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News: Was der Mond über die Sonne verrät

Noch längst haben die Gesteinsproben vom Mond nicht all ihre Geheimnisse preisgegeben. Jetzt haben Forscher darin die Konzentrationen eines radioaktiven Beryllium-Isotops gemessen und damit auf Prozesse in der Sonnenatmosphäre geschlossen.
Als 1972 zum letzten Mal Menschen vom Mond heimkehrten, hatten die Astronauten der Apollo-17-Mission 113 Kilogramm Mondgestein im Gepäck. Auch 30 Jahre später hat das Interesse an den Proben vom Mond nicht nachgelassen, und noch immer liefern die Mondproben wertvolle Erkenntnisse - diesmal über Prozesse in und auf der Sonne.

Kuni Nishiizumi von der University of California in Berkeley und Marc Caffee vom Lawrence Livermore National Laboratory hatten ein paar Hundert Milligramm Mondboden mit Säure behandelt und auf diese Weise ein bestimmtes Beryllium-Isotop von den Kornoberflächen gelöst. Dieses Beryllium-10 stammt aus dem All. Rund 99 Prozent davon geraten mit der kosmischen Strahlung auf den Mond, 0,7 bis 1,1 Prozent stammen von der Sonne, wo sie mit dem Sonnenwind ausgestoßen werden.

Welche Prozesse im Inneren der Sonne hinter dem Sonnenwind stehen, ist noch immer weitgehend rätselhaft. Im Durchschnitt alle elf Jahre, wenn die Sonnenaktivität ihr Maximum erreicht, bilden sich auf der Oberfläche große Sonnenflecken. In diesen kühleren Regionen konzentrieren sich gigantische Magnetfelder, die in Form von Protuberanzen weit ins All hinausschießen können. Dabei kommt es in der mittleren Schicht der Sonnen-Atmosphäre, der so genannten Chromosphäre, zu Stürmen aus geladenen Partikeln, unter denen sich auch das Beryllium-10 findet.

Seit langem rätseln Forscher, woher diese Partikel stammen. Entstehen sie in der Sonnenatmosphäre und treten unmittelbar von dort ihre Reise ins All an, oder geraten sie von hier zunächst in das Sonneninnere, wo sie in riesigen Konvektionsströmen zirkulieren und erst nach Millionen von Jahren in die Atmosphäre zurück gelangen?

Das Beryllium-10 auf dem Mond könnte diese Frage vielleicht beantworten. Das Isotop ist radioaktiv, also instabil, und zerfällt mit einer Halbwertzeit von 1,6 Millionen Jahren. Alles auf dem Mond messbare Beryllium-10 gelangte also erst in der jüngeren Mondgeschichte dorthin. Aus der Konzentration des Isotops auf den Staubteilchen des Mondbodens und seiner Halbwertzeit konnten Nishiizumi und Caffee berechnen, dass der Sonnenwind ungefähr 3·10-6 Beryllium-10-Teilchen pro Quadratzentimeter und Sekunde auf den Mond feuert.

Zuvor hatten bereits verschiedene Modelle zu den Vorgängen auf der Sonne Aufschluss über die Beryllium-10-Produktion in der Atmosphäre gegeben. Demnach werden dort im Schnitt 0,1 Beryllium-10 pro Quadratzentimeter und Sekunde gebildet. Setzt man beide Ergebnisse - die Einlagerungsrate von Beryllium-10 auf dem Mond mit dessen Bildungsrate auf der Sonne - miteinander in Beziehung, so lässt sich abschätzen, ob die Isotope nach ihrer Bildung in der Sonnenatmosphäre zunächst in das Sonneninnere geraten und verdünnt werden.

Die Verteilung des Beryllium-10-Isotops auf dem Mond lässt nur einen Schluss zu. Maximal 2000 Kilometer dürfte die Schicht der Atmosphäre nach Schätzung der Forscher mächtig sein, aus der das lunare Beryllium-10 stammt. Angenommen, das Beryllium-Isotop geriete nach seiner Bildung erst in die 100 000 Kilometer tiefe Konvektionszone, dann müssten die Konzentrationen auf dem Mond um vier bis fünf Größenordnungen niedriger liegen.

Derlei Ergebnisse sind überaus bedeutsam, schließlich geben sie nicht nur Aufschluss über die Prozesse in der Sonne, sondern auch über die Entstehungsgeschichte der Sonne. "Wir wissen erstaunlich wenig über die Sonne", meint Caffee, der zusammen mit Nishiizumi an der Genesis-Mission mitarbeitet, die einige Mikrogramm Sonnenwind einsammeln soll. Ob die gehaltvoller sein werden als die Mondgesteine, bleibt abzuwarten.

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