Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Neuroprothesen: War das ich oder mein Implantat?

Immer mehr Patienten profitieren von einem Hirnimplantat. Je stärker solche Geräte in das Nervensystem eingreifen, desto größer sind allerdings auch die ethischen Bedenken.

»Es wird ein Teil von dir«, beschreibt Patientin 6 das Gerät, das ihr Leben nach einer 45-jährigen Leidensgeschichte mit schwerer Epilepsie veränderte. Implantierte Hirn­elektroden senden Signale an ein Handgerät, sobald Anzeichen für einen bevorstehenden epileptischen Anfall auftauchen. Ein Warnton erinnert nun die Patientin daran, den drohenden Anfall mit Medikamenten zu unterdrücken. »Man wächst da langsam rein und gewöhnt sich so sehr daran, dass es irgendwann alltäglich wird«, erzählt sie dem Neuroethiker Frederic Gilbert von der australischen University of Tasmania, der sich mit Gehirn-Computer-Schnittstellen (brain-computer interfaces, BCI) befasst.

2019 hatten Gilbert und seine Kollegen sechs BCI-Träger aus einer ersten klinischen Studie dazu befragt, wie das Gerät sie psychisch beeinflusst. Die extremste Erfahrung machte Patientin 6: Es handle sich um eine Art Symbiose, so Gilbert. Ökologen verstehen unter dem Begriff eine enge Koexistenz von Individuen zweier Arten zum Vorteil beider.

Hirn-Computer-Schnittstellen lassen sich unterteilen in solche, die das Gehirn »lesen«, die also die Hirnak­tivität aufzeichnen und deren Bedeutung entschlüsseln, und jene, die in das Gehirn »schreiben«, um die Akti­vität bestimmter Regionen zu manipulieren und damit deren Funktion zu beeinflussen. Wissenschaftler der Social-Media-Plattform Facebook erfanden beispielsweise Gehirn-Lese-Techniken für Kopfhörer, welche die Hirnaktivität der Anwender in Text umwandeln sollen ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum der Wissenschaft – Dunkle Energie - ein Trugbild?

Eine geheimnisvolle Kraft treibt alles im Universum immer schneller auseinander. Doch niemand weiß, was hinter dieser Dunklen Energie steckt, und neue Messdaten mehren grundsätzliche Zweifel am kosmologischen Standardmodell. Bieten alternative Ansätze eine Erklärung? Außerdem: Neue Verfahren erlauben es, Immunzellen direkt in unserem Körper so zu verändern, dass sie Krebszellen attackieren – bisher mussten sie Patienten dafür entnommen und wieder zurückgeführt werden. Quantentheorie und allgemeine Relativitätstheorie beruhen auf unvereinbaren Weltbildern. Neue Experimente an der Schnittstelle zwischen Quantenphänomenen und Gravitation sollen helfen, diesen Widerspruch zu überwinden. In der Pangenomik wird das Erbgut zahlreicher Individuen verglichen – mit weitreichenden Folgen für Forschung und Züchtung von Nutzpflanzen. Und wie immer in der Dezemberausgabe berichten wir vertieft über die Nobelpreise des Jahres für Physiologie oder Medizin, Physik und Chemie, ergänzt durch einen kritischen Blick darauf, welche Verantwortung mit großen Entdeckungen einhergeht.

Spektrum - Die Woche – Alzheimer-Biomarker bei Neugeborenen entdeckt

In dieser »Woche« geht es um überraschende Befunde aus der Alzheimerforschung: Warum Neugeborene auffallend hohe Konzentrationen eines bekannten Biomarkers im Blut tragen – und was das über die Plastizität des Gehirns verrät. Außerdem: Müssen wir dank KI bald nur noch halb so viel arbeiten?

  • Quellen

Gilbert, F. et al.: Embodiment and estrangement: Results from a first-in-human »intelligent BCI« trial. Science and Engineering Ethics 25, 2019

Klein, E. et al.: Brain-computer interface-based control of closed-loop brain stimulation: Attitudes and ethical considerations. Brain-Computer Interfaces 3, 2016

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.