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News: Der Weg zum kontrollierten Greifen

Der Streit der Wissenschaftler, ob sich Kinder nun mehr nach einem genetisch vorgegebenen Muster oder mehr im Wechselspiel mit der jeweiligen Umwelt entwickeln, ist fast so alt wie die Verhaltensforschung selbst. Für ein relativ kleines, aber entscheidendes Detail der Säuglingsentwicklung - das Erlernen des bewußten Greifens - haben Wissenschafter der Vrije Universiteit Amsterdam nun herausgefunden, daß offenbar die Umweltinteraktionen ausschlaggebend sind.
In ihrer Studie untersuchten die Verhaltensforscher, wie sich der Übergang von "unkontrolliertem Anfassen ohne Greifen" zu "bewußtem, visuell gesteuertem Greifen" bei einem Dutzend Säuglingen vollzog. Alle beobachteten Kinder wechselten innerhalb einer Übergangsphase von etwa einer Woche vom Anfassen zum Greifen. In dieser Umstellungsphase stellten die Forscher durchwegs eine deutlich verringerte Greifsicherheit und -genauigkeit fest.

Ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Verhaltensänderung vom Anfassen zum Greifen war nicht das Alter der Säuglinge, sondern, wie sich zeigte, das Armgewicht und der Armumfang des Kindes. Die Wissenschaftler schlossen daraus, daß die Entwicklung der Motorik nicht stur einem biologisch vorgegebenen zeitlichem Schema folgt, sondern von Interaktionen mit der jeweiligen Umwelt abhängt. Das würde auch erklären, warum die Säuglingsentwicklung so unterschiedlich verläuft.

Aus den Erkenntnissen der Studie ergeben sich nach Ansicht der niederländischen Experten auch neue Anhaltspunkte für die Behandlung von Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen. Die Verhaltensstabilität läßt sich nämlich durch Manipulation von Parametern wie der Armdicke verbessern oder verringern, Übergänge zu neuen Verhaltensweisen dadurch künstlich auslösen.

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