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News: Tödliches Trio

Von der lokalen Gefahr für einzelne Menschen durch Nahrungsmittelverunreinigungen hat sich das Botulinustoxin heute zu einer weltweiten Bedrohung durch terroristische Attacken gewandelt. Jetzt gibt es womöglich ein Gegenmittel, das im Gegensatz zu den bisherigen Medikamenten auch in den gegebenfalls benötigten großen Mengen hergestellt werden könnte.
Die Angst vor terroristischen Angriffen mit Biowaffen wächst. Zu den gefürchteten Kandidaten für eine Attacke zählt auch das Botulinustoxin, ein Stoffwechselprodukt des Bodenbakteriums Clostridium botulinum. Nur ein Gramm des stärksten bekannten Giftes, fein verteilt, reicht aus, eine Million Menschen zu töten. Das Toxin bindet an motorische Nervenzellen, zerstört im Zellinnern wichtige Proteine und verhindert, dass der Botenstoff Acetylcholin freigesetzt wird. Die Folge sind zunehmende Muskellähmungen, die letztendlich zum Tod durch Atemstillstand führen können.

Zwar gibt es Behandlungsmöglichkeiten, doch der dafür nötige langfristige Krankenhausaufenthalt und die Menge an Medikamenten wäre in einem Notfall mit vielen Betroffenen nicht bereitzustellen. Eine Impfung wiederum verbietet sich, da das Botulinustoxin – gering dosiert – in der Medizin zur Behandlung von Muskelstörungen dient. Denn hier ist seine lähmende Wirkung durchaus erwünscht, um überaktive Muskeln zu bremsen.

Die Suche nach einem wirksamen Gegenmittel, das sich zudem in großen Mengen herstellen lässt, beschäftigte auch Wissenschaftler um James Marks von der University of California in San Francisco. Die Forscher wählten als Ansatzpunkt so genannte rekombinante monoklonale Antikörper – von der körpereigenen Immunabwehr abgeleitete Moleküle, deren Bauanleitung in das Erbgut von Zelllinien eingeschleust wird und die sich so großtechnisch produzieren lassen.

Die Vorlage für die maßgeschneiderten Antikörper gewannen die Forscher aus Menschen und Mäusen, deren Immunsystem sie mit einer abgeschwächten Form des Giftes herausgefordert hatten. Als die Forscher die vielfältigen, an der Reaktion beteiligten Antikörper durchmusterten, blieben letztendlich drei Gruppen übrig, die das Toxin an verschiedenen, nicht überlappenden Stellen packen und neutralisieren.

Allein nicht so recht erfolgreich – kaum eine Maus überlebte eine Giftattacke, wenn sie nur einen Vertreter injiziert bekam –, erwiesen sich die drei Antikörper im Verbund als nahezu unschlagbar: Sie waren 90fach wirksamer als das bisher verwendete Gegenmittel. Offenbar erleichtert ein bereits an das Toxin gebundener Antikörper den anderen, sich ebenfalls anzuheften und so das Gift tatsächlich unschädlich zu machen. Denn ist seine Oberfläche besetzt mit Antikörpern, kann es nicht mehr an sein Ziel, die Nervenzelle, binden und eindringen.

Eine ähnliche synergistische Wirkung kennen Wissenschaftler auch von monoklonalen Antikörpern gegen das Tetanustoxin oder HIV-Infektionen. Sollte es sich dabei tatsächlich um einen grundlegenden Mechanismus handeln, ließen sich vielleicht auch andere Vergiftungen oder Infektionen mit solchen Medikamenten behandeln.

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