Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Digital-Manifest (I): Digitale Demokratie statt Datendiktatur

Big Data, Nudging, Verhaltenssteuerung: Droht uns die Automatisierung der Gesellschaft durch Algorithmen und künstliche Intelligenz? Ein Appell zur Sicherung von Freiheit und Demokratie.
Filterblasen

Die digitale Revolution ist in vollem Gange. Wie wird sie unsere Welt verändern? Jedes Jahr verdoppelt sich die Menge an Daten, die wir produzieren. Mit anderen Worten: Allein 2015 kommen so viele Daten hinzu, wie in der gesamten Menschheitsgeschichte bis 2014 zusammen. Pro Minute senden wir Hunderttausende von Google-Anfragen und Facebook-Posts. Sie verraten, was wir denken und fühlen. Bald sind die Gegenstände um uns herum mit dem "Internet der Dinge" verbunden, vielleicht auch unsere Kleidung. In zehn Jahren wird es schätzungsweise 150 Milliarden vernetzte Messsensoren geben, 20-mal mehr als heute Menschen auf der Erde. Dann wird sich die Datenmenge alle zwölf Stunden verdoppeln. Viele Unternehmen versuchen jetzt, diese "Big Data" in Big Money zu verwandeln.

Alles wird intelligent: Bald haben wir nicht nur Smartphones, sondern auch Smart Homes, Smart Factories und Smart Cities. Erwarten uns am Ende der Entwicklung Smart Nations und ein smarter Planet?

In der Tat macht das Gebiet der künstlichen Intelligenz atemberaubende Fortschritte. Insbesondere trägt es zur Automatisierung der Big-Data-Analyse bei. Künstliche Intelligenz wird nicht mehr Zeile für Zeile programmiert, sondern ist mittlerweile lernfähig und entwickelt sich selbstständig weiter. Vor Kurzem lernten etwa Googles DeepMind-Algorithmen autonom, 49 Atari-Spiele zu gewinnen. Algorithmen können nun Schrift, Sprache und Muster fast so gut erken­nen wie Menschen und viele Aufgaben sogar besser lösen­. Sie beginnen, Inhalte von Fotos und Videos zu beschreiben. Schon jetzt werden 70 Prozent aller Finanztransaktionen von Algorithmen gesteuert und digitale Zeitungsnews zum Teil automatisch erzeugt. All das hat radikale wirtschaftliche Konsequenzen: Algorithmen werden in den kommenden 10 bis 20 Jahren wohl die Hälfte der heutigen Jobs verdrängen. 40 Prozent der Top-500-Firmen werden in einem Jahrzehnt verschwunden sein. ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigt Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Plauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln, oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum Kompakt – Demokratie unter Druck

Inmitten zahlloser Krisen verliert ausgerechnet die Demokratie an Zustimmung. Emotionale Polarisierung destabilisiert den gesellschaftlichen Zusammenhalt, immer mehr Menschen wünschen sich autoritäre Führungspersonen. Hinzu kommt die Sorge, ob KI zur neuen Quelle von Fehlinformationen werden könnte.

Gehirn&Geist – Verbrechen: Die Psychologie des Bösen

Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

  • Quellen und Literaturtipps

Frey, B. S., Gallus, J.:Beneficial and Exploitative Nudges. In: Economic Analysis of Law in European Legal Scholarship. Springer, Heidelberg 2015


Gigerenzer, G.:On the Suppose Evidence for Libertarian Paternalism. In: Review of Philosophy and Psychology 6(3), S. 361 - 383, 2015.
Gigerenzer, G.: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft. Bertelsmann, 2013.
Hafen, E. und Brauchbar, M.:Befreiung aus der digitalen Leibeigenschaft. In: Neue Zürcher Zeitung, 05.03.2014.
Hafen, E., Kossmann, D. und Brand, A.:Health data cooperatives - citizen empowerment. In: Methods of Information in Medicine 53(2), S. 82 – 86, 2014.
Helbing, D.:The Automation of Society Is Next: How to Survive the Digital Revolution. CreateSpace, 2015.
Helbing, D.:Thinking Ahead – Essays on Big Data, Digital Revolution, and Participatory Market Society. Springer, 2015.
Helbing, D. und Pournaras, E.: Build Digital Democracy. In: Nature 527, S. 33 - 34, 2015.
Hofstetter, Y.: Sie wissen alles: Wie intelligente Maschinen in unser Leben eindringen und warum wir für unsere Freiheit kämpfen müssen. Bertelsmann, 2014.
Köhler, T. R.:Der programmierte Mensch. Wie uns Internet und Smartphone manipulieren. Frankfurter Allgemeine Buch, 2012.
Koops, B.-J., Oosterlaken, I., Romijn, H., Swierstra, T. und van den Hoven, J.: Responsible Innovation 2. Concepts, Approaches, and Applications. Springer, 2015.
Schlieter, K.: Die Herrschaftsformel. Wie Künstliche Intelligenz uns berechnet, steuert und unser Leben verändert. Westend, 2015.
van den Hoven, J., Vermaas, P.E. und van den Poel, I.: Handbook of Ethics, Values and Technological Design. Springer, 2015.
Volodymyr, M., Kavukcuoglu, K., Silver, D., et al.:Human-level control through deep reinforcement learning. In: Nature, 518, S. 529 - 533, 2015.
Zicari, R. und Zwitter, A.:Data for Humanity: An Open Letter. Frankfurt Big Data Lab, 13.07.2015.
Zwitter, A.:Big Data Ethics. In: Big Data & Society 1(2), 2014.

Schreiben Sie uns!

1 Beitrag anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.