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Mondentstehung: Der Mond ist wohl sehr alt

Eine neue Analyse von Mondgestein erhellt ein altes Rätsel um den Erdtrabanten - und lässt eine sehr frühe Mondentstehung wahrscheinlich erscheinen.
Mondgestein

Ein gigantischer Einschlag auf der frühen Erde ließ vermutlich den Mond entstehen – aber wann? Eine Arbeitsgruppe um Maxwell M. Thiemens von der Universität Köln hat nun gezeigt, dass ein wichtiges Argument gegen eine frühe Entstehung des Mondes wegfällt. Ihre Ergebnisse legen ein Mondalter zwischen 4,50 und 4,53 Milliarden Jahren nahe – im oberen Bereich der bisherigen Altersschätzungen und konsistent mit den Ergebnissen von Zirkonanalysen aus dem Jahr 2017. Wie das Team in »Nature Geoscience« schreibt, hätte sich der Mond damit nur etwa 30 bis 60 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems gebildet. Hintergrund der Kontroverse um das Mondalter ist eine chemische Besonderheit des Mondes, nämlich ein geringer Überschuss des Isotops 182W in Mondgesteinen gegenüber der Erde. Die naheliegendste Erklärung ist, dass das Wolfram-182 beim Zerfall von Hafnium-182 entstand – einem Isotop, das wegen seiner geringen Halbwertszeit nur in den ersten 60 Millionen Jahren nach der Bildung des Sonnensystems vorhanden war. Dafür hätte der Mond bei seiner Entstehung einen kleinen Überschuss an Hafnium aufweisen müssen.

Unglücklicherweise schienen Erde und Mond ein nahezu identisches Verhältnis von Hafnium zu Wolfram zu haben, so dass der Überschuss an 182W nicht durch zusätzliches Hafnium erklärt werden konnte. Eine alternative Möglichkeit ist, dass das Wolfram auf der Erde später durch Asteroideneinschläge »verdünnt« wurde. Der Knackpunkt: Ohne den Hafnium-Wolfram-Mechanismus ist auch eine spätere Mondentstehung möglich – außerhalb des Zeitfensters für Hafnium-182. Doch diese Hypothese hat ebenfalls ihre Probleme. Die Erde hätte deutlich mehr Material erhalten müssen als der Mond, und zwar recht schnell: Schon sehr alte irdische Gesteine zeigen ein Defizit an 182W.

Zusätzlich ist unklar, ob diese Annahmen wirklich nötig sind, denn wie viel Hafnium der Mond wirklich enthält, ist nur ungenau bekannt. Deswegen bestimmte die Arbeitsgruppe um Thiemens das Verhältnis von Hafnium, Uran und Wolfram in verschiedenen Mondproben mit sehr hoher Präzision. Dadurch erhielt sie genaue Daten über das Verhalten der drei Elemente bei der Entstehung der verschiedenen Gesteinstypen – und konnte damit die »wahren« Mengenverhältnisse mit hoher Genauigkeit bestimmen. Dabei zeigte sich, dass der Mond auch mehr Hafnium relativ zu Wolfram enthält als die Erde.

Dadurch fällt das wichtigste Argument gegen die einfachste Erklärung des zusätzlichen Wolfram-182 weg. Der höhere Gehalt an Hafnium im Mondgestein kann, so die Arbeitsgruppe, auf verschiedenen Wegen zu Stande gekommen sein. Die einfachste Erklärung ist, dass der kleine Eisenkern des entstehenden Mondes einen Teil des Wolframs in sich aufnahm. Wie das Team um Thiemens schreibt, sei der Kern, obwohl er höchstens drei Prozent der Mondmasse ausmacht, groß genug, um den Überschuss an Hafnium gegenüber der Erde zu erklären. Aus diesem wäre dann das zusätzliche Wolfram-182 entstanden, was bedeuten würde, dass der Mond sehr früh in der Geschichte des Sonnensystems entstand. Die Analyse schließt andere Szenarien für den Überschuss an 182W, die einen jüngeren Mond zulassen, nicht aus – diese seien aber deutlich komplexer und in Ermangelung klarer Belege einfach unnötig, argumentiert die Arbeitsgruppe.

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