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News: Saures macht den Weg frei

Es ist winzig wie ein Stecknadelkopf und dennoch steckt es voller Ideen. Das neuartige Mikroventil, das Forscher jüngst entwickelten, besteht aus gummiartigem Hydrogel, das je nach Säuregrad der umgebenden Flüssigkeit anschwillt oder sich zusammen zieht. Auf diese Weise öffnet und schließt sich das Ventil. Eingebaut in die Kanäle von Mikrofluid-Systemen könnte so die Fließrichtung von Flüssigkeiten kontrolliert werden.
Gerichtsmedizinern oder Umweltanalytikern stehen oft nur kleinste Probenmengen zur Verfügung. Statt mit großen Maschinen arbeiten sie daher immer häufiger mit miniaturisierten Analysegeräten, zum Beispiel Mikrofluid-Systemen. In solchen Systemen befördern Minipumpen auf kleinen Siliziumchips flüssiges oder gasförmiges Untersuchungsmaterial durch ein Netzwerk von Mikrokanälen. Doch wer stellt die Weichen für die Fahrtrichtung der Flüssigkeiten?

David Beebe und seine Kollegen von der University of Wisconsin-Madison fanden eine Lösung, indem sie der Natur auf die Finger schauten. Im Blutkreislauf der Lebewesen regulieren bestimmte Ventilsysteme den Blutstrom. Im Herz garantieren sie beispielsweise, dass Blut nur in die Arterien hinein, aber nicht zurück fließen kann. Die amerikanischen Forscher setzten diese Methode in einem Mikrofluid-System um. Durch Photopolymerisation integrierten sie Mikroventile an ganz bestimmten Stellen der Kanäle auf dem Chip. Die nur 1,5  Millimeter großen Ventile bestehen aus einem neuartigen Hydrogel. Das gummiartige Material saugt sich in alkalischer Umgebung mit Wasser voll, im sauren Milieu schrumpft es hingegen. So schließt das Ventil automatisch, sobald der pH-Wert auf 8 ansteigt.

Doch wie im lebenden Organismus soll so ein Ventil idealerweise nur in eine Richtung wirken. Und auch das gelang den Forschern, denn sie entwickelten eine Art "Rückschlagventil". Dazu verschlossen sie den Kanal nur zum Teil mit einem V-förmigen Barrierenpaar, ähnlich einer Herzklappe. Die beiden Lappen aus dem Hydrogel sitzen fest auf einer Polymerunterlage, laufen schräg aufeinander zu und berühren sich an den Spitzen. Wird die durchströmende Flüssigkeit alkalisch, dehnen sich die Gelschranken aus und blockieren den Strom. Wenn der Druck groß genug ist und die Flüssigkeit in Richtung der V-Spitze fließt, kann sie die Barrieren noch auseinander drücken. In der anderen Richtung – entgegen der V-Spitze – presst der Strom die Barrieren dagegen noch enger zusammen. Zur Kontrolle legten die Wissenschaftler einen Flüssigkeitsdruck von etwa 4,9  Kilopascal an – der normale Blutdruck beträgt zum Vergleich circa 10 bis 16  Kilopascal. Die gemessene Fließgeschwindigkeit betrug in Vorwärtsrichtung 140  Mikroliter pro Minute, verglichen mit 2,3  Mikroliter in der anderen Richtung. Nur in einer Fließrichtung wird die Blockierung also aufgehoben, in der entgegengesetzten nicht. Erst wenn die Flüssigkeit wieder sauer ist, schrumpft das Gel und der Weg in beide Richtungen ist offen.

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