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Klimatologie: Weltkriegsbomber beeinflussten das Wetter

Kondensstreifen durch Bomber
Ab dem Jahr 1943 verschärften sich Not und Elend auch für die deutsche Zivilbevölkerung: Zunehmend attackierten alliierte Bomber die Städte des Deutschen Reichs – zumal ab diesem Zeitpunkt nicht nur die britische, sondern auch die US-amerikanische Luftwaffe von Großbritannien in den Luftkrieg mit eingriff. Zeitweise stiegen über 1000 Kampfflugzeuge in kurzer Folge von englischen Fliegerhorsten auf, um Berlin, Hamburg, Dresden oder Nürnberg anzugreifen. Gleichzeitig erhoben die Militärmeteorologen der Air Force umfangreiche meteorologische Daten, denn das Wetter war für den Erfolg der Missionen von entscheidender Bedeutung – eine ergiebige Quelle für Klimaforscher wie Robert MacKenzie von der University of Lancaster, die sich mit den Auswirkungen des Flugverkehrs auf Wetter und Klima beschäftigen.

Kondensstreifen durch Bomber | Bomber des Typs B-17F der US-Luftwaffe im Formationsflug während des Zweiten Weltkriegs (1943).
Flugzeuge erzeugen durch ihre Abgase Kondensstreifen, die sich unter bestimmten Temperatur- und Windbedingungen weiter ausbreiten und eine dichte Zirrenbewölkung verursachen können. Dadurch entsteht eine dünne, aber flächige Wolkendecke in höheren Lagen der Atmosphäre. Und diese kann wiederum das Klima auf verschiedene Weise beeinflussen: Zum einen behindert sie wie eine Markise die Sonneneinstrahlung und wirkt daher kühlend. Auf der anderen Seite unterbindet sie aber auch, dass Wärme ins All abgestrahlt wird, was wiederum einen aufheizenden Effekt hat. Welcher Einfluss wie stark ausfällt, ist noch nicht geklärt und hängt von der jeweiligen Tageszeit und den generellen Wetterbedingungen ab. Und deshalb sind die Daten von Royal und US Air Force so wertvoll.

Wolkenbildung | Die Kondensstreifen verdichten sich unter bestimmten Bedingungen zu flächigen Zirren – wie hier bereits angedeutet bei diesem Flug von B17-Bombern.
Denn damals gab es praktisch keine zivile Luftfahrt – zumal während des Kriegs. MacKenzie und seine Kollegen konnten deshalb Tage mit hohem Aufkommen mit anderen Zeiten und Regionen vergleichen, in denen bei gleichen Wetterbedingungen praktisch kein Flugzeug am Himmel war. Dazu mussten sie sich allerdings nicht nur durch die Flugaufzeichnungen, sondern ebenso durch tausende Wetterdaten wühlen, die nur auf Papier vorlagen. Die Piloten notierten insbesondere auch das Auftreten von Kondensstreifen, denn Jagdflugzeuge orientierten sich an diesen Linien, um feindliche Bomber aufzuspüren und dann abzuschießen.

Für die Studie ideale Bedingungen traten am 11. Mai 1944 auf, als bei nahezu wolkenlosem Wetter und feuchter Luft insgesamt 1444 Flugzeuge von verschiedenen Basen im Südosten Englands Richtung Deutsches Reich abhoben. Innerhalb weniger Minuten durchzogen zahlreiche Kondensstreifen die Atmosphäre durch die sich formierenden Bomberstaffeln. Die künstlichen Wolken verdichteten sich rasch zu flächigen Zirren und verwandelten den blauen in einen weißen Himmel, der die Sonneneinstrahlung abblockte. In der Folge sanken die Lufttemperaturen im Umfeld der Flughäfen um 0,8 Grad Celsius verglichen mit Gebieten, in denen die Sonne weiterhin von einem wolkenlosen Himmel strahlte. Die Kondensstreifen wirkten unter diesen Bedingungen also eindeutig abkühlend. Gleichzeitig fielen die Unterschiede zwischen den Nacht- und Tagestemperaturen kleiner aus.

Damit bestätigen die Befunde der Meteorologen frühere Untersuchungen, die nach dem 11. September 2001 unter umgekehrten Bedingungen durchgeführt worden waren. Nach den Terroranschlägen in New York und Washington mussten alle zivilen Flugzeuge in den USA am Boden bleiben, und Forscher bemerkten deutlich variablere Temperaturen im Tagesverlauf: Sie stiegen während dieser drei Tage mit Flugverbot um 1,1 Grad Celsius stärker an als kurz vor und nach dieser Phase – und das vor allem in Regionen mit hohem Verkehrsaufkommen wie dem Nordosten der USA. Allerdings konnte damals der Kondensstreifeneffekt nicht völlig von der natürlichen Variabilität des Wetters getrennt werden, da das Flugverbot landesweit galt: Kleinräumigere Vergleiche zwischen überflogenen und flugzeugfreien Zonen waren nicht möglich.

Endgültig klären nun zwar auch MacKenzie und Co nicht die Frage, welcher klimatische Einfluss der Kondensstreifen auf Dauer überwiegt. Mit ihrer Studie lassen sich nun aber zumindest Klimamodelle besser eichen – denn Feldstudien zu diesem Themen sind bislang sehr rar. (dl)

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