Direkt zum Inhalt

Kommentare - - Seite 1080

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Natürlich schreiten Welt und Zeit fort !

    28.03.2007, Wolfgang Gegner
    Für mich ist es amüsant zu beobachten, wie schwer es offenbar fällt den Begriff Fortschritt neutral, nicht wertend, zu betrachten:
    Alles schreitet permanent fort, ganz ohne Wertung, unvermeidlich, zum Verdruss der Konservativen, ohne Aussicht auf eine Auszeit zum Nachdenken.
    Im Fortschreiten der Weltgeschichte kann man das kurze Bestehen von Homo Sapiens vermutlich noch gar nicht ausmachen und es wird dank seines Verhaltens ebenso schnell vorüber sein.
    Soviel zu denen, die doch tatsächlich glauben, wir könnten uns von diesem Fortschreiten dessen Bestandteil die Evolution ist abkoppeln. Faust II lässt grüßen.

  • Koboldlied

    28.03.2007, Peter Rauschmayer, München
    Fortschritt
    "Es lebt der Mensch um fortzuschreiten!
    Der Fortschritt ist des Daseins Sinn!"
    So schreiten wir denn fort, wir schreiten,
    vielleicht um in entfernten Weiten
    mit andern, ebenso Gescheiten
    zuletzt in den Abort zu gleiten,
    denn wichtig ist nur, fortzuschreiten;
    doch keiner sagte noch, wohin.

    Zufällig stieß ich heute darauf in dem Büchlein "Koboldlieder" von Otto Kuen (Ehrenwirth Verlag München 1979).
  • Einwände eines 'naiven Realisten'

    26.03.2007, Prof. Dr. Hans-Jürgen Steffens
    Ein Illusion kann man also nur durch Veränderung seiner Perspektive ändern, Herr Voland?

    Wären wir mit einem intelligent durchgeführten Experiment nicht besser bedient? So und nicht anders hat man nämlich schon im Altertum die Kugelgestalt der Erde nachweisen können. Theoretisch hätte die Erde ja tatsächlich flach sein können und eine Veränderung der Perspektive hätte es in diesem Falle nur bestätigt.

    Und die Neurobiologie erklärt, wie im Gehirn Farben entstehen?

    Das ist Unsinn.

    Sie kann mit bildgebenden Verfahren Aktiväten im Gehirn messen, die mit äußeren Stimuli oder problemlösendem Denken assoziiert sind. Ob es sich dabei um ein Zombie-Gehirn handelt, das menschliches Bewusstsein nur perfekt simuliert, ist damit nicht zu klären. Und die Neurobiologen wissen das auch.

    Ich halte das ‚Ich’ auch nicht für eine Illusion. Es ist einfach da. Nicht nur bei mir. Und wäre ich mir nicht völlig sicher, Herr Voland, dass Ihr ‚Ich’ ebenfalls keine Illusion ist, sondern Teil der Realität, dann würde ich mich über Ihr Essay noch drastischer äußern.

    Es ist doch völlig unerheblich, ob die vom Gehirn ‚erzeugte’ Realität nur eine ‚subjektive’ Realität ist oder nicht. Die Gesetzmäßigkeiten, die ich feststelle sind so beinhart, dass ich mir an ihnen buchstäblich den Schädel einschlagen kann. Diese Gesetzmäßigkeiten sind so fernab meinen Zugriffsmöglichkeiten, dass sie – wie auch immer – eine sich mir objektiv gegenübertretende Realität konstituieren (inklusive der sogenannten Qualia!).

    Wenn ich diese Realität nolens oder volens also ernstnehme, dann zeigen mir diese Gesetzmäßigkeiten darüber hinaus, dass ich gar keine andere Wahl habe, als den Standpunkt eines naiven Realisten anzunehmen. So teilen mir diese Gesetzmäßigkeiten z.B. mit, dass es Bereiche des Universums gibt, die zeitlich noch gar nicht miteinander wechselwirken konnten.

    Über etwas anderes als einen naiven Realisten könnte die Natur also doch nur lachen.

    Damit sind wir schon bei ersten Aspekten eines Fortschritts: dem Wissen. Und da mache ich zunächst eine Themeneingrenzung – Sie hätten das den Heuristiken eines guten Deutschaufsatzes gemäß vielleicht auch tun sollen – und betrachte das Gebiet der Mathematik.

    Hier kann ich nach allen mir bekannten Standards nichts anderes als einen objektiven Fortschritt in den erkannten und bewiesenen Theoremen erkennen (inklusive der Unentscheidbarkeitstheoreme aus theoretischer Informatik und mathematischer Logik!)

    Und kann gleichzeitig den Daumen auf etwas legen, zu dem nur der Mensch imstande ist.

    Brauchen wir immer einen äußeren Maßstab? Ich denke nicht. Eine Entscheidung, in welcher Richtung auch immer, kann schon Fortschritt bedeuten. Dies beginnt bei der Festlegung von Regeln im Straßenverkehr, also Rechts- oder Linksverkehr. Und jeder Ingenieur weiß um den kolossalen Fortschritt, den eine simple Normierung bedeutet. Das ‚Dass’ ist hier entscheidend, nicht das ‚Wie’.

    Und hier sind wir beim entscheidenden Punkt meiner Kritik. Die philosophische Problematisierung des Fortschrittsgedankens kommt interessanterweise selten von den Ingenieuren, selten von denen, die in schwierigen Projekten mit der ganzen Kratzbürstigkeit der Natur zu kämpfen hatten. Und nach erfolgreicher Beendigung einfach wussten, was Fortschritt ist. Auch nicht von Physikern, die theoretische Modelle konzipierten, um dann ein Experiment vorzuschlagen, das – noch nie durchgeführt – ihre Vorhersagen bestätigte.

    Das nenne ich Fortschritt.

    Und nicht das nachträgliche Interpolieren vorgegebener Messpunkte durch ein Polynom. Das kann jeder.

    Mich würde wirklich interessieren, ob Sie, Herr Voland, hier mehr aufzuweisen haben, als eben jenes ‚nachträgliche Interpolieren’.


  • Unklarer Diskurs

    25.03.2007, David Tschöpe
    Ich musste mich sehr über diesen Essay wundern und auch über die im Heft 4/07 abgedruckte Replik von Herrn Voland.

    Aus meiner Sicht rennt er unter anderem ganz weit offen stehende Türen ein. Wenn zunächst die Analogie des alten anthropozentrischen Irrglaubens bezüglich der Bewegung von Erde und Sonne relativ zueinander für die Illustration der vermeintlichen Illusion des Fortschritts herhalten muss, dann muss aber auch konsequent von der entweder zulässigen oder eben nicht zulässigen Wahl des Bezugssystems die Rede sein. Denn die Aussage "Die Sonne kreist um die Erde" ist bei der richtigen Wahl des Bezugssystems nicht falsch. Sie bringt einen nur nicht weiter, wenn es darum geht, mehr zu beschreiben, als das Phänomen von einem auf der Erde sichtbarem Sonnenauf- und Untergang.

    Herrn Voland geht es aber in seiner Argumentation nicht zuletzt um Bezugssysteme.

    Voland unterstellt dem, der einen Fortschritt gleichsam aus der Sicht eines Sonnenaufgangsbeobachters sehen kann, das Nichterbringen einer entsprechenden "Transferleistung", die aber in der jeweiligen Situation auch überhaupt nicht unbedingt erforderlich ist.

    Obendrein geht es ihm um einen nur im subjektiven Bewusstsein denkbaren Fortschritt, der außerhalb desselben keine Entsprechung haben soll, schon gar nicht in der objektiven, nach evolutionstheoretischen Gesetzen sich verhaltenden, belebten Natur.
    Nein, es gibt selbstverständlich keine Lamarck'sche Zielgerichtetheit.
    Das behauptet aber auch nicht zwangsläufig jemand, der in der natürlichen Selektion ein Prinzip sieht, das mit Fortschritt zu bezeichnen ist. Denn wenn ich dies tue, dann kann das durchaus auch das meinen, was ein Sonnenaufgangsbeobachter als Rückschritt bezeichnen würde, nämlich beispielsweise die Entwicklung von "höherentwickelten" zu weniger "hoch" entwickeltem Leben. Es ist einfach jeder evolutionsbiologische Vorgang im zeitlichen Verlauf als Fortschritt zu bezeichnen! Ob der nun aus Ihrer oder meiner Sicht positiv oder negativ bewertet wird, ist der evolutionsgeknebelten Natur natürlich egal. Für sie KANN es nur Fortschitt geben.

    Also nicht mehr und nicht weniger als genau dieser Neigung der belebten Natur zur Selbstorganisation wohnt ein Fortschritt inne, den Herr Voland vielleicht nicht erkennen mag.

    Man muss die Natur nicht eines Prinzips entheben, nur weil ihr dieses im falschen Zusammenhang angedichtet wird.

    Aber solange der Autor uns eine Definition des Fortschritts schuldig geblieben ist, welchen er in den Gedanken von den vielen in ihrer Subjektivität gefangenen Gehirnen ausmachen zu können meint, bleibt die Diskussion ohnehin wieder mal eine Wortklauberei auf hohem Niveau.
  • Danke für die schönen Minuten

    24.03.2007, Florian Modler, Sarstedt
    Hallo Herr Pöppe,
    ich bin ein absoluter Fan von ihren Artikeln. Danke für die schönen Minuten, die sie mir mit diesem Artikel geschenkt haben!

    Gruss Florian Modler
  • Ein Herz für Kinder

    23.03.2007, Rainer Rosenthal, Goldbacher Str. 19, 88662 Überlingen
    Lieber Herr Pöppe,

    erst einmal herzlichen Dank für die rot-gelb-blauen Bausteine, die Sie so kunstfertig vor dem Leser ausbreiten. Man sieht, dass Geschichtsunterricht nicht interessant zu sein braucht, um trotzdem anregend auf die Kinderseele einzuwirken :-)

    Ich fand es sehr schön, dass das Thema unendliche Parkettierungen, das vor kurzem sogar in Magazinen ein Thema war (entsprechende Muster an Moscheen aus dem Mittelalter) von der Pike auf dargestellt wurde und auch als Referenz genannt wird.

    Mit herzlichem Gruss,
    Rainer Rosenthal
  • Kein herausragendes Naturphänomen

    23.03.2007, Raimund Leistenschneider, Sindelfingen
    Herr Alfano irrt, Licht ist kein besonderes, herausragendes Naturphänomen, sondern, wir wissen dies seit Maxwell, schlicht eine elektro-magnetische Welle. Das, was wir Menschen, nicht die Natur! als (sichtbares) Licht bezeichnen, ist deren Energieinhalt, der sich in den Frequenzen (aus dem Physikunterricht wissen wir, dass deren Energie proportional zur Frequenz ist) mit den Wellenlängen von 390 nm – 790 nm abbildet. Unsere Fokussierung auf diesen Bereich wiederum kommt daher, dass die Entwicklung des Lebens als Energielieferant die Sonne benötigte und der von der Erdatmosphäre durchgelassene Energiebereich (neben Infrarot) in diesem Frequenzspektrum liegt, worauf sich in der Evolution die Augen spezialisierten.

    Licht nimmt somit selbstverständlich nicht die unterschiedlichsten Formen an, da es Licht eben nur in unseren Köpfen und unseren Augen gibt. Auch hat die Frequenz einer Welle und damit Licht keine Farbe, wie Herr Alfano auf Seite 58 angibt!! Die Farbe entsteht in unserem Gehirn. Dies alles mag vielleicht „oberlehrerhaft“ klingen, aber eine wissenschaftliche Abhandlung sieht anders aus.
  • Schöne neue Microsoft-Welt

    21.03.2007, Hubert Gesing, Bonn
    Derartige Technologie- Höhenflüge ist man von der Branche und sicher auch vom Unternehmen Microsoft gewöhnt. Aber eine unabhängige Zeitschrift sollte doch einen nüchterneren Blick auf das Thema bieten als es dieser Artikel tut.

  • Keine eigene Neuronenklasse

    20.03.2007, Raimund Leistenschneider, Sindelfingen
    Was aufgrund logischer Überlegungen auf der Hand liegt, ist jetzt, dank des Forschertrios Rizzolatti, Fogassi und Gallese (sowie deren Kollegen) wissenschaftlich untermauert, dass Spiegelneuronen dem Begreifen von Verhalten dienen. Es dürfte sich allerdings um keine eigene Neuronenklasse, sondern um ausdifferenzierte Nachgeschaltete Sinnesneuronen handeln.

    Die Indizien dürften sich verhärten, dass sich diese spezialisierten Neuronen – Spiegelneuronen – in gleicher zeitlicher Abfolge wie die soziale Struktur der Primaten entwickelten, bzw. zu deren Durchbruch verholfen haben, wobei in der Tat nicht auszuschließen ist und von der Logik eigentlich davon auszugehen ist, dass auch andere Tierarten, die soziales Verhalten aufweisen, ebenfalls Spiegelneuronen besitzen.

    In einer Gruppenstruktur, wie sie sowohl bei Affen besteht, als auch bei Hominiden schon frühzeitig bestand, ist es unabdingbar, das Verhalten anderer zu „erspüren“, um rechtzeitig sein eigenes Verhalten darauf einzustellen. Geschieht dies nicht, können sich hieraus schnell Auseinandersetzungen entwickeln, die den Gruppenerhalt stören oder gar gefährden. Spiegelneuronen dienen damit sowohl dem eigenen Vorteil als auch dem Gruppenvorteil. Zu dieser Verhaltenseinstellung müssen letztendlich die motorischen Areale aktiviert werden. Dass Spiegelneuronen verstärkt in oder in der Nähe von motorischen bzw. prämotorischen Arealen platziert sind, dürfte dies untermauern.

    Selbstverständlich verfügt auch der Mensch über Spiegelneuronen und zwar sollten Frauen hiervon mehr besitzen als Männer, was jeder Verheiratete weiß, wenn er z.B. versucht, seiner Frau gefühlsmäßig etwas vorzumachen. Sollte sich bestätigen, dass Spiegelneuronen auch die Sprachentwicklung beeinflussten, ist dies ebenfalls ein Beweis hierfür, da von wissenschaftlicher Seite gelehrt wird, dass sich die Sprache nicht in der Männergruppe (z.B. bei der Jagd), sondern in der Frauengruppe (z.B. bei der Verarbeitung von Gegenständen) entwickelte.

    Dass es sich, wie eingangs behauptet, bei Spiegelneuronen um keine eigene Klasse, sondern um ausdifferenzierte Neuronen handelt, lässt sich ggf. aus der Krankheit Autismus herleiten, wenn die neuronale Summenbilanz bei Autisten und bei „normalen“ Menschen (weit gehend) gleich ist und die Neuronen, deren Entwicklung eigentlich für die Spiegelfunktion ausgelegt ist (nicht ausdifferenzierten und dadurch eine geänderte Signalkaskade aufweisen, was eine andere funktionale Aktivität auslöst), für dann anderweitige Aufgaben genutzt werden, die Autisten, aufgrund der bei ihnen dort mehr vorhandenen Neuronen besser beherrschen als „normale“ Menschen.
  • Kritik an Bill Gates Politik

    20.03.2007, Dr. Wilfried Müller, Unterföhring
    Als ich den Artikel las, war ich gerade mit der quälenden Prozedur beschäftigt, auf einen neuen PC mit MS-Windows umzusteigen. Die Heimsuchungen, die mich dabei ereilen, verdanke ich jenem Bill Gates, der sich im SPEKTRUM als Computervisionär darstellen darf. Dabei hat ihn nur der Zufall nach oben gespült.
    Wenn er sich wegen seines BASIC-Compilers Verdienste ans Revers heften möchte, dann muss man erwähnen, dass die Microsoft-Compiler keineswegs die ersten und erst recht nicht die besten waren. Sie waren vielmehr berüchtigt für ihre Fehleranfälligkeit. Entsprechendes gilt für die anderen MS-Produkte, wie ich bei meinem Computerwechsel wieder einmal erfahren darf.
    Meine Bedenken richten sich gegen Bill Gates Politik, auch noch die branchenfremden Märkte an sich zu reißen, anstatt die Hausaufgaben zu machen und ein Betriebssystem abzuliefern, das einen nicht ausspäht und nicht den Rechnerwechsel zur Strafarbeit macht. Es sollte nicht Sache von SPEKTRUM sein, Bill Gates beim Räubern in fremden Gefilden eine Plattform zu bieten. Besser sollten sich alle Gedanken machen, wie man Bill Gates da heraushalten kann. Wenn die Roboterbranche auch noch Microsoft anheimfällt, stehen uns mit den Robotern dieselben Erfahrungen ins Haus wie mit den PCs.
  • Blick auf Hintergründe für Entscheidungen geöffnet

    16.03.2007, Bernhard Dincher, Bremen
    Gefühl und Intuition haben mich bei manchen Entscheidungsprozessen geleitet. Und oft entwickelten sich nach diesen Entscheidungen, wie es sich später herausstellte, positive Prozesse. Thomas Bruss öffnete mir exzellent durch seine Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen den Blick auf die eigentlichen Hintergründe für Entscheidungen. Nebenbei erkannte ich, dass mir eine gehörige Portion Glück in meinen Entscheidungen zur Seite gestanden hat. Oder war das Glück letztendlich doch nur wieder „normalverteilt“ ?

  • Sprachlosigkeit der Naturwissenschaft

    14.03.2007, Josef Bohr, Merzig
    Mit Interesse habe ich das Essay „Vom Glaube zum Wissen und zurück“ von Michael Springer gelesen. Dieser Beitrag, angelegt als späte Replik auf die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI, zeigt die selbst auferlegte Sprachlosigkeit der Naturwissenschaft auf eine herausfordernde Anfrage aus den Geisteswissenschaften. In einer Zeit, wo sich die Menschen durch die Folgen ausufernder ökonomischer Prozesse und irrationalem Terror in ihrer Aufmerksamkeit verstärkt der Sinnfrage zuwenden, verliert eine auf technische und wissenschaftliche Machbarkeit hin orientierte Naturwissenschaft an Erklärungsmustern.
    Desto erstaunlicher ist die Polemik, die aus dem Beitrag von M. Springer heraussticht. Anstatt den Diskurs, den der Papst durchaus provoziert, anzunehmen, verliert er sich in einer bereden Selbstbeschränkung, die ich so zusammenfassen möchte: „Wir haben uns nichts zu sagen, und die, die es versucht haben, wurden nicht ernst genommen.“ Geradezu abenteuerlich ist dann noch der Ausflug in die Gehirnforschung mit dem Ausblick, dass die Erkenntnisse dieses Forschungszweiges entweder in einer tiefen Widersprüchlichkeit oder aber in der Erklärbarkeit der Wirklichkeit als biochemischer neuronaler Prozess gipfeln könnten. Das ist in meinen Augen geradezu die Flucht in den absoluten Relativismus mit der vollkommenen Reduktion der Vernunft.
    Ich sehe anhand dieses Essays die Gefahr der Selbstausgrenzung der Naturwissenschaften an dem nicht zuletzt durch J. Habermas angestoßenen gesellschaftlichen Diskurs. Es wäre meiner Meinung nach klug, in angemessener Form auf Anfragen aus den Geisteswissenschaften zu reagieren. Es könnte sich als Irrtum der Naturwissenschaften erweisen, sich im Glauben zu wiegen, im Besitz des Steines der Weisen zu sein, während sich gleichzeitig die Geisteswissenschaft der äußerst spannenden Diskussion bspw. um die Zukunft unserer Gesellschaft stellt. Aber die Naturwissenschaft trägt ebenfalls ihre Verantwortung. Schon jetzt sind in der Ökonomie Formen von Sozialdarwinismus erkennbar. Diese beziehen sich auf Erkenntnisse der Naturwissenschaft. Wenn sie zum Zerreißen des gesellschaftlichen Zusammenhalts führen, hat die Naturwissenschaft einmal mehr durch ihre Sprachlosigkeit und mangelnder ethischer Reflexion versagt.
    -----
  • Nicht zu unterschätzende Hilfe

    14.03.2007, Fritz Kronberg
    Die Meinung der Autorin ist sicherlich Allgemeingut unter Journalisten und vermutlich auch Medizinern. Das bedeutet allerdings nicht, daß sie auch sinnvoll ist. Wenn das Programm eine Treffsicherheit von 90% erreicht, ist es sicher dem Urteil von Angehörigen vorzuziehen, weil sein Ergebnis eben nicht von das Urteilsvermögen beeinträchtigenden Emotionen beeinflußt wird. Das gilt zumindest für mich. Sollte das Programm jemals so weit kommen (was ich bezweifle), wäre es eine nicht zu unterschätzende Hilfe.
    F. Kronberg
  • Kein Paradigmenwechsel

    14.03.2007, Dr. Andreas Beyer, 45149 Essen
    In seinem Artikel stellt Peter D. Ward neue, spannende Ergebnisse zur Frage der Massenextinktionen dar. Wo noch vor einigen Jahren die Meinung vorherrschte, dass zumeist kosmische Einschläge verantwortlich gewesen seien, rücken heute irdische Mechanismen in den Vordergrund, was Ward veranlasst, von einem „Paradigmenwechsel“ zu sprechen.

    Hier ist Widerspruch geboten, denn man sollte im Kontext der empirischen Wissenschaften nicht von Paradigmen und erst recht nicht von Paradigmenwechseln (Zitat aus dem Artikel: „Revolutionen, bei denen eine allgemein anerkannte Theorie plötzlich durch ein neues ’Paradigma ’ ersetzt wird“) sprechen, weil die Verhältnisse in der Wissenschaft damit stark verzerrt wiedergegeben werden. Diese auf den Philosophen Thomas Kuhn zurück gehende Vorstellung erweckt beim Laien die Idee, die wissenschaftlichen Theorien seien beliebig: alle paar Dekaden wird ja sowieso alles umgeworfen und das, was vorher „richtig“ war, ist nun „falsch“ – eben bis zum nächsten Paradigmenwechsel.

    Wer sich mit der Wissenschaftsgeschichte auch nur oberflächlich auseinander setzt, bemerkt schnell, dass solche „Revolutionen“ bei weitem nicht so revolutionär sind, wie sie scheinen. Durch die Wellenoptik wurde die Strahlenoptik nicht falsch, sondern verfeinert, genauso wie die Quantenoptik eine höhere Differenzierung und Verallgemeinerungsstufe darstellt als die Wellenoptik. Newton wurde durch Einstein nicht widerlegt, die Relativitätstheorie ist lediglich die umfassendere und allgemeinere.

    Das gleiche gilt für die Massenextinktionen: Wie Ward selber betont, gibt es an der Einschlagstheorie zur Kreide-Tertiär-Grenze nichts zu rütteln – kein Paradigmenwechsel weit und breit! Lediglich die Idee, dass es ein einziger Grund gewesen sei, der (fast) immer für diese katastrophalen Ereignisse verantwortlich war, muss wohl revidiert werden. Wieder einmal wird ein Theoriengebäude verbessert und verfeinert, dabei aber mitnichten umgeworfen.
  • Es gibt keine Spiegelneuronen

    13.03.2007, Gerhard Hofmann, Marburg
    Wenn ich jemanden beobachte, der in eine Zitrone beißt, dann läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Habe ich deshalb eine Spiegelspeicheldrüse? Wenn ich im Fernsehen den entscheidenden Elfmeter im Fußballfinale sehe, dann zuckt mein rechtes Bein – obwohl der Torschütze mit links geschossen hat: jetzt habe ich sogar ein Spiegel-Spiegelbein!
    Wenn man von Spiegelneuronen als einer „Klasse von Nervenzellen“ (Zitat Artikel) spricht, dann müsste man m.E. erklären, wie sich diese Klasse von den anderen Nervenzellen unterscheidet, also z.B. mehr oder weniger Dendriten, eine andere Art von Synapsen o.Ä.
    Sicher, es ist eine erstaunliche Leistung, mit bildgebenden Verfahren Bereiche des Gehirns zu untersuchen und festzustellen, dass bei nachempfundenen Bewegungen ein Teil der gleichen Bereiche von Nervenzellen verwendet werden wie bei selbst initiierten Bewegungen. Aber offen gesagt wundert es mich nicht besonders, denn bevor mein Bein zuckt, würde ich auch erwarten, dass ein Teil der Nervenzellen aktiv ist, die auch sonst für die Bewegung meines Beines zuständig sind. Mir scheint, dass wir nur eine Stufe weiter nach oben gerückt sind und jetzt auch die Folgen der Nachahmung im Gehirn sehen und nicht nur im Körper, oder in der Sprache.
    Zitat. „Der Spiegelmechanismus könnte z.B. eine Grundlage darstellen, aus der Empathie erwächst“. Ich sehe keine Erkenntnisse, die diesen Gedanken rechtfertigen oder nahe legen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die Empathie ist die Ursache dafür, dass selbst initiierte Handlungen (Sprache, Bewegung) und nachempfundene oder beobachtete Handlungen die gleichen Bereiche im Gehirn aktivieren. Aber was ist dann die Empathie? Es ist sicherlich ein Prozess im Gehirn, aber einer dem wir mit der Entdeckung von so genannten Spiegelneuronen nur wenig nähergekommen sind. Ich persönliche gehe nicht davon aus, dass er lokalisierbar ist, schon gar nicht mit den bildgebenden Verfahren, deren Auflösung sowohl zeitlich als auch räumlich um mehrere Größenordnungen zu grob ist. In dem Artikel wird weiterhin der Eindruck erweckt, als stünden die Spiegelneuronen im direkten Kontakt mit ihren Ebenbildern im anderen Gehirn, als würde nicht über die Sinne ein komplexer Prozess ausgelöst, der schließlich in der Stimulation der entsprechenden Nervenzellen sichtbar wird.
    Eine weitere Anmerkung: „Die Reaktion auf diese Szenen war wie erhofft“ heißt es auf Seite 53, mittlere Spalte, unten. Natürlich sind wir alle Menschen und hoffen dass unsere Theorie sich bestätigt. Aber ein Wissenschaftler darf so etwas nicht schreiben. Ein Experiment ist nicht dazu da, eine Theorie zu bestätigen, sondern um der Wahrheit näherzukommen...

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.