Direkt zum Inhalt

Westafrika: Rätselhafte Nok-Kultur

Afrika! Der Name steht heute für: Fußballweltmeisterschaft, weite Savannen, dichte Urwälder, hochgewachsene Krieger. Aber auch für Armut, Kindersoldaten und Putschisten. Fremd erscheint jedoch der Gedanke, westlich des Niltals nach den Zeugnissen weit entwickelter prähistorischer Kulturen zu suchen.
Seit wenigen Jahren erweist sich diese Überzeugung als Vorurteil, als Erbe der Kolonialzeit. Noch gibt es vergleichsweise wenig Forschungsprojekte, doch schon jetzt wird deutlich: Schwarzafrika ging über Jahrtausende seinen eigenen Weg. Zwar fassten Innovationen wie die Landwirtschaft oder die Gründung von Städten dort erst spät Fuß, doch es waren eigenständige Entwicklungen, keine Importe aus dem Norden.

Insbesondere Westafrika kann mit Überraschungen aufwarten, wie epoc, das Magazin für Archäologie und Geschichte in seiner Ausgabe 6-2010 berichtet. Seit wenigen Jahren erst haben sich der Frankfurter Archäologe Peter Breunig und sein Team auf die Fährte der Nok-Kultur gesetzt. Die besiedelte im 1. Jahrtausend v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Nigeria eine Fläche von der Größe Portugals, baute Perlhirse an und entwickelte die Eisenmetallurgie. Ihr Kennzeichen aber sind beeindruckend kunstvolle Tonplastiken – die Handwerker der Nok-Kultur waren Afrikas erste Bildhauer. Doch obwohl die ersten dieser Terrakotten bereits 1928 entdeckt wurden, schenkten ihnen nur wenige Forscher Aufmerksamkeit – und überließen Raubgräberei und dem internationalen illegalen Antikenhandel das Feld.

Auch wenn sicher viele wichtige Indizien dadurch unwiederbringlich verloren sind, kann das Team aus deutschen und nigerianischen Archäologen bereits Ergebnisse vorweisen, nicht zuletzt dank guter Kontakte zur einheimischen Bevölkerung. Offenkundig war die Nok-Kultur weiter entwickelt, als es Experten einer Gesellschaft des 1. vorchristlichen Jahrtausends in Westafrika zugebilligt hätten.

Auch können die Forscher inzwischen die archäologischen Stätten anhand der Fundobjekte in Kategorien einteilen. Zwar ist deren Bedeutung noch unklar, vermutlich handelte es sich aber um Wohn- und Arbeitsbereiche im Unterschied zu Kult- und Begräbnisplätzen.

Was immer die Terrakotten jenen Menschen aber bedeutet haben mögen, sie wurden anscheinend meistens bei Ritualen verwendet – und zerschlagen. Was den Verdacht nährt, dass nicht wenige der teuer erworbenen Kunstwerke in Museen und Privatsammlungen lediglich geschickte Fälschungen sind.

Über epoc:
epoc, das Magazin für Geschichte, Archäologie und Kultur, erscheint seit 2004. Sechsmal pro Jahr vermitteln Forscher und Fachjournalisten auf mehr als 100 Seiten fundiert und unterhaltsam Wissen über historische Themen und zeigen spannende Zusammenhänge aus Kunst, Kultur und Geistesgeschichte auf. Ein jeweils umfassend beleuchtetes Titelthema zu zentralen Ereignissen, Persönlichkeiten und Kulturen der Welt sowie spannende Reportagen und Essays überzeugen alle zwei Monate rund 40 000 Leser.

Unter www.epoc.de finden alle historisch Interessierten Kurzmeldungen und aktuelle Ausstellungstipps. Ein Newsletter und die Chronologs, das Blogportal für Fragen zur Vergangenheit und ihrer Erforschung, halten Sie täglich auf dem Laufenden.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: epoc, epoc 6/2010
Ein Beleg wird erbeten.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.