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News: Die Saurierforschung stirbt nicht aus

Eine internationale Forschergruppe fand bei Ausgrabungen in Afrika eine neue Dinosaurier-Gattung. Diese fossilen Überreste widersprechen der bisherigen These von der Verbreitung der Arten nachdem der Superkontinent Pangaea auseinandergebrochen war. Der Fund legt den Schluß nahe, daß zur Kreidezeit Saurier über eine Landbrücke vom Nord- zum Südkontinent gewandert sind.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und dem Niger unter der Leitung von Paul Sereno von der University of Chicago, entdeckte bei Ausgrabungen in der Ténéré-Wüste in Zentral-Niger das bisher vollständigst erhaltene Skelett eines Spinosauriers. Noch am Fundort schlossen Sereno und seine Kollegen anhand von Alter und Merkmalen der Fossilien, daß der Saurier zu einer neuen Gattung gehören mußte und nannten ihn Suchomimus tenerensis. Suchomimus von "souchos", dem griechischen Wort für Krokodil und "tenerensis" wegen des Fundorts, der Ténéré-Wüste. Sie berichten in Science vom 13. November 1998 über ihre Forschungsergebnisse.

Spinosaurier sind Theropoden, zweibeinige Raubtiere – zu denen auch der bekannte Tyrannosaurus und der Velociraptor zählen. Spinosaurier im besonderen gehören zur Gruppe der fischfressenden Saurier. Typisch für sie sind die langen, schmalen, krokodilartigen Kiefer mit kegelförmigen Zähnen, ein Rückensegel unterschiedlicher Höhe (vergleichbar der Rückenfinne bei Walen) und große, sichelartig geschwungene Daumenklauen. Suchomimus hat ein geschätzes Alter von etwa 100 Millionen Jahren und war, den Rekonstruktionen zufolge, annähernd 11 Meter lang.

Bei der Untersuchung des Suchomimus und anderer Spinosaurier fanden Sereno und seine Kollegen, daß dieser Spinosaurierschädel noch länglicher und krokodilartiger ist als zuvor angenommen. Thomas Holtz von der University of Maryland bemerkt dazu, daß verschiedene Eigenschaften des Schädels mit denen urzeitlicher Krokodile übereinstimmen, entstanden durch Anpassung an eine Ernährung, zu der sowohl Fisch als auch Fleisch zählte. Die schmalere Schnauze kann außerdem eine leichtere Fortbewegung im Wasser ermöglicht haben, und zugespitzte, kegelförmige Zähne sind sicherlich besser zum Zupacken und Durchbohren als solche zum Schneiden, wie sie bei anderen Theropoden zu finden sind.

Der erste Spinosaurier, Spinosaurus, wurde 1912 in Ägypten entdeckt und in München aufbewahrt, jedoch während der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört. Weitere Knochen von Spinosaurier-ähnlichen Raubtieren wurden seitdem im Niger, in Brasilien sowie in Europa gefunden. Vor der Entdeckung des Suchomimus schien es so, als wären die evolutionären Beziehungen zwischen den drei bekannten Spinosaurier-Gattungen eine einfache geographische Angelegenheit. Denn die zwei in der südlichen Hemisphäre vorkommenden Gattungen waren enger untereinander verwandt als mit der europäischen Gattung Baryonyx. Diesem Szenario entsprechend, waren die Spinosaurier zunächst überall auf der urzeitlichen gigantischen Landmasse Pangaea verbreitet. Als Pangaea auseinanderbrach, driftete die südliche Hälfte vom Nordteil weg, und im Osten öffnete sich ein neuer Meeresraum, die Tethys. Auf dem Nordkontinent entwickelte sich der Baryonyx und im Süden entwickelten sich die beiden näher verwandten Spinosaurierarten.

Die Entdeckung des Suchomimus in Afrika macht das Bild nun aber komplizierter. Wie es scheint, ist der Suchomimus enger verwandt mit dem europäischen Baryonyx als mit den südlichen Spinosauriern, die in Ägypten und Brasilien gefunden wurden. Die Ähnlichkeiten legen nahe, daß der Vorfahre des Suchomimus sich im Norden entwickelt hat und daß Spinosaurier aus dem Norden dann den Südkontinent über eine Landbrücke kolonisierten. Denn mit Beginn der Kreidezeit begann ein Teil der Tethys sich zu schliessen. "Dieser Fund wird der These, daß es während der Kreidezeit Wanderbewegungen über die Tethys gegeben hat, neue bedeutende Informationen hinzufügen", sagte Sereno.

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