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Beobachtungstipp: Verfolgen Sie eine seltene Bedeckung in einem Doppelstern

Durch systematische Bestimmungen der Helligkeiten des veränderlichen Doppelsterns Zeta Aurigae können Sie mithelfen, die Eigenschaften und den genauen Aufbau dieses Systems zu bestimmen.
Das Exoplanetensystem Kepler-35

Zeta Aurigae im Sternbild Fuhrmann (lateinisch: Auriga) ist der Prototyp einer sehr exklusiven Gruppe von besonders langperiodischen veränderlichen Doppelsternen. Sie bedecken sich von uns aus gesehen gegenseitig. Eine Komponente des Systems ist ein leuchtkräftiger Roter Riese. Zeta Aurigae selbst hat eine Periode von etwa 972 Tagen, also rund 2,7 Jahren! Entsprechend haben diese Doppelsterne sehr ausgedehnte Bahnen. Damit ist geometrisch klar, dass es nur in wenigen Fällen bei solchen Systemen die richtige Orientierung gibt, bei der die eine Komponente die andere bedeckt. Die etwa acht gut untersuchten Systeme dieser Art – weitere Klubmitglieder am Nordhimmel sind 31 und 32 Cygni, HR 6902, Tau Perseii und 22 Vulpecula – sind eine einmalige Quelle von Informationen zu Radien und Massen der beteiligten Sterne. Vor allem für Riesensterne gibt es sonst nichts Vergleichbares.

Die fotometrische Erfassung vor allem der kompletten partiellen Phasen mit einer Dauer von rund einem Tag mittels einer großen Zahl gut verteilter Beobachtungen ergibt genaue Kontaktzeiten und dient zunächst einmal der Verbesserung der Werte der Radien und der Umlaufperiode. Besonders wertvoll sind daher Beobachtungen um den 24. bis 26. Oktober, hier beginnt das erwartete Eintrittsfenster des Begleiters, der dann hinter dem Roten Riesen verschwindet, und um den 28. November bis 4. Dezember. Dies ist das erwartete Austrittsfenster, allerdings weichen verschiedene Vorhersagen um mehrere Tage voneinander ab.

Aufsuchkarte für den Stern Zeta Aurigae im Sternbild Fuhrmann | Auf dieser invertierten Übersichtskarte – die leuchtenden Sterne erscheinen als schwarze Punkte – des Sternbilds Fuhrmann befindet sich der veränderliche Doppelstern Zeta Aurigae genau in der Bildmitte. Die Kantenlänge der Karte beträgt 15 Grad am Himmel, Norden ist oben. Der dicke schwarze Punkt oben ist Kapella, der Hauptstern des Fuhrmanns. Die Zahlen geben die Helligkeiten in Größenklassen an, »38« steht dabei beispielsweise für eine Helligkeit von 3,8 mag. Zur Abschätzung der aktuellen Helligkeit von Zeta Aurigae empfehlen sich Vergleichssterne mit ähnlichen Helligkeiten.

Die Verdunklung der Gesamthelligkeit beträgt nur knapp zwei Zehntel einer Größenklasse im sichtbaren Licht, ist aber schon viel deutlicher im blauen Bereich – fast 0,6 mag – denn der Begleiter ist ein blauer, heißer Stern vom Spektraltyp B. Vor allem fotografische Photometrie im Blaukanal einer digitalen Spiegelreflexkamera oder mit einem CCD und Johnson-B-Filter bringt daher gute Ergebnisse. Sie können jedoch gleichwohl an Hand einer rein visuellen Helligkeitsschätzung zwischen Bedeckung und Nichtbedeckung unterscheiden. Einzelheiten, auch zur Beobachtungstechnik, können Sie in dem Beobachtungsaufruf und auf den weiteren Internetseiten der BAV nachlesen, der Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für veränderliche Sterne.

Die lange Dauer der Totalität deutet bereits an, wie groß der Rote Riese sein muss; er kommt auf mehr als 150 Sonnendurchmesser. Der blaue Begleiter ist dagegen »nur« etwa fünfmal so groß wie die Sonne. Für die Wissenschaft sind bei diesem Ereignis vor allem die Wochen vor und nach der eigentlichen Verfinsterung sehr interessant, weil dann der Begleiter die ausgedehnte Chromosphäre des Riesensterns, also dessen transparente äußere Gashülle, von hinten durchleuchtet. Die spektroskopische Erfassung dieser chromosphärischen Bedeckungsphasen erlaubt eine genaue und geradezu einmalige Analyse des Dichte- und Temperaturverlaufs in der Chromosphäre des Riesensterns – wie bei einem Scan. Dabei werden aber die genauen Zeitpunkte der vier Kontakte der Bedeckung benötigt, um auch den exakten Nullpunkt der Höhenskala zu haben. Die Beteiligung an der Beobachtungskampagne der BAV hat also nicht nur Unterhaltungs- und Bildungswert, sondern hilft auch direkt der Wissenschaft.

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