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Aristoteles, Einstein & Co. Eine kleine Geschichte der Wissenschaft in Porträts.

Piper, München 1995.
448 Seiten, DM 42,-.

James Clerk Maxwell (1831 bis 1879) ist, wenn überhaupt, bekannt als der Mann mit den vier Gleichungen zur Elektrodynamik. Wenige Menschen wissen, daß der schottische Physiker nur wenig über 160 Zentimeter groß war und es sich abgewöhnt hatte, Zeitungen oder dergleichen zu lesen, weil er sich damit nur seine Tage ruiniere. Nach dem Frühstück pflegte er griechische und lateinische Klassiker im Original zu lesen.

Bei der Wissenschaft, die er trieb, vertraute er auf die Exaktheit der Mathematik. Seine größte Leistung war es, die Vorstellungen, die sein Fachkollege Michael Faraday (1791 bis 1867) zu elektrischen und magnetischen Feldern aufgrund seiner Versuche entwickelt hatte, in mathematischen Gleichungen zu beschreiben. War Maxwell auf Reisen, schickte er seiner Frau täglich mindestens einen Brief. Im Laufe seines Lebens hat er die erste Farbphotographie der Geschichte angefertigt, erkannt, daß die Ringe des Planeten Saturn nicht durchgehend sein können, sondern aus einzelnen Brocken bestehen müssen, und die Grundlagen für statistische Physik geschaffen. Im selben Jahr, als Maxwell in Cambridge starb, kam in Ulm Albert Einstein (1879 bis 1955) zur Welt.

Ernst Peter Fischer, Professor für Geschichte der Naturwissenschaften an der Universität Konstanz, rückt in seinem Buch Wissenschaftler ins Rampenlicht, über die man, gemessen an ihren Leistungen, viel zu wenig weiß. Der amerikanische Nobelpreisträger Richard P. Feynman (1918 bis 1988), der ebenfalls einen Platz in der Porträtgalerie bekam, sagte über Maxwell: "Wenn sich Menschen im Jahre 10000 noch an das neunzehnte Jahrhundert erinnern, werden sie davon nur wissen, daß damals Maxwell gelebt hat."

Fischer dokumentiert die Entwicklung der Wissenschaft, hauptsächlich der Physik, von Aristoteles bis zur Gegenwart. Die Hauptakteure dieser Evolution menschlicher Erkenntnis umgibt er jeweils mit einem Rahmen von Ereignissen ihrer Zeit. Als Isaac Newton (1643 bis 1727) lebte, gab es noch Hexenprozesse, die Bank von England wurde gegründet und die Champagnergärung entwickelt.

Aus wissenschaftlich bedeutsamen Fakten und biographischen Elementen entwickelt der Autor ein spannendes und unterhaltsames Lesebuch auf fachlich hohem Niveau. Zitate der Porträtierten und ihrer Zeitgenossen beleben den Text; Fischers Randbemerkungen enthalten Anekdoten und leicht verständliche Hintergrundinformationen über wissenschaftliche Theorien.

Der Untertitel "Eine kleine Geschichte der Wissenschaft" paßt jedoch nicht zur Auswahl der vorgestellten Personen: Wirtschafts-, Sozial- oder Geisteswissenschaftler ließ der Autor außer acht, Chemiker und Mediziner hat er kaum berücksichtigt.

Bei dem ansonsten recht aufwendig gestalteten Buch ist nicht sehr sorgfältig Korrektur gelesen worden – viele Schreibfehler und auch kleine physikalische Unkorrektheiten sind stehengeblieben. Hätte, wie Fischer die Legende erzählt, Galileo Galilei (1564 bis 1642) beim Anblick eines schwingenden Kronleuchters erkannt, daß die Schwingungsdauer unabhängig von der Pendellänge sei, müßte man sich wundern, wie sehr sich Naturgesetze in 400 Jahren ändern können.

Ein etwa 15 Seiten langes Kapitel kann selbstverständlich keine vollständige Biographie ersetzen; aber sowohl der naturwissenschaftlich als auch der biographisch interessierte Leser wird Lust auf ausführlichere Literatur zu dem einen oder anderen Wissenschaftler bekommen.



Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 1997, Seite 141
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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