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Kommunikation ist kein Monolog

Sich verständlich ausdrücken
Fast jeder hat wohl schon einmal über verworrene Verträge, Gesetzestexte oder Gebrauchsanweisungen gestöhnt. Es scheint, als wäre es diesen Schreibern unmöglich, ihren Lesern den Inhalt zugänglich zu machen. Doch Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun und Reinhard Tausch zeigen in ihrem Buch "Sich verständlich ausdrücken", dass ein Verfasser nur wenige Regeln befolgen muss, um Informationen eindeutig zu vermitteln. Die drei Hamburger Psychologieprofessoren sagen, dass sich praktisch jedes Thema in einer einfachen Form darstellen lässt. Die meisten Sachverhalte wirken nur deshalb schwierig, weil sie jemand durch eine umständliche Erklärungsweise verkompliziert. Und die Autoren sehen den Hauptgrund dafür weniger in der Willkür der Menschen als in deren Unkenntnis: "Die meisten wissen gar nicht, wie man sich verständlich ausdrückt. Sie haben es nicht gelernt."

Im ersten Kapitel beschreiben die Psychologen die vier wesentlichen Merkmale der Verständlichkeit: Einfachheit, Gliederung und Ordnung, Kürze und Prägnanz sowie anregende Zusätze. Diese reichen aus, um einen beliebigen Text leicht einsichtig zu machen, was zahlreiche Beispiele belegen. Im zweiten Teil macht der Vergleich eingängiger und komplexer Fassungen gleichen Inhalts deutlich, welchen beachtlichen Effekt kleine Veränderungen haben. Die Autoren geben an, sie wollen dem Leser nicht nur die Theorie beschreiben, sondern wirklich an dessen Stil feilen. Dafür steht ein Trainingsprogramm im Mittelpunkt: zuerst kurze Texte beurteilen, dann korrigieren und schließlich selber verfassen. Die Lösungen folgen jeweils auf der nächsten Seite und sind nachvollziehbar begründet. Dieses Schritt-für-Schritt-Lernen erfordert keinerlei Vorkenntnisse.

Im dritten Kapitel erklären die Professoren, wie Lehrer den Stoff im Unterricht optimal vermitteln und dass Arbeit in Kleingruppen die effektivste Lernmethode darstellt. Schließlich stellen sie noch "personenzentriertes Schreiben" vor. "Persönliche, innere Haltungen spielen beim Schreiben von Texten und Reden eine wichtige Rolle. Entscheidend sind Achtung und Wertschätzung des Lesers beziehungsweise Hörers, die Einfühlung in seine Situation und seine möglichen Schwierigkeiten mit den zu vermittelnden Sachverhalten." Auch in diesen Abschnitten gibt es Beispiele und Übungen.

Besonders positiv fällt auf, dass die Aussagen des Buchs nicht einfach im Raum stehen. Im letzten Kapitel reflektieren die Autoren ihr Werk kritisch und liefern Belege für ihre Thesen, denn sie haben zu jeder von ihnen Studien durchgeführt und sie bestätigt. Selbst die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen sind für Laien verständlich formuliert. Es wird klar, warum gerade diese vier Merkmale relevant sind und auf welche Weise Schüler und Erwachsene am besten und langfristig lernen. Die Tatsache, dass kleine Arbeitsgruppen am effektivsten sind, ist nicht unbedingt neu. Doch der gezielte Beweis jeder einzelnen Behauptung zeigt das große Interesse der Autoren, eine Veränderung in der Gesellschaft zu bewirken.

Der Titel hält das was er verspricht. Das Buch ist verständlich geschrieben, angenehm zu lesen und sinnvoll in kompakte Lerneinheiten eingeteilt. Seine Schöpfer befolgen die eigenen Regeln, kurze Sätze und geläufige Worte erlauben flüssiges Lesen. Zusammenfassungen und zahlreiche Erklärungen, welcher Aspekt nun an der Reihe ist, helfen bei der Orientierung. dadurch bleibt der rote Faden sichtbar. Die meisten Themen werden in den 222 Seiten zwar nur angerissen, aber als Einstieg ist dieser Überblick ideal. Und auch Leser, die schon Vorkenntnisse auf diesem Gebiet haben, freuen sich sicherlich über die Sammlung hilfreicher Tipps und die anregenden Beispiele.

Es ist ein Buch für "alle, deren Aufgabe es ist, andere zu informieren und Wissen zu vermitteln". Farblichen Hervorhebungen und einige Grafiken und Tabellen tragen zur Anschaulichkeit bei. Leider gehen die Kernaussagen in den vielen Exempeln fast unter, doch die logische Gliederung hilft, sie wieder zu finden. Es macht Spaß, die Beispiele zu vergleichen und sich die Unterschiede vor Augen zu führen. Sie bestätigen die Thesen auch immer wieder. Und gerade weil das Niveau der Aufgaben in angemessenem Tempo steigt, spornen diese die Eigeninitiative an und bringen Erfolgserlebnisse.

Die drei Psychologen nennen ihre Motivationen für dieses Buch: Sie selbst – als Universitätsprofessoren – konnten ihren Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen, da sie die Abhandlungen in den Schulbüchern nicht verstanden. Zahlreiche Menschen werden ihr ganzes Leben lang benachteiligt, weil sie immer wieder in den Texten des Alltags stecken bleiben und irgendwann enttäuscht aufgeben, sich zu informieren. Gerade dieses persönliche Eingehen auf den Leser und die direkte Anrede gefallen mir besonders gut. Meine Erwartungen wurden jedenfalls übertroffen – mit so vielen Übungen hatte ich nicht gerechnet.

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