Außerdem meint er, dass "dies ein dramatisches Beispiel dafür ist, wie eine Mutation die Lernfähigkeit eines Tieres beeinflussen kann, da der genetische Unterschied zwischen den klugen und den langsameren Mäusen, die GAP-43 nicht phosphorylieren können, nur ein Basenpaar beträgt."

In weiteren Versuchen wollten Routtenberg und seine Kollegen klären, ob tatsächliche Unterschiede in den neuronalen Netzwerken zwischen den verschiedenen Mäusen bestanden. Ihre Messungen ergaben, dass die Tiere mit erhöhtem phosphorylierbarem GAP-43-Gehalt eine deutlich verstärkte Langzeitpotenzierung nach den Lern- und Gedächtnistest aufwiesen. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass sich während des Lernens die Kommunikation der Nervenzellen untereinander verändert, wodurch sich neuronale Netzwerke bilden, die für das Speichern der Information nötig sind.

"Es könnte sein, dass GAP-43 auf ähnliche Weise wie Insulin wirkt", vermutet Routtenberg. "Durch eine Vereinfachung des metabolischen Prozesses verstärkt es die synaptische Kommunikation und erhöht die Geschwindigkeit, mit der Erinnerungen gespeichert werden."

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.