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News: Der Ursprung der 'weichen' Gammastrahlung

Bei kosmischer Gammastrahlung denken Astronomen für gewöhnlich zuerst an die gewaltigen Ausbrüche, die nach dem Urknall das energiereichste uns bekannte Ereignis darstellen. Weniger spektakulär, doch mindestens ebenso rätselhaft, sind dagegen die Quellen 'weicher' Gammastrahlung, von denen bisher nur drei in unserer Galaxis gefunden wurden. Bei ihnen handelt es sich um Neutronensterne mit einem ungewöhnlich starken magnetischen Feld.
Die sogenannten soft gamma-ray repeaters (SGR) emittieren Gammastrahlung von mittlerer Energie, die freilich immer noch härter als zum Beispiel Röntgenstrahlung ist. In unserer Galaxis sind drei SGR bekannt, doch die erste Quelle mit Namen SGR 0525-66 wurde 1979 in der Großen Magellanschen Wolke entdeckt, einer kleinen Satellitengalaxie der Milchstraße.

Gemäß theoretischer Berechnungen handelt es sich bei den SGR um Magnetare – kompakte, superdichte Neutronensterne mit einem überraschend starken Magnetfeld, das 1014mal intensiver als das Erdmagnetfeld ist. Durch die enorme magnetische Feldstärke wird die Struktur der Magnetare gestört, es kommt zu "Sternenbeben", welche schließlich verantwortlich für die beobachtete Gammastrahlung sind.

Es ist jedoch einfacher, Magnetare einfach per Theorie in den Kosmos zu setzen, als ihre Existenz darin tatsächlich nachzuweisen. Dafür war es notwendig, eine Quelle weicher Röntgenstrahlung zu finden, die mit einem SGR übereinstimmt. Chryssa Kouveliotou vom Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville, Alabama, und seinen Kollegen ist dies jetzt gelungen (Nature vom 21. Mai 1998).

Die Wissenschaftler stellten fest, daß SGR 1806-20 in unserer Galaxis mit einem Röntgenstrahlen-Pulsar – einem schnell rotierenden Neutronenstern – zusammenfällt. Alle 7,47 Sekunden dreht sich der Stern einmal um seine eigene Achse. Das mag sehr schnell erscheinen, ist für einen Pulsar allerdings ungewöhnlich langsam. Darüberhinaus verlangsamt sich die Rotation auch noch um 2,6 Tausendstel Sekunden im Jahr – nach Pulsar-Maßstäben geradezu eine Schlamperei. Nach Aussage der Astronomen passen die niedrige Drehgeschwindigkeit und deren Verlangsamung genau zu dem Energieverlust, den das starke Magnetfeld verursachen sollte. Damit wäre der erste Magnetar nachgewiesen.

Wie entstehen solche außergewöhnlichen, exotischen Sterne? – Wenn ein Riesenstern sich seinem Lebensende nähert, ist das nukleare Feuer in seinem Innern immer weniger in der Lage, der Gravitationskraft der Sternenmasse entgegenzuwirken und den Kollaps aufzuhalten. Schließlich implodiert der Stern in einer plötzlichen Supernova, bei der genug Energie frei wird, um fast im ganzen Weltall sichtbar zu sein. Die äußeren Schichten des Sterns werden als eine schnell größer werdende Kugelschale aus ultraheißem Gas abgestoßen. Der innere Kern schrumpft hingegen sehr schnell unter seiner eigenen Schwerkraft, bis er zu einem Neutronenstern mit der Masse eines Planeten oder kleinen Sternes, aber nur wenigen Kilometern Durchmesser zusammengefallen ist. Während des Kollaps rotiert der Stern immer schneller. Manche Neutronensterne inmitten der Überreste einer Supernova drehen sich rund tausend Mal in der Sekunde. Kompakt, heiß, dicht, mit einer schnellen Rotation in einer Umgebung aus elektrisch geladenen Gasen – Neutronensterne sind ideale Dynamos, woraus sich ihr magnetisches Feld erklären läßt.

Magnetare sind aber noch stärker magnetisch als normale Neutronensterne oder Pulsare. Ob es sich bei ihnen allerdings um eine eigene Klasse von Sternen oder einfach eine extreme Form innerhalb einer Gruppe mit fließenden Übergängen handelt, ist noch ungewiß. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse legen jedoch schon einige Eigenschaften offen: So hängt die Stärke des magnetischen Feldes davon ab, wie langsam der Stern rotiert. Ein Pulsar, der sich so langsam dreht, könnte nicht so viel Energie abstrahlen, wie es beobachtet wird. Was ihnen an Rotationsenergie fehlt, gleichen die Magnetare durch magnetische Energie aus. Der Magnetismus ist auch für die Verlangsamung der Rotation verantwortlich und die ungewöhnliche Stille im Bereich der Radiowellen, denn diese werden durch das Magnetfeld gedämpft. Verursacht der Magnetismus schließlich plötzlich auftretende Risse in der "Kruste" des Sterns, so könnte dies einen Ausbruch der "weichen" Gammastrahlung zur Folge haben.

Das Modell der Magnetare bringt eine weitere seltsame Art von Sternen ins Spiel: die sogenannten "unnormalen" Röntgenpulsare (anomalous X-ray pulsars, AXP), von denen nur sechs entdeckt wurden. Sie alle rotieren sehr langsam (zwischen sechs und zwölf Sekunden pro Umdrehung) und emittieren "weiche" Röntgenstrahlung. Sie stehen mit den Überresten von Supernoven in Zusammenhang und sind nicht Teil von Doppelsternsystemen. Es könnte sein, daß AXP und SGR beide zum gleichen Phänomen der neugebildeten Neutronensterne gehören, also einen Schritt in der Entwicklungsgeschichte eines Riesensterns darstellen, der unmittelbar auf die Supernova-Explosion folgt.

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