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News: Schon vor der Geburt im Streß

Es gibt wenig Zweifel, daß frühe Erfahrungen einen grundlegenden Einfluß auf alle Aspekte unserer Entwicklung haben. Frühe Erfahrungen von Streß scheinen keine Ausnahme zu sein. Die Beweise häufen sich, daß Streß, dem die Mutter während der Schwangerschaft ausgesetzt ist, das Verhalten des Kindes im Erwachsenenleben beeinflussen kann.
Ein Bericht im Journal of Neuroscience vom 1. März 1998 zeigt nun, wie vorgeburtlicher Streß, zumindest bei Ratten, die Chemie im Gehirn beeinflussen kann, die der Streßreaktion zugrundeliegt. Frühe Erfahrungen können langanhaltende Veränderungen in der Verhaltens- und Hormonreaktion auf Streß verursachen.

Es gibt viele anekdotenhafte Indizien dafür, daß Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft Streß ausgesetzt sind, langfristig Vehaltensabnormalitäten aufweisen. Da eine Untersuchung an Menschen schwierig ist, haben Jamie C. Day und seine Kollegen von der Université Victor Segalen Bordeaux in Frankreich die Auswirkungen von Streß bei Ratten untersucht.

Sie untersuchten zwei Hirnsubstanzen, die an der Reaktion auf Streß beteiligt sind. Acetylcholin (ACh) wird normalerweise als Reaktion auf Streß freigesetzt, und seine Basiskonzentration beeinflußt wahrscheinlich den allgemeinen emotionalen Zustand. Eine andere Substanz, der Corticotropin-freisetzende Faktor, steuert die Streßreaktion zentral und beeinflußt dadurch die Freisetzung des Streßhormons. Die Forscher glaubten, daß Veränderungen in den Interaktionen zwischen diesen beiden chemischen Systemen an den Verhaltensveränderungen beteiligt sein könnten.

Sie untersuchten die Menge dieser beiden Chemikalien, die von Nachkommen von Ratten erzeugt wurde, die während ihrer Embryonalzeit Streß ausgesetzt waren. In diesem Falle bedeutet "Streß", daß die schwangeren Ratten dreimal täglich mit hellem Licht angestrahlt wurden. Wurde später der Nachwuchs dieser Ratten gestreßt, dann erzeugte er mehr ACh und Corticotropin-freisetzenden Faktor als normal. Männchen reagierten beinahe sofort mit erhöhten Konzentrationen in der ersten Stunde, nachdem sie Streß ausgesetzt waren. Weibchen hingegen zeigten eine um zwei bis drei Stunden verzögerte Reaktion, nachdem sie gestreßt wurden.

Nach Ansicht der Forscher zeigen ihre Experimente, daß vorgeburtlicher Streß langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung der Gehirnteile hat, die für die Streßreaktion verantwortlich sind. Die Wissenschaftler behaupten auch, daß die vor der Geburt gestreßten Ratten viele Symptome von Depression aufwiesen. Sie glauben, daß die chemischen Veränderungen im Rattengehirn als Reaktion auf vorgeburtlichen Streß dazu beitragen könnten, latente Depression zu verstehen.

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