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News: Wer braucht schon Blüten?

Biologen ist es gelungen, statt in den Blüten einer Pflanze in deren Blättern ein Gen zum Funktionieren zu bringen, welches die Samenbildung veranlaßt. Dieses Experiment könnte zu Innovationen bei der Erzeugung von Feldfrüchten führen.
Die Biologen isolierten zunächst LEC1, ein Gen, von dem man annimmt, daß es bei der Entwicklung von Samen eine Schlüsselrolle spielt. Dann veränderten sie Pflanzen genetisch so, daß das Gen in deren Lebenszyklus viel früher als gewöhnlich in Funktion trat.

Als Ergebnis dieser Umstellung sprossen auf einigen Blätteroberflächen winzige Ansammlungen embryotischen Gewebes, das der Form nach einem Handschuh ähnelte. Einzelne dieser Embryos bildeten, während sie noch mit den Oberflächen der Blätter verbunden waren, sogar Wurzeln aus.

John Harada und seine Kollegen von der University of California in Berkeley und Los Angeles und der University of California in Davis stellten diese Ergebnisse in Cell vom 26. Juni 1998 vor. Laut Harada wird LEC1 nützlich sein, um nähere Einzelheiten über die Koordination zwischen der frühen gewebebildenden Stufe der Embryonenentwicklung und der später einsetzenden Stufe, bei der der Samen ausreift, herauszufinden.

Nach seiner Meinung gibt es durch seine Untersuchungen jetzt auch Ansatzpunkte für einige bedeutende Anwendungen. Indem man LEC1 in Pflanzenblättern aktiviere, müsse zum Beispiel beim Mais nicht mehr auf die Bildung der Samen gewartet werden, sondern es könnten schon die Blätter zur Ölgewinnung genutzt werden.

Eine weitere Möglichkeit bestehe in der Aufzucht von Pflanzenembryos in Gärtnereien. Bei vielen Feldfrüchten, werden hybride Samenformen realisiert, indem verschiedene "Elite"-Pflanzen miteinander gekreuzt werden, die der Züchter je nach den gewünschten Eigenschaften aussucht. Diese Kreuzungen geben jedoch die gewünschten Qualitäten nicht konsequent an ihre Nachkommen weiter. Durch einen "Embryo-Ackerbau" könnte es jedoch bald "künstliche Samen" geben, die alle Klone der hybriden Mutterpflanze darstellen und damit die gewünschten Eigenschaften beibehalten würden, sagte Harada.

Der Wissenschaftler weist aber auch deutlich darauf hin, daß diese Anwendungen möglich werden könnten, es aber noch nicht sind. "Die Ergebnisse dieser Studie waren vielversprechend, sie sind jedoch technisch sehr schwierig umzusetzen", bemerkte er.

Konkret sieht dies so aus: Von 7 000 Samen mit dem künstlich eingefügten LEC1-Gen keimten nur annähernd 40. Von diesen Sämlingen bildeten zehn Stiele und Blätter aus und blühten, sieben samten. Die Nachkommen von zwei dieser Pflanzen hatten embryoartige Strukturen auf ihren Blättern.

Als nächstes werden die LEC1-Forscher die Aktivitäten des Gens innerhalb von Pflanzenzellen untersuchen. LEC1 scheint ein wichtiges regulierendes Gen zu sein, das andere Gene "ein- und ausschaltet". Nunmehr will die Gruppe herausfinden, was das für andere Gene sind und welche Funktion sie haben. Das Team hofft ferner aufzuzeigen, wie das Proteinprodukt des LEC1 mit anderen Proteinen in Wechselwirkung tritt, damit die Samen entstehen.

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