Direkt zum Inhalt

News: Quantensprung

Quantencomputer geistern schon eine ganze Weile durch die Köpfe der Wissenschaftler, doch zu deren Verwirklichung müsste man in der Lage sein, die Drehimpulse der Elektronen gezielt zu manipulieren. Immerhin gelang es japanischen Forschern nun erstmals, einen 'Permanentmagneten' an- und abzuschalten. Dass man auf diese Weise auch die magnetischen Eigenschaften der Elektronen nutzen könnte, liegt also ziemlich nahe.
Noch funktioniert die Sache nur bei Temperaturen um die minus 250 Grad Celsius, weniger sensationell ist sie deshalb jedoch nicht. Die Rede ist von einem Halbleiter, der sich durch das Anlegen einer Spannung in einen Magneten verwandelt. Was Hideo Ohno und seinen Kollegen vom Laboratory for Electronic Intelligent Systems der Tohoku University in ihrem Experiment gelungen ist, könnte ein wahrlicher Quantensprung für die so genannte Spintronik sein. In ein und demselben Chip könnten dann Mikroprozessor und Speicher vereint sein und in den kühnsten Träumen werden schon die magnetischen Eigenschaften einzelner Elektronen genutzt.

Normale Halbleiter bestehen beispielsweise aus einer Verbindung des Metalls Indium mit dem Halbmetall Arsen. Dieses Indiumarsenid hat keinerlei magnetische Eigenschaften, doch lässt sich dies durch die Zugabe von Mangan ändern. Jedes einzelne Manganatom ist für sich genommen ein winziger Magnet, indem es die Elektronen der Umgebung an sich zieht. Zurück bleiben Leerstellen, die sich – aufgrund der fehlenden negativen Ladung – wie positiv geladene Teilchen verhalten. Folglich orientieren sich die Miniaturmagneten aller Manganatome in eine Richtung, wodurch der Werkstoff magnetische Eigenschaften erhält.

Wenn es nun gelänge, diese Leerstellen zu neutralisieren, dann müsste man den Dauermagnet an- und abschalten können. Ohno und seine Mitarbeiter stellten daraufhin eine nur fünf Nanometer dicke Schicht aus Indium-Mangan-Arsenid her (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter), platzierten sie auf einem Galliumarsenid-Chip und legten eine hohe positive Spannung an den Halbleiter an. Und tatsächlich verlor das Material mit einem Mal seine magnetischen Eigenschaften. Allerdings nicht dauerhaft, denn sobald die Forscher den Strom abstellten, wurde das Material erneut magnetisch. Was dabei genau passiert, ist noch ungewiss. Ohno vermutet, dass die positive Spannung die gleichfalls "positiv geladenen" Leerstellen aus dem Mangan in das umliegenden Indiumarsenid verdrängt – denn gleiche Ladungen stoßen sich ab. Nach dem Abschalten wandern die Leerstellen dann in ihre ursprüngliche Position zurück (Nature vom 21./28. Dezember 2000).

"Dabei haben Können und Zufall eine Rolle gespielt – ich schätze, es war vor allem das Können", meint Paul Crowell von der School of Physics and Astronomy der University of Minnesota. Die Mangankonzentration muss in dem Material nämlich ganz genau stimmen. Ist sie zu niedrig, kommt es nicht zur Magnetisierung, ist sie indes zu hoch, können die Leerstellen nicht mehr in ihre Ausgangsposition zurückkehren. Dann ließe sich die Magnetisierung durch das Anlegen der Spannung nicht abschalten. Den Forschern gelang es damit zum ersten Mal, einen Permanentmagneten ein- und auszuschalten.

Solche schaltbaren Halbleitermagnente könnten innerhalb von Mikrochips als Speicher wirken. Vielleicht kann man auf diese Weise eines Tages sogar die Elektronen in einem Chip polarisieren, sodass sich die magnetischen Eigenschaften einzelner Elektronen nutzen ließen. Elektronen besitzen nämlich außer ihrer Ladung auch einen Drehimpuls, den Spin. Er vermittelt den Magnetismus im Festkörper. Wenn man erst einmal in der Lage ist, diese Eigenschaften kontrolliert zu steuern, dann hören die völlig neuartigen und leistungsfähigen Quantencomputer auf, bloße Phantasie zu sein.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.