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Tiefsee: Wie Anglerfische verschmelzen, um sich zu paaren

In der Tiefsee begegnen sich Anglerfische nur selten. Doch wenn sie einander finden, gibt das Paar direkt alles und wird eins. Wie die Tiere ihre Verschmelzung überleben, ist nun bekannt.
Tiefsee-Anglerfische kommen in den Weltmeeren in Tiefen unter 300 Meter vor.

Plump, nackt, unförmig. Dazu lange, gebogene Zähne und eine Angel an der Stirn – als wären Anglerfische nicht so schon faszinierend genug, müssen sie auch noch bei der Paarung für Aufsehen sorgen: Um sich fortzupflanzen, verschmelzen Männchen und Weibchen vollständig miteinander.

Seit das erste Fischliebespaar vor 100 Jahren von einem isländischen Biologen entdeckt wurde, fragen sich Forscher, wie das überhaupt möglich ist. Nun ist das Rätsel gelöst, wie ein Team im Magazin »Science« berichtet.

Tiefsee-Anglerfische kommen in den Weltmeeren in Tiefen unter 300 Metern vor. Sie haben mehrere wiedererkennbare Anpassungen entwickelt, die ihren Lebensstil erleichtern. Dazu gehören unter anderem ihre äußerst eigene Art, sich fortzupflanzen. Er hängt als sexueller Parasit an ihr.

Melanocetus johnsonii | Ein buckliges Anglerfisch-Männchen hängt fest am Bauch des Weibchens.

Wie sich bereits beobachten ließ, haften sich die winzigen Männchen für eine gewisse Zeit oder gar dauerhaft an die vergleichsweise riesigen Weibchen. Sie verschmelzen dafür mit deren Gewebe und bauen einen gemeinsamen Blutkreislauf. Auf diese Weise ist das Männchen völlig abhängig von den Nährstoffen des Weibchens – wie ein Spenderorgan bei einem Transplantationspatienten. Dabei wird das Paar zu einer Art selbstbefruchtender Chimäre.

Die entscheidende Frage: Wie nur können beide das überleben?

Gefrorenes, zermahlenes und bis ins Detail analysiertes Fischgewebe hat die Antwort geliefert. Wie das Erbgut aus 31 konservierten Proben diverser Arten – einige docken nicht an, manche vorübergehend, andere dauerhaft – zeigt, liegt der Schlüssel im Immunsystem. Arten mit vorübergehend anhängenden Männchen fehlten funktionelle Aicda-Gene, die die Reifung von Antikörpern ermöglichen – ein kritischer Prozess bei der adaptiven Immunität, erklärt das Team um Jeremy Swann vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg in der aktuellen Studie.

Arten wiederum, von denen bekannt ist, dass sie sich dauerhaft anhaften, wiesen zusätzliche Veränderungen auf, schreiben die Forscher weiter. Etwa den Verlust von Genen, die speziell für den Zusammenbau von T-Zell-Rezeptor- und Antikörpergenen bedeutend sind. »Abgesehen von dieser ungewöhnlichen Konstellation entdeckten wir, dass die Funktion der Killer-T-Zellen, die normalerweise infizierte Zellen aktiv eliminieren oder fremdes Gewebe während des Abstoßungsprozesses des Organs angreifen, ebenfalls stark abgestumpft ist, wenn nicht sogar ganz verloren ging«, sagt Swann in einer Pressemitteilung des Instituts. Das Immunsystem der Anglerfische scheine demnach sehr ungewöhnlich unter den Zehntausenden von Wirbeltierarten zu sein.

Paarung in der Tiefsee

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