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News: Dank des Immunsystems wieder auf den Beinen

Verletzungen des Rückenmarks können zu vollständigen Lähmungen führen, auch wenn es nicht ganz durchtrennt ist. Die geschädigten Fasern wirken sich negativ auf ihre Umgebung aus, so dass angrenzende Nervenzellen ebenfalls absterben und die Lähmung sich ausbreitet. In Tierversuchen konnten israelische Wissenschaftler nun nachweisen, dass bestimmte Zellen der Immunabwehr diesen Prozess verhindern können.
Die Durchtrennung des Rückenmarks verursacht die vollständige Lähmung der Organe, die vom Zentralnervensystem innerviert werden, von dem Punkt der Verletzung an abwärts. Selbst eine teilweise Verletzung des Rückenmarks kann jedoch zu einer vollständigen Lähmung führen. Der Hauptgrund dafür liegt an dem 'feindlichen Milieu', das von den geschädigten Fasern verursacht wird und andere, unverletzte Fasern in Mitleidenschaft zieht. Dadurch breitet sich der Schaden selbst im Fall einer teilweisen Verletzung des Rückenmarks weiter aus und verschlimmert die Lähmung. Wenn man also die weitere Ausbreitung des Schadens unterbrechen könnte, würde man Nervenzellen retten, die von dem ursprünglichen Trauma nicht betroffen sind und damit zumindest einen Teil der motorischen Aktivität des Patienten erhalten. Genau dies ist das Ziel der Wissenschaftler des Weizmann Instituts.

Vor einigen Jahren fand ein Forscherteam unter Leitung von Michal Schwartz von der neurobiologischen Abteilung des Weizmann Instituts heraus, dass bestimmte Immunzellen, so genannte Makrophagen, nach einer Nervenverletzung zur Förderung der Reparatur und der Regeneration von beschädigten Nervenfasern 'rekrutiert' werden können.

Prof. Schwartz und Prof. Irun R. Cohen von der Abteilung Immunologie hoffen nun, einen Schritt weiter zu gehen. Sie schlagen vor, weitere Immunzellen, so genannte T-Zellen, zu der Kampftruppe der Schadensbegrenzung hinzuzufügen, die der Ausbreitung einer Rückenmarksverletzung Einhalt gebieten soll.

Auf den ersten Blick steht diese Idee im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten Ansicht, dass Immunzellen potenziell schädigend auf das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) wirken. Diese revolutionäre Behandlung wurde jedoch bereits an Labortieren erfolgreich getestet, wie die Forscher The Lancet vom 12. Februar 2000 beschreiben.

Die Aufgabe der T-Zellen ist die Verhinderung einer Infektion, indem sie pathogene 'Feinde', die in den Körper eindringen, aufspüren und zerstören. Doch der Körper kann auch T-Zellen besitzen, die gegen eigene Bestandteile gerichtet sind. Die verbreitete Ansicht geht bisher dahin, dass solche gegen das Selbst gerichtete T-Zellen schädlich sind und möglicherweise Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose und Diabetes hervorrufen können. Die Wissenschaftler des Instituts haben nun jedoch gezeigt, dass eine kontrollierte Menge dieser gegen das Selbst gerichteten Zellen, wenn sie gegen spezifische neuronale Komponenten eingesetzt werden, bei der Eindämmung traumatisch bedingter Nervenschäden helfen kann.

Nach einer Behandlung mit gegen das Selbst gerichteten T-Zellen erlangten Ratten mit einer partiellen Verletzung des Rückenmarks einen Teil der motorischen Aktivität in ihren zuvor gelähmten Beinen wieder, wohingegen bei unbehandelten Ratten sich die Lähmung ausbreitet, manchmal sogar zu einer vollständigen Paraplegie führt. Bereits im Januar 1999 hatte dasselbe Forschungsteam nachweisen können, dass T-Zellen auch bei einer Schädigung der Sehnerven in Ratten die Überlebenschancen der angrenzenden Nervenzellen verbesserten.

Diese Ergebnisse könnten zu neuartigen klinischen Behandlungsformen zur Verhinderung einer vollständigen Lähmung nach partieller Rückenmarksverletzung führen. Bei solch einer Behandlung würden Immunzellen aus dem Blut des Patienten entnommen, vermehrt und dann im Bereich der Neuronalverletzung wieder zugesetzt. 'Das Konzept ist, mit dem existierenden Reparaturmechanismus des Körpers zusammenzuarbeiten, der offensichtlich Bestärkung und Überwachung benötigt,' erklärt Michal Schwartz.

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