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Landwirtschaft: Deutschland verstärkt Grundwasserschutz durch neue Düngeregeln

Striktere Düngevorschriften für Landwirte werden in Deutschland Gesetz. Sie sollen die EU-Vorgaben für den Grundwasserschutz umsetzen und hohe Strafzahlungen vermeiden.
Gülle ausbringen

Die Düngeregeln für deutsche Bauern werden zum Schutz des Grundwassers vor zu viel Nitrat weiter verschärft. Der Bundesrat stimmte am Freitag in Berlin den von der Bundesregierung ausgearbeiteten Plänen zu. Modifiziert werden soll allerdings die Übergangsfrist bis zur Umsetzung von Teilen der Verordnung. So haben die Bundesländer bis Ende des Jahres Zeit, um zum Beispiel Gebiete mit besonders hoher Nitratbelastung neu auszuweisen. Die EU stimmte dieser Fristverlängerung vor dem Hintergrund der Corona-Krise zu, die Bauern und Landesbehörden belastet.

Die EU-Kommission hatte Deutschland 2018 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen der dauerhaft überschrittenen Nitratgrenzwerte im Grundwasser verklagt und Recht bekommen. Der Bundesrepublik drohten seitdem ein weiteres EU-Verfahren und hohe Strafzahlungen, weil die Nitratbelastung im Grundwasser an vielen Messstellen trotz einer 2017 geänderten Richtlinie auch nach dem Urteil weiterhin zu hoch blieb.

Die Neuregelung sieht striktere Vorschriften für Landwirte bei der Ausbringung von Dünger vor, besonders in Gebieten mit starker Grundwasserbelastung. Überdüngung in der Landwirtschaft – also der übermäßige Einsatz von Gülle und Dünger – gilt als Hauptursache der zu hohen Nitratbelastung. Nach Auffassung der EU hätte Deutschland spätestens ab 2012 dafür sorgen müssen, dass die Nitratbelastung im Grundwasser sinkt oder zumindest nicht weiter steigt.

Bei Bauern stößt die geplante Verschärfung auf Protest. Sie warnen vor Einbußen bei den Erträgen. Umweltschützer mahnen hingegen eine rasche Umsetzung an und sehen vor allem die Massentierhaltung als wesentlichen Teil des Problems. Verschiedene Experten kritisieren Kernpunkte der aktuellen Änderung wie etwa die vorgegebene pauschale Kürzung der Stickstoffdüngung um 20 Prozent in Gebieten mit hoher Belastung. Der Nutzpflanzenwissenschaftler Klaus Dittert von der Georg-August-Universität Göttingen sieht sie als zu pauschale, einzelne Bauern ungleichmäßig belastende »Kompromisslösung«, die den Landwirten keinen Anreiz bietet, das eigentliche Problem anzugehen: das des Nährstoffüberschusses auf dem Feld. Der entstehe »nicht durch Düngung, sondern durch nicht bedarfsgerechte Düngung«, sagt Dittert. Die Pauschallösung müsse daher in einigen Jahren ersetzt werden durch Maßnahmen, die auf eine gezielte Nutzung wissenschaftlicher und pflanzenbaulicher Erkenntnisse setzt. Diese sorgen dafür, dass auf dem Feld ausgebrachte Nährstoffe in der Bilanz möglichst vollständig verbraucht werden. Solche Maßnahmen unterscheiden sich je nach Anbaukultur, Boden, Struktur des landwirtschaftlichen Betriebs und Klima. Auch der Agrarwissenschaftler Henning Kage von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel meint, dass »eine betriebsform- und regionalspezifische und mit Übergangsfristen versehene klare Obergrenze der Brutto-Stickstoff-Bilanzsalden« der bessere Weg wäre, die Überdüngung in den Griff zu bekommen. Dies hätte viele der Detailregelungen der Düngeverordnung überflüssig gemacht, meint Kage gegenüber dem »Science Media Center«.

Noch bleibt unklar, ob die nachgebesserte Verordnung tatsächlich geeignet ist, die im Vertragsverletzungsverfahren durch die EU angemahnten Missstände zu beheben. Dies war durch die letzte Novellierung 2017 sowie Nachbesserungen nicht gelungen. Die EU-Kommission hat nun aber in Aussicht gestellt, das Verfahren ruhen zu lassen, wenn die erforderlichen Anpassungen vom Bundesrat beschlossen werden.

(dpa/jot)

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