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Bilinski

Treitz-Rätsel

Kleben Sie bitte aus 12 deckungsgleichen Rauten mit dem goldenen Schnitt, also \((1 + \sqrt{5})/2\) als Diagonalenverhältnis ein Polyeder. Wie unterscheidet es sich von dem gewöhnlichen Rhombendodekaeder?

Fangen Sie an zwei Ecken an, an denen 4 Rauten mit ihren spitzen Ecken zusammentreffen.

Das "goldene" Rhombendodekaeder ist auffallend flach und hat nur die Symmetrieeigenschaften eines Quaders.

Besser bekannt ist das gewöhnliche (von Kepler entdeckte) Rhombendodekaeder. Es hat die Symmetrie eines Würfels und entsteht, indem man Pyramiden auf alle Flächen eines Würfels oder auch eines Oktaeders aufsetzt. Seine Diagonalen stehen im Verhältnis \(1 : \sqrt2\). In 6 Ecken (die man als Oktaeder-Ecken auffassen kann) treffen sich je 4 Rauten mit den spitzen Ecken und an 8 Ecken (als Ecken eines Würfels zu verstehen) je 3 Rauten mit ihren stumpfen Ecken.

Im goldenen Rhombendodekaeder dagegen treffen sich

  • an 2 Ecken (im Bild links und rechts) 4 Rauten mit den spitzen Ecken,
  • an 4 Ecken (vorne und hinten in der Mitte) je 3 spitze Ecken und eine stumpfe,
  • an weiteren 4 Ecken je eine spitze und 3 stumpfe und schließlich
  • an den 4 übrigen Ecken (nahe der Mitte) je 3 stumpfe Ecken von Rauten.

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Beide Sorten von Rhombendodekaedern haben gemeinsam, dass sie 12 allesamt deckungsgleiche Rauten als Flächen haben, sowie 14 Ecken und 24 gleich lange Kanten. An 8 der Ecken treffen 3 Rauten zusammen und an den anderen 6 je 4. Und in jeder Raute wechseln sich die 3-zähligen mit den 4-zähligen Ecken ab, aber trotzdem sind nicht alle Ecken deckungsgleich.

Beim goldenen Rhombendodekaeder bilden die 6 vierzähligen Ecken die Ecken eines "zusammengedrückten" Oktaeders: Von seinen sechs Paaren paralleler Kanten ist eines im Verhältnis des goldenen Schnitts verkürzt, so dass das Oktaeder aus vier gleichseitigen Dreiecken mit langen Seiten und vier gleichschenkligen mit langen Schenkeln und kurzer Basis gebildet wird.

Hier ist zum Vergleich Keplers Rhombendodekaeder, bei dem die kurzen Flächendiagonalen die Kanten eines Würfels und die langen die eines Oktaeders sind:

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Die äußere Figur ist das Rhombendodekaeder mit 4 (durch Farben gekennzeichneten) Gruppen von jeweils 8 zueinander parallelen Kanten. Die langen und die kurzen Diagonalen der Rauten bilden ein Oktaeder und einen Würfel, und in den Schnittpunkten dieser Diagonalen ist ein Kuboktaeder aufgehängt. Dessen Kanten bilden 4 Achtecke, die jeweils in einer Ebene rechtwinklig zu den Rhombendodekaeder-Kanten gleicher Farbe liegen.

Beide Typen des Rhombendodekaeders haben gemeinsam, dass man mit je einer Sorte den Raum lückenlos füllen kann und dass in ihnen die 24 Kanten sich jeweils zu sechst auf 4 verschiedene Richtungen im Raum aufteilen (so wie sich die 12 Kanten des Würfels zu viert auf 3 Richtungen verteilen).

Coxeter gibt (in seinen "Regular Polytopes") an, dass der kroatische Mathematiker Stanko Bilinski (1909 – 1998) das Rhombendodekaeder mit dem goldenen Schnitt 1969 beschrieben hat, und zwar als Ergebnis einer Schrumpfung von gewissen Kanten des Rhombentriakontaeders. George Hart erwähnt dieses auch auf seiner Website, fügt aber hinzu, dass schon 1787 ein Papiermodell von John Lodge Cowley gedruckt wurde.

Hier ist zum Vergleich auch noch das Rhombentriakontaeder, das sich zum Dodekaeder so verhält wie das gewöhnliche Rhombendodekaeder (Keplers) zum Würfel: Man setze auf seine Flächen Pyramiden geeigneter Höhe auf. Es ergibt sich, dass das Triakontaeder von Rhomben mit dem goldenen Schnitt als Diagonalenverhältnis begrnezt ist.

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Die äußere Figur ist das Rhombentriakontaeder mit 6 (farblich gekennzeichneten) Gruppen von jeweils 10 zueinander parallelen Kanten. Die langen und die kurzen Diagonalen der Rauten bilden ein Ikosaeder bzw. ein Dodekaeder, und in den Scnittpunkten der Diagonalen ist ein Ikosidodekaeder aufgehängt. Dessen Kanten bilden 6 Zehnecke, die jeweils in einer Ebene rechtwinklig zu den Rhombentriakontaeder-Kanten gleicher Farbe liegen.

Das Triakontaeder ist ein "Zonoeder" ("Gürtelflächner"), das heißt, es gibt einen "Gürtel" aus (in diesem Fall zehn) Rauten, die dadurch bestimmt sind, dass sie (und nur sie) an die einander parallelen Kanten einer Farbgruppe grenzen. Diesen Gürtel kann man aus dem Körper herausschneiden und die verbleibenden Reste zu einem neuen Körper zusammenschieben oder, was auf dasselbe hinausläuft, alle Kanten dieser Farbgruppe auf 0 verkürzen. Dadurch entsteht ein Körper aus 20 Rauten (ein "Rhombenikosaeder"). Dieser hat wieder einen Gürtel (diesmal aus 8 Rauten), den man herausnehmen kann; und man landet – beim goldenen Rhombendodekaeder!

Auch aus den Rhombendodekaedern (beider Arten) kann man Gürtel aus Rauten (diesmal 6 Stück) "herausschneiden" oder 6 zueinander parallele Kanten auf die Länge 0 verkürzen. Dabei ergibt sich in beiden Fällen ein Rhombenhexaeder, also ein affines Bild eines Würfels aus 6 Rauten mit den gleichen Diagonalenverhältnissen wie beim Ausgangs-Polyeder.

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