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News: Problem eingekreist

Viele mathematischen Probleme sehen zunächst ganz einfach aus, entpuppen sich bei näherer Betrachtung aber als Gordischer Knoten. Selbst gescheite Köpfe scheitern häufig beim Versuch, eine derartige Aufgabe zu lösen. So dauert es nicht selten einige Hundert Jahre, bis eine Lösung in Sicht ist - wenn überhaupt eine gefunden wird. Ein derart harte Nuss stellt auch die Catalansche Vermutung dar. 1844 von Eugène Charles Catalan veröffentlicht, beschäftigt sie die Mathematiker bis heute. Pedra Mihailescu hat nun das Problem eingekreist, so dass die Köpfe der Theoretiker vermutlich nicht mehr allzu lange rauchen müssen.
Die Catalansche Vermutung besagt, dass es unter allen Potenzen ganzer Zahlen nur ein aufeinander folgendes Paar gibt – die Zahlen acht und neun. Würde es mehrere solcher Zahlenpaare geben, so müssten sie der Gleichung xp – yq = 1 genügen, wobei x, y, p und q alle größer als eins sind. Für die Zahlen acht und neun existiert die Lösung: 32 – 23 = 1 – aber gibt es vielleicht auch mehrere solcher Zahlen?

Catalan war vermutlich noch nicht einmal der Erste, der sich mit dieser Frage beschäftigte. Bereits um 1320 zeigte Levi ben Gerson, dass acht und neun die einzig möglichen aufeinander folgenden Potenzen von zwei und drei sind. Einige Jahrhunderte später fand Leonard Euler heraus, dass die Gleichung x2 – y3 = ±1 nur durch x = 3 und y = 2 gelöst wird. Catalan fasst also in seiner Vermutung mehrere Ergebnisse zu einer allgemeinen Annahme für alle Potenzen zusammen. An einem Beweis hat er selbst aber wohl nie gearbeitet – vielleicht ahnte er schon, wie knifflig er wäre.

Robert Tijdeman von der University of Leiden gelang 1979 der erste bedeutsame Schritt in Richtung einer Lösung der Aufgabe. Er stellte fest: Ist die Vermutung nicht wahr, dann gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Lösungen und nicht unendlich viele. Daraus folgt dann, dass die Exponenten p und q kleiner als eine bestimmte Zahl sein müssen, auch wenn diese sehr, sehr groß sein kann.

In der Folgezeit haben Mathematiker viel Zeit darin investiert, diese obere Grenze immer weiter nach unten zu drücken. Erst im letzten Jahr hat Maurice Mignotte von der Université Louis Pasteur in Straßburg herausgefunden, dass p kleiner als 7,15 x 1011 und q kleiner als 7,78 x 1016 sein muss. Rechnungen mit Hilfe von Computern zeigten außerdem, dass es keine aufeinander folgenden Potenzen außer acht und neun für p und q jeweils kleiner als 107 gibt.

Schließlich konnte nun Pedra Mihailescu von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich beweisen, dass nur so genannte doppelte Wieferich Primzahlen als Exponenten p und q für die Lösung der Catalansche Gleichung in Frage kommen (Journal of Number Theory in einer kommenden Ausgabe). Diese Zahlenpaare p und q sind folgendermaßen definiert: Teilt man p(q-1) durch q2, so bleibt ein Rest von eins übrig. Dividiert man q(p-1) durch p2, so muss ebenfalls ein Rest von eins verbleiben. Bislang haben Wissenschaftler nur sechs solche Zahlenpaare gefunden: 2 und 1 039; 3 und 1 006 003; 5 und 1 645 333 507; 83 und 4 871; 911 und 318 917 sowie 2 903 und 18 787. Alle diese Zahlen liegen bislang außerhalb des von Mignotte bestimmten relevanten Bereichs für die Catalansche Vermutung. "Dies ist ein sehr wichtiger Beitrag", äußert sich der Mathematiker Andrew Granville von der University of Georgia in Athens. Die Arbeit rückt die Lösung der Catalanschen Vermutung in eine absehbare Zukunft, bemerkt er.

"Doppelte Wieferich Primzahlen sind äußerst rar", meint Ray Steiner von der Bowling Green State University in Ohio. "Mihailescus Arbeit macht es wahrscheinlich, dass es nur einige wenige Paare geben kann, welche die Catalansche Gleichung lösen." Ensor Computing hat bereits sehr große Anstrengungen unternommen, weitere dieser Zahlenpaare zu finden. Der aktuelle Status der Suche ist über die Homepage der Firma abrufbar. Es steht auch ein kleines Linux-Programm als Download zur Verfügung, mit dem sich jeder Interessent auf heimischem Rechner an der Suche beteiligen kann. Die Masse macht's dabei – je mehr sich beteiligen, um so schneller ist die Sisyphosarbeit bewältigt. Und die Aufgabe ist gewaltig. Ganze 1020 Paare wollen untersucht werden.

Nichtsdestotrotz ist es aber durchaus möglich, dass ein theoretischer Ansatz schneller zum Erfolg führt als die Rechnung mit dem Computer. Vielleicht bedarf es nur noch etwas Schläue, um aus den vorhandenen Ergebnissen die richtigen Schlüsse ziehen zu können, meint Granville.

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