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News: Zeit ist Geld - auch in der DNA-Analyse

Wer hat heutzutage schon genug Zeit? Molekularbiologen jedenfalls nicht. Meistens stehen sie unter Druck und wollen neue Ergebnisse schnellstmöglich vorlegen. Vielleicht hilft ihnen demnächst ein neues Verfahren, kostbare Stunden einzusparen. Amerikanische Wissenschaftler haben zur Auftrennung von DNA einen Silizium-Chip entwickelt, der Kanäle mit verschieden starken Vertiefungen aufweist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren passieren DNA-Stränge die Verengungen auf ihrem Weg durch die Laufstrecke umso schneller, je länger sie sind. Unter Umständen lässt sich die Separation der DNA-Fragmente auf einen Bruchteil der Zeit reduzieren.
DNA-Moleküle der Länge nach aufzutrennen, ist häufig die Voraussetzung für nachfolgende Arbeitsschritte, beispielsweise für Klonierungen, Sequenzierungen oder für diagnostische Verfahren. Bisher nehmen Wissenschaftler dafür Molekülsiebe aus organischen Gelen. Sie tragen die doppelsträngige DNA auf das Gel auf, legen ein elektrisches Feld an und lassen ihre Proben in Längsrichtung passieren. Die Porengröße der Gelstruktur bewirkt, dass kleine Moleküle schneller wandern als größere. Wenn die Forscher DNA-Fragmente mit einer Länge von über 40 000 Basenpaaren auftrennen wollen, müssen sie einkalkulieren, dass der Vorgang bis zu einem Tag in Anspruch nehmen kann. Harold Craighead und Jongyoon Han von der Cornell University wollen diesen Zeitaufwand mit einem Apparat im Nanomaßstab auf 15 bis 20 Minuten verkürzen.

Ausgehend von eigenen, früheren Arbeiten haben sie nun einen 15 Millimeter langen Silizium-Chip konstruiert, mit dem sie DNA-Moleküle zwischen 5 000 und 160 000 Basenpaare Länge voneinander trennen können (Science, 12. Mai 2000). Ähnlich wie bei der Herstellung von Mikrochips für Schaltkreise haben sie in das Silizium feine Kanäle "gemeißelt", die nur eine schleppende Bewegung der DNA erlaubten. Die Vertiefungen bestehen aus 1 400 sich abwechselnden Abschnitten von entweder 75 bis 100 Nanometer oder 1,5 bis 3 Mikrometer Dicke. Han und Craighead gaben DNA-Proben in wässriger Lösung auf ein Ende ihres Chips und legten ein elektrisches Feld an, woraufhin die Nukleinsäuren auf das andere Ende zuwanderten. Befinden sich lange DNA-Fäden in den Vertiefungen, nehmen sie eine kugelige Form an, wodurch sie an den Übergängen zu den flacheren Passagen hängenbleiben. Erst wenn sich die DNA wieder streckt und schmaler ist, bewegt sie sich weiter durch den Kanal. Um ihre Apparatur zu testen, führten die Wissenschaftler Tests mit Referenzproben durch, die DNA-Fragmente bekannter Größe enthielten.

Zu ihrer Überraschung haben die Forscher beobachtet, dass sich die DNA anders verhält als in Gelen: In den Kanälen des Chips sind die großen Moleküle schneller, die kleinen langsamer. Als Erklärung geben sie an, dass eine größere Kugel auch einen größeren Bereich von sich gegen die Verjüngung drückt und sich somit leichter hineinschiebt – wenn dann erst ein "Brückenkopf" geschlagen sei, würde er den Rest mit durchziehen.

Da die Wissenschaftler die Moleküle vorher mit Fluoreszenz-Farbstoffen markiert hatten, konnten sie das Wandern genau verfolgen und somit auch aufzeichnen, wann die einzelnen Stückchen am Ziel ankommen.

Han und Craighead sehen in diesem Nano-Verfahren zur Auftrennung einige Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Weg. So lässt sich die DNA sauberer und einfacherer extrahieren, um sie für weitere Zwecke zu verwenden. Es genügt, sie beim Austritt aus dem Kanal aufzufangen. Darüber hinaus können die Maße in den Vertiefungen und die Kanallänge so präzise und einheitlich vorgegeben werden, dass ein Wissenschaftler das Laufverhalten der DNA genauer vorgeben und kontrollieren kann. Nach der Ansicht von Han könnten sie die Auflösung der Methode noch verbessern, wenn die Kanäle länger sind und mehr Taschen aufweisen. Außerdem sehen sie Chancen, dass nach entsprechenden Modifikationen diese Nano-Apparate auch Proteine oder anorganische Polymere auftrennen könnten.

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