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News: Wer zuletzt lacht, lacht am besten

In unseren Flüssen und Bächen spielen sich ungeahnte Dramen ab. Da wehrt sich ein Käfer gegen das Gefressenwerden, indem er zur chemischen Keule greift, und schon schüttelt der Barsch ihn solange, bis er alles Gift ins Wasser verspritzt. Doch der Käfer ist auch nicht dumm und spielt auf Zeit. Am Ende wird es dem Fisch zu bunt, und er schaut sich nach weniger komplizierter Beute um.
Der Taumelkäfer Gyrinus natator hatte schon alles gegeben. Ausgestattet mit einem harten Panzer und ernstzunehmenden Giftdrüsen schien er für das gefährliche Unterwasserleben bestens geeignet. Doch jede Strategie hat ihren Haken, das erkannte selbst der Forellenbarsch Micropterus salmonides. Natürlich ist der Taumelkäfer eine leckere Mahlzeit, wenn da nur das bittere Gift nicht wäre. Doch schließlich lebt man unter Wasser, und da kommt nur eine Maßnahme in Frage: Der Fisch kneift und schubst den Käfer solange, bis er sich seiner Giftvorräte völlig entledigt hat und das ausgelaugte Insekt doch noch zur Mahlzeit wird.

Zwischenzeitig spuckt der Barsch den Käfer immer wieder aus, weshalb die Forscher bisher dachten, der Fisch fühle sich schlecht, müsse würgen und sich vielleicht übergeben. Aber einen erbrechenden Forellenbarsch konnten Thomas Eisner und Daniel Aneshansle vom Department of Neurobiology & Behavior der Cornell University niemals beobachten. Aus diesem Grund glauben sie, dass es sich bei diesem Verhalten um einen raffinierten Trick der Fische handelt. Denn auf diese Weise verliert sich das Gift des Käfers im Wasser, und aus einem ungenießbaren Insekt wird ein nahrhafter Brocken (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 10. Oktober 2000, Abstract).

Gyrindal, der Hauptbestandteil des Käfergiftes, bringt den Fisch zwar nicht in Lebensgefahr, doch sollte es reichen, den Taumelkäfer von der Speisekarte zu streichen. Wieviel der Fisch von dem Gift verträgt, hängt von seinem Hunger ab. Dies fanden die Forscher, indem sie die Fische mit Mehlwürmern fütterten, die sie zuvor in eine Gyrindalsoße tunkten. Die vollgefressenen Barsche interessierten sich kaum für die Beute, während andere sie fraßen. Aber genau wie die Käfer, so wurden auch die Mehlwürmer zuvor einer peniblen Spülung unterzogen.

Allerdings, so ganz erfolglos sind die Gift spritzenden Käfer dann doch nicht, denn vielen Fischen fehlt es schlichtweg an Geduld. Ein Schwachpunkt in der Nahrungskette, welche die Taumelkäfer zu nutzen wissen. Anstatt das Gift in wenigen Schüssen freizusetzen, lassen sie es nun langsam aber stetig aus ihren Drüsen sickern. Wenn die Forscher einen Käfer nur einmal kurz zwickten, dauerte es 42 Sekunden, bis er seine Vorräte erschöpfte. Hielten sie ihn hingegen länger in der Umklammerung, nahm er sich für seine einzig mögliche Verteidigung doppelt so viel Zeit. Das wird selbst den hungrigsten Fischen zuviel. Im Aquarium der Forscher verschluckten sie schließlich nur drei von 96 Käfern. 17 der Wasserkäfer kamen nach einer Spülung mit dem Schrecken davon, der Rest blieb gänzlich unbehelligt.

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